REPORT:
Kommunizierender Staat?


[1.11.2010] Wie die öffentliche Hand aktuellen und künftigen Herausforderungen begegnen kann, zeigen Best Practices auf der Kongressmesse Moderner Staat. In diesem Jahr wurden dabei insbesondere zwei Aspekte betont: Partizipation und Bürgerkommunikation.

Ole Schröder: „Öffentliche Verwaltung ist ein Standortfaktor.“ Die öffentliche Verwaltung in Zeiten knapper Kassen effizient gestalten. Das Motto der diesjährigen Kongressmesse Moderner Staat, die am 27. und 28. Oktober in Berlin stattfand, wird den Public Sector auch noch in der nächsten Dekade begleiten, sagte Ole Schröder, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, in seiner Eröffnungsrede. Schröder: „Es sind dicke Bretter zu bohren, um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten, sich an neue Anforderungen anzupassen und die Standortqualität zu verbessern.“ Dabei werde die öffentliche Hand nicht nur von der Haushaltssituation beansprucht. Weitere Herausforderungen entstünden durch den demografischen Wandel, den verstärkten internationalen Wettbewerb sowie die Erwartungen der Bürger.

Kommunikation ist alles

Die Erwartungen der Bürger und insbesondere die Kommunikation mit ihnen zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung. Als Negativbeispiele wurden Bürgerproteste im Rahmen des Projektes Stuttgart 21 oder des Berliner Flughafenausbaus genannt. Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting wies im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung darauf hin, dass bei Großvorhaben die Kommunikation entscheidend sei, um einen Legitimationsverlust für das Verwaltungshandeln zu vermeiden. Technik allein reiche hier aber nicht aus, auch wenn sich Bürgerbeteiligung durch Technik hervorragend unterstützen lasse. Vielmehr sei eine übergeordnete Strategie notwendig. Fragestellungen, die mit ja oder nein beantwortet werden können, findet Körting problematisch. Dadurch würde die Kompromissunfähigkeit gefördert, eine vernünftige Integration in die politische Agenda sei nicht zwingend.
Ulrich Freise, Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport, verwies bei der Eröffnungsveranstaltung am zweiten Messetag darauf, dass durch die enormen Möglichkeiten der Partizipation auch die Bürgererwartungen steigen. Man sollte sich jedoch nicht von der Technik verführen lassen. Partizipation bedeute nicht, dass jeder die für ihn wichtige Richtung bestimmt, vielmehr gehe es um ein Artikulieren von Wünschen. Aus diesen können Politik und Verwaltung allerdings viel lernen – wenn sie hinhören. Und sie sollten nach Aussage von Freise frühzeitiger und besser auf die Wünsche der Bürger hören. Das Primat der Entscheidung verbleibe allerdings bei der Politik.
Auf einen anderen Aspekt der Bürgerkommunikation wies Franz-Reinhard Habbel vom Deutschen Städte- und Gemeindebund im Rahmen des Kongresses hin: „Die Best Practices sollten nach außen getragen werden.“ Die Nationale E-Government-Strategie beispielsweise, die Thema des Kongress-Panels zum IT-Planungsrat war, hätte auf einem USB-Stick zum Mitnehmen verteilt werden können. Es lohne sich, über Kommunikation nachzudenken. „Wir brauchen mehr Dialog“, so Habbel.

In der Zusammenarbeit liegt die Kraft

Die Verwaltung sollte Bürger und Unternehmen als Koproduzenten von Leistungen verstehen und Plattformen zu Verfügung stellen, über die der Austausch stattfinden kann, meint Boris von Chlebowski, Director Public Affairs bei Accenture. Zumal Bürger manchmal Antworten haben und die Verwaltung nicht, ergänzt Marianne Wulff, Geschäftsführerin der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, und nennt als Beispiel die Behördenrufnummer 311 im US-Bundesstaat New York, bei der Bürgerantworten in die Wissensbasis einfließen. Auch Siegfried Balleis, Oberbürgermeister Stadt Erlangen, ist überzeugt, dass Verwaltung und Öffentlichkeit besser zusammenarbeiten müssen. Das sei notwendig, auch wenn Kooperation Proteste nicht ausschließe. Auch innerhalb der Verwaltung sind Kooperationen laut Balleis von Bedeutung. In Erlangen wurden für sich häufig wiederholende Prozesse Projekt-Management-Teams gebildet.

Best Practices dank Föderalismus

Die Zusammenarbeit mit anderen Verwaltungsebenen ist Aufgabe des IT-Planungsrates. Ministerialdirigent Eberhard Wurster vom Innenministerium Baden-Württemberg sagte im Rahmen des Kongresses, das Gremium sei gut gestartet, zumal sich die Akteure bereits kannten und somit eine gute Arbeitsatmosphäre geherrscht habe. Er betonte, dass die Kommunen mitzunehmen sind, da sie die Vorhaben vor Ort umsetzen. Die Einbindung der dritten Verwaltungsebene war von kommunaler Seite kritisiert worden (wir berichteten). Franz-Reinhard Habbel sagte auf dem Kongress, er halte die Konstruktion des IT-Planungsrates für gelungen. Der Gaststatus der Kommunen sei in Ordnung. Die Zusammenarbeit von Land und Kommunen auf Ebene der Länder gelte es jedoch zu verstärken. Es sollten IT-Planungsräte auf Landesebene eingeführt werden, bei denen die Kommunen ins Boot geholt werden, so der Vertreter des kommunalen Spitzenverbandes. Laut Ministerialrat Lothar Sattler, Koordinator für den Aufbau des IT-Planungsrates im Bundesinnenministerium, sind alle am E-Government Beteiligten mit auf den Weg zu nehmen. Er sagt: „Wir sind keine geschlossene Gesellschaft. Wenn wir in Deutschland etwas erreichen wollen, brauchen wir Zusammenarbeit.“ Bayern-CIO Franz Josef Pschierer versteht den IT-Planungsrat als Kollegialgremium und hofft, dass nicht allzu viele Beschlüsse mit Zwei-Drittel-Mehrheit durchgesetzt werden müssen. Er betont außerdem, dass der Föderalismus über den IT-Planungsrat nicht ausgehebelt werden sollte.
Eine Lanze für den Föderalismus bricht auch Ulrich Freise von der Berliner Senatsverwaltung: „Das föderale System hat sich als wertvoll erwiesen, da die unterschiedlichen Lösungen immer wieder die Fantasie befruchten, es noch einmal besser zu machen. Denn wenn Best Practice bedeuten würde, dass es alle irgendwann bestmöglich machen, fehlt der Raum für Entwicklungen.“ Berlins Innensenator Körting sagte in seiner Eröffnungsrede, dass noch nicht definiert sei, wie die Verwaltungsstrukturen der Zukunft aussehen werden. Das sei aber auch gut so, denn schließlich handle es sich um einen Prozess und nicht um eine Zielvorgabe. Ein Leitbild könne jedoch hilfreich sein für Good Governance im 21. Jahrhundert. Dies kann möglicherweise die Nationale E-Government-Strategie leisten, die der IT-Planungsrat Ende September 2010 verabschiedet hat und die Ole Schröder bei der Auftaktveranstaltung zur Moderner Staat als Leitbild für alle Ebenen und Agenda für Verwaltungsvorhaben bezeichnet hatte. Michael Pitsch, Geschäftsführer und Länderverantwortlicher Public Service Deutschland, Österreich, Schweiz bei Accenture, sagte, Transformation müsse über einzelne Schritte hinausgehen. Es sei eine ganzheitliche Veränderung notwendig. An den Public Sector richtete er den Appell: „Lassen Sie uns nicht auf Transformation warten, sondern die notwendigen Schritte herbeiführen.“
Über diese werden sich die Entscheider aus Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen dann im kommenden Jahr vom 8. bis 9. November auf der Moderner Staat austauschen. Mit der diesjährigen 14. Auflage der Kongressmesse zeigten sich die Veranstalter hochzufrieden. Die Messe sei mit einem Rekordergebnis zu Ende gegangen. Mehr als 4.000 Spitzenvertreter aus Bund, Ländern und Kommunen seien nach Berlin gekommen, was einer Steigerung von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspreche. Bei der Zahl der Aussteller sei die Messe mit 215 Institutionen und Unternehmen (Vorjahr: 181) ebenfalls größer als in den Vorjahren gewesen. (rt)

http://www.moderner-staat.com

Stichwörter: Kongresse, Messen, Moderner Staat 2010, Ole Schröder, Ehrhart Körting, Berlin, Ulrich Freise, Franz-Reinhard Habbel, Marianne Wulff, Siegfried Balleis, Franz Josef Pschierer, Lothar Sattler, Eberhard Wurster, Michael Pitsch, Boris von Chlebowski



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