Dokumenten-ManagementAkte für alles
Bundesbehörden haben es vergleichsweise einfach: Gemäß dem E-Government-Gesetz §§ 6 und 7 müssen sie ihre Akten ab dem 1. Januar 2020 elektronisch führen. Analoge gesetzliche Regeln für Länder und Kommunen sind zwar noch nicht verabschiedet, viele Verwaltungen haben das Heft jedoch bereits in die Hand genommen und installieren Aktenlösungen, die ihnen den Weg zum E-Government ebnen. Auf Landes- und kommunaler Ebene finden sich inzwischen zwar zahlreiche Projekte zum Thema, es gibt aber nur wenige Verwaltungen, die tatsächlich medienbruchfrei mit elektronischen Akten arbeiten, so die Feststellung der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB). Der kommunale IT-Dienstleister schlägt deshalb vor, elektronische Akten in Fachverfahren zu integrieren, um schnell messbare Erfolge zu erzielen – anstatt das Thema nur aus ganzheitlicher Projektsicht zu betrachten. Über diesen Ansatz hat die AKDB in der jüngeren Vergangenheit Dutzende von Kommunen mit E-Akten-Lösungen ausgestattet. Die oberbayerische Gemeinde Penzing etwa vereinfacht mit digitalen Akten, integriert in verschiedene AKDB-Fachverfahren, bereits seit zehn Jahren ihren Verwaltungsalltag.
Zahlreiche Anforderungen an die E-Akte
Wie eine E-Akte rechtlich, fachlich und funktional auszusehen hat und zu gestalten ist, steht detailliert im Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit des Bundesministeriums des Innern (BMI). Dort werden im Wesentlichen Sachakten für die allgemeine Schriftgutverwaltung behandelt. In den Kommunalverwaltungen finden sich jedoch vorwiegend Fallakten – große Mengen gleichartiger Akten, die individuelle Metainformationen und Aktenzeichen von einem führenden Fachverfahren erhalten, aus dem heraus Dokumente erstellt werden. Hier zeichnet sich für Kommunen die erste, wichtige Entscheidung ab: Viele Fachverfahrenshersteller bieten ihnen nämlich bereits eine elektronische Akte als Zusatzmodul zu ihrer Anwendung an. Vorteil dieser Lösungen ist eine tiefe Integration in das jeweilige Fachverfahren. Auf der anderen Seite entstehen damit aber viele verschiedene elektronische Akten, was zu einem großen Aufwand in der IT-Abteilung führt; denn die muss schließlich alle Akten im Blick behalten und in den jeweiligen Verfahren pro Einzelfacharchiv prüfen, wann Aufbewahrungsfristen ablaufen und ob die Dokumente dem Archivar zu übergeben sind. „Die E-Akte für Kommunen kann deshalb nur eine Gesamtlösung für die Verwaltung sein“, sagt Laurenz Stecking, Geschäftsführer der Firma codia. „Zum einen erfüllt sie für die Verwaltung der Sachakten die Anforderungen des E-Government-Gesetzes, zum anderen ist sie integrierbar in möglichst viele Fachverfahren und kann die in den Kommunen zahlreich vorhandenen Fallakten verwalten.“ Grundlage einer solchen Akte sei ein Dokumenten-Management-System (DMS), welches die Akte als eigenständiges Objekt kenne, mit Aktenzeichen, Berechtigungen, Aufbewahrungsfristen oder Aussonderungsregeln. Zu den führenden Vertretern, die mit diesem Ansatz bundesweit E-Akten-Projekte in Kommunalverwaltungen realisieren, gehören IT-Dienstleister wie die AKDB oder ekom21 und Unternehmen wie codia, Lorenz Orga oder Optimal Systems. Für die Integration des d.3ecm-Systems in das ISGA-Verfahren der Firma Computer Zentrum Strausberg wurde etwa die codia eAkte im Gesundheitsamt entwickelt. Seit April 2014 ist sie in der Kreisverwaltung Borken im produktiven Einsatz. Im Kreis Offenbach ist eine Reihe von ekom21-Fachverfahren etwa für Kfz- und Führerscheinwesen oder Gehaltsabrechnung im Einsatz, die alle mit der gleichen DMS- oder Aktenlösung von Lorenz Orga im Hintergrund verbunden sind. Im kommunalen Jobcenter des Kreises Offenbach wiederum ist dieses Dokumenten-Management-System als Elektronische SGB II-Akte mit dem Sozialverfahren Comp.ASS des Unternehmens prosozial verbunden. „350 Beschäftige arbeiten damit“, erzählt Christian Koch, DMS-Projektleiter bei Lorenz Orga.
Verschiedene Herangehensweisen
Das Amt für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der Stadt Heidelberg konnte mit einer digitalen Geschäftspartnerakte auf Basis von enaio die Vorgangsverwaltung in der Abfallwirtschaft effizienter gestalten. Jörg Huesmann, Experte für Software-Lösungen für den öffentlichen Sektor beim enaio-Hersteller Optimal Systems: „Ämter und Behörden haben einiges in den vergangenen Jahren für E-Government getan, und vor allem das Informationsangebot im Internet ausgebaut. Von einer umfassenden Digitalisierung sind sie allerdings noch weit entfernt. Notwendig sind daher IT-Investitionen, um die Möglichkeiten zum Datenaustausch zwischen Behörden und Unternehmen oder Privatpersonen auszubauen.“ Das Kommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe (krz) sorgt mit seiner neuen digitalen Einwohnerakte für eine sichere elektronische Aufbewahrung und komfortable Bearbeitung der Vorgänge im Bürgerwesen. Die Akte ist an das Fachverfahren OK.EWO angebunden, Dokumente aus dem Einwohnermeldeverfahren werden im DMS nscale von Ceyoniq Technologie revisionssicher archiviert und fallbezogen in digitalen Akten abgelegt. Ein neues Dokumenten-Management-System des Herstellers PDV-Systeme, welches gleichzeitig für die elektronische Aktenführung genutzt werden soll, hat jetzt auch der Kreis Soest eingeführt. Schriftguterstellung und Speicherung der Ein- und Ausgangsdokumente finden dort ausschließlich im DMS statt. Es existiert also eine große Vielfalt mit verschiedensten Herangehensweisen: Soll man Schritt für Schritt mit vielen Einzellösungen vorgehen oder besser integriert? Welche Einflüsse hat die E-Akte auf die Zusammenarbeit oder die Datenverarbeitung in den Fachverfahren? Das eGovernment-Labor des Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) greift diese Fragen auf und begleitet die Verwaltungen in ihrer Entscheidungsfindung mit dem Schaufenster E-Akte in Berlin. Als unabhängige Plattform bindet das Labor mehr als 60 Partner aus Wirtschaft und Verwaltung ein. Verantwortliche aus Bund, Ländern und Kommunen können sich dort in Live-Szenarien die E-Akten-Lösungen mehrerer Hersteller für verschiedene Anwendungsfälle ansehen. Einen besseren Überblick können sich Verwaltungsvertreter kaum wünschen.
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