Freitag, 27. Dezember 2024

FlensburgBI im Test

[12.11.2018] Kommunen sollten sich mit E-Government nicht nur im Sinne der Außenwirkung befassen, sondern auch die Entwicklung innerhalb der Organisation voranbringen. Das will die Stadt Flensburg mit einer BI-Lösung erreichen, deren Einführung jetzt untersucht wird.
Flensburg untersucht Einführung einer BI-Lösung.

Flensburg untersucht Einführung einer BI-Lösung.

(Bildquelle: FotoFrank/Fotolia.com)

Das schnelle Zusammenstellen und Visualisieren von Daten ist eine wichtige Stellschraube für die tägliche, aber auch strategische Planung in den Kommunen. Die schleswig-holsteinische Stadt Flensburg möchte aus diesem Grund allen Fach- und Leitungsebenen eine Business-Intelligence-Lösung (BI-Lösung) zur Verfügung zu stellen.
„Digitalisierung ist kein Zukunftsthema, es ist eine aktuelle Aufgabe!“ – so lautet das Motto von Oberbürgermeisterin Simone Lange. In diesem Sinne untersucht die Stadt im Projekt BIF (Business Intelligence Flensburg) zusammen mit der Hochschule Flensburg und aufbauend auf Vorarbeiten der hauseigenen IT-Abteilung, ob und wie dezentrale Datenmengen für die Verwaltung nutzbar gemacht werden können (wir berichteten). Das Projekt erhält im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds (mFUND) gut 93.000 Euro vom Bundesministerium für Verkehr und digitale In­frastruktur (BMVI). Innerhalb von zwölf Monaten werden die Hürden und Hemmnisse bei der Einführung einer BI-Lösung identifiziert und erste Lösungsansätze zu deren Überwindung aufgezeigt.

Probleme dezentraler Datenhaltung

Ein Großteil der Daten innerhalb der Stadtverwaltung wird dezentral erhoben, verarbeitet und gespeichert. So müssen beispielsweise die Daten für die Verkehrsplanung mühsam und teilweise zeitintensiv über die Grenzen der Abteilungen, Ämter und Fachbereiche hinweg zusammengestellt werden. Die daraus resultierenden Kennzahlen, Indikatoren, Berichte und Analysen verlieren zudem im Laufe der Zeit wichtige Informationen für die Planer, etwa dazu, wer die Daten erhoben hat, wie aktuell sie sind, welche Änderungen vorgenommen wurden und wie die Berechnungsgrundlage für die Indikatoren aussieht. Dezentral vorgehaltene Daten sind also im besten Fall unverändert, aktuell und nachvollziehbar. Im schlechtesten Fall sind sie für die kommunale Planung unbrauchbar. Es ist daher notwendig, dass sich Kommunen mit E-Government nicht nur im Sinne der Außenwirkung befassen, sondern auch die Entwicklung innerhalb der Organisation voranbringen.
Die Idee stammt aus der Wirtschaft. Hier werden seit Jahrzehnten standardisierte BI-Lösungen eingesetzt, die allerdings nicht ohne Weiteres auf eine öffentliche Verwaltung übertragen werden können. Denn während in den Unternehmen oft wenige, aber lange Prozessketten vorhanden sind, existieren in den Kommunen viele kurze Prozesse wie etwa eine Umzugsmeldung, die Aufnahme von Falschparkern oder die Weitergabe von Schülerzahlen an das Land. Innerhalb der Stadtverwaltung Flensburg wurden bislang mehr als 180 Fachverfahren identifiziert, die Daten erheben und bearbeiten. Die Idee ist nun, die dezentral vorliegenden Informationen derart zu standardisieren, dass ausgewählte Daten über ein zentrales BI-Tool der Politik, der Verwaltungsleitung sowie den Planern und Koordinatoren zur Verfügung gestellt werden. Sich wiederholende Berichte ließen sich zudem in Teilen automatisieren. Die dadurch frei werdenden Ressourcen sollen in die Qualität der städtischen Planung und Entwicklung fließen.

Planerische und technische Perspektive

Seit November 2017 ermittelt ein Projekt-Team bei der Stadt Flensburg, wie sich die Datennutzung und deren Beschaffungswege innerhalb der Fachebenen gestalten. Hierzu wurden mit ausgewählten Mitarbeitern Interviews geführt, um herauszufinden, welche weiteren Datenangebote für ihre individuellen Planungen wichtig sind. Daraus konnte ein Grundstock planungsrelevanter Daten identifiziert werden, wie beispielsweise kleinräumige Bestands- und Bewegungsdaten zu den Einwohnern Flensburgs oder auch entsprechende Sozial- und Arbeitsmarktdaten. Entscheidend ist, dass dieser Grundbestand an Daten von den unterschiedlichen Akteuren individuell nutzbar sein muss: Für manche Planungen sind Altersgruppen relevant, für andere stehen Entwicklungsperspektiven im Vordergrund.
Neben der planerischen Per­spektive untersucht das Projekt BIF auch die technische Seite. So ist ein Ergebnis, dass Daten in nahezu allen üblichen und teilweise auch unüblichen Formaten angelegt oder verarbeitet werden. Das stellt vor allem die Nutzer vor Herausforderungen. Während für weitergehende Berechnungen und Analysen eine numerische Bereitstellung völlig ausreichend ist, benötigen einzelne Akteure, ehrenamtliche Politiker oder die Öffentlichkeit weitere Formen der Darstellung. Die kartografische Visualisierung sei hier beispielhaft erwähnt: Innerhalb der Stadtverwaltung haben bislang nur wenige Mitarbeiter, insbesondere aus den Bereichen Planung und Bauordnung, Zugriff auf entsprechende Programme.

Folgeprojekt geplant

Ein Business-Intelligence-System mit standardisierten Datenlieferungen und -auswertungen führt unter Umständen auch zur Änderung von verwaltungsinternen Strukturen. Die Einführung einer BI-Lösung sollte daher als Veränderungsprozess innerhalb der Verwaltung betrachtet werden – mit Auswirkungen auf die Aufbau- und Ablauforganisation. Der Umgang mit Fragen des Datenschutzes spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Die Stadt Flensburg plant derzeit, die Ergebnisse der Vorstudie in einem Folgeprojekt praktisch umzusetzen, einen realen Testbetrieb zu installieren und erste Nutzer für einen dauerhaften Einsatz zu schulen. Dieser wichtige Schritt zu einer Gesamtlösung soll zeigen, dass Planungen und Entscheidungen durch qualitativ hochwertigere Daten schneller, transparenter und faktenbasierter getroffen werden können. Das erhöht nicht nur die Effektivität der Verwaltung, sondern stärkt auf lange Sicht auch das Vertrauen der Bürger in ihre Verwaltung.

Dr. Thorben Kelling ist bei der Stadt Flensburg im Fachbereich Zentrale Dienste, Fördermittelmanagement und Statistik, Leiter des Projekts BIF.




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