[11.4.2018] Auf den Vorschlag des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Kommunen sollten mit – anonymisierten – Datensätzen Geld verdienen, reagieren Politik und Deutscher Städtetag skeptisch. Die Open Data Community sprach von einem Dämpfer für die gesamte Open-Data-Bewegung.
Kommunen sollten mit ihren zahlreichen Datenbeständen endlich auch Geld verdienen. Daten seien das Öl des 21. Jahrhunderts und die Städte und Gemeinden müssten sich klar werden, dass sich damit wichtige Einnahmen erzielen lassen. Das erklärte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), Gerd Landsberg, gegenüber der Rheinischen Post. Die Kommunen verfügten über wertvolle Datensätze, die sie in anonymisierter Form nicht mehr kostenlos zur Verfügung stellen sollten. Unternehmen, die beispielsweise mit den von den Kommunen erhobenen Mobilitätsdaten oder Luftbildern arbeiten wollen, sollten dafür künftig bezahlen müssen.
Im Interview mit dem SWR erklärte Landsberg, der Vorstoß komme trotz der derzeitigen Skandale um Datensammler wie Facebook oder die Deutsche Post zum richtigen Zeitpunkt: „Die Bürger vertrauen uns und können sich darauf verlassen, dass wir niemals ihre persönlichen Daten weitergeben würden.“
Vorschlag erntet vor allem Kritik
Für seinen Vorschlag erntet der DStGB vor allem Skepsis und Kritik. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff erklärte, dass eine Nutzung anonymer Daten zwar datenschutzrechtlich unproblematisch sei, warnte allerdings davor, entsprechende Maßnahmen pauschal als unbedenklich abzustempeln: „In der heutigen Zeit existieren Möglichkeiten, auch vermeintlich anonyme und damit harmlose Daten so zu verknüpfen, dass plötzlich doch wieder Rückschlüsse auf einzelne Personen erfolgen können.“
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Bundespartei, Konstantin von Notz, warnte davor, in das Lied von den „Daten als Rohöl des 21. Jahrhunderts“ einzustimmen: „Statt nun vollends in das höchst fragwürdige Geschäft der Kommerzialisierung persönlicher Daten der Bürgerinnen und Bürger einzusteigen, sollten sich die Kommunen auf die Bereitstellung von mit öffentlichen Geldern entstandenen Daten und Informationen konzentrieren, um so wirtschaftliche Impulse zu setzen“, kommentierte von Notz.
Skeptisch reagierte auch der Deutsche Städtetag. In einem Statement erklärte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy: „Der Deutsche Städtetag sieht es kritisch, kommunale Daten gewinnbringend an Dritte zu verkaufen. Die Städte betreiben keinen Handel mit Daten.“ Diese sähen sich vielmehr in der Pflicht, Bürgern und ansässigen Unternehmen Informationen, Statistiken und Daten zu allen Lebensbereichen anzubieten. Aus Geodaten, die über Open-Data-Portale kostenfrei zur Verfügung gestellt würden, entstünden beispielsweise 3D-Bilder, visualisierte Entwürfe von Architekten oder Simulationen über Verkehrsflüsse, was die Navigation verbessere. „Solche Anwendungen bieten für die Städte und ihre Bürgerinnen und Bürger einen Mehrwert“, so Dedy. „Natürlich verursachen Open-Data-Angebote Aufwand und Kosten für die Kommunen. Aber sie stärken auch die Wirtschaftskraft von Unternehmen und sind Ausdruck für eine bürgernahe, partizipative und wirtschaftsfreundliche Kommune.“
Widerspruch zum Open-Data-Gedanken
Hohe Wellen schlägt der DStGB mit seinem Vorschlag auch innerhalb der Open-Data-Community. So kommentierte auf Twitter etwa Claus Arndt von der Stadt Moers: „Ein spektakulärer Dämpfer für die gesamte #opendata-Bewegung.“ Und das Netzwerk Offene Kommunen.NRW fordert: „Wir wollen kein Preisschild an Daten.“ Der Gedanke widerspreche der Open-Government-Idee: „Wer jetzt Daten kostenpflichtig auf den Markt bringt, verdrängt gelungene Ansätze aus der Open-Data-Bewegung der vergangenen Jahre und bremst zivilgesellschaftliche Kompetenz.“ Zudem weist Offene Kommunen.NRW darauf hin: „Die öffentliche Verwaltung selbst ist der potenziell größte Nutzer und Nutznießer von Open Data: Open Data ist ein starker Innovationstreiber für die Verwaltungsmodernisierung.“
(bs)
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