Mittwoch, 4. Dezember 2024

SoestPotenzial präziser Daten

[27.01.2020] Das Projekt 3D-Stadtmodell Soest hebt Open Data auf ein neues Level: Die Präzision des Modells eröffnet die Möglichkeit, Apps aufzuschalten, die nicht nur von der Verwaltung, sondern auch von Bürgern und Unternehmen genutzt werden können.
Bauvorhaben können im Soester 3D-Modell in die Stadtansicht eingefügt werden.

Bauvorhaben können im Soester 3D-Modell in die Stadtansicht eingefügt werden.

(Bildquelle: Stadt Soest)

Das bisher größte ausgedruckte 3D-Modell des Soester Rathauses ist ein Polymergipsdruck mit dem Maßstab 1:200. Es ist absolut realistisch in Farbe und Proportionen. Mit dem Projekt 3D-Stadtmodell Soest betritt die Kommune seit Beginn des Jahres 2019 Neuland bei der digitalen Erfassung des Stadtraums. Es ist eines der ersten Projekte, die das Land Nordrhein-Westfalen im Zuge der Digitalen Modellkommunen fördert und eines, bei dem es bereits viele Fortschritte und Ergebnisse gibt.
Das Projekt ist im Bereich Geo-Information der Stadt angesiedelt. Als Partner ist auch das 3D-Druck-Experten-Team der Fachhochschule Südwestfalen an Bord und das Amt für Vermessung und Geoinformation der Stadt Paderborn, die ebenso Teil der „Digitalen Modellkommunen NRW“ ist. Ziel des Projekts ist es, ein jederzeit verfügbares, multifunktionales, offenes Werkzeug anzubieten, das sowohl von der Verwaltung als auch von Bürgern und Unternehmen frei genutzt werden kann. Im Prinzip handelt es sich um ein online ansteuerbares Modell, wie man es auch von Google StreetView oder anderen im Internet frei verfügbaren 3D-Stadtmodellen kennt. Die Unterschiede zu diesen Modellen liegen in der Genauigkeit und der Vielzahl an Anwendungen, die in das System integriert sind und die darüber hinaus lokal reale Mehrwerte generieren.

Stereoskopisch-photogrammetrische Auswertungen

Das 3D-Stadtmodell wird von der Stadt seit dem Jahr 2016 betrieben und kontinuierlich erweitert. Aktuell sind alle Gebäude, geschützten Mauern sowie Bäume im öffentlichen Raum der Altstadt erfasst. Geplant ist, dass bis Ende 2019 die gesamte Stadtfläche von 86 Quadratkilometern digital in 3D vorliegt. Erstellt wird das Modell über stereoskopisch-photogrammetrische Auswertungen von Luftbildaufnahmen durch die Dortmunder Firma Aerowest. Darin liegt ein weiterer Unterschied zu anderen 3D-Modellen, die auf der Grundlage von Punktwolkeninformationen aus Laserscanning-Verfahren abgeleitet werden. Für das Soester Modell werden Luftbilder nicht nur in der Aufsicht, sondern gleichzeitig in einer 45-Grad-Schrägsicht aufgenommen, und zwar von einer der modernsten Kameras der Welt, der Urban Mapper der Firma IGI aus Kreuztal.

Bis auf einen Dezimeter genau

Die Geometrien werden anschließend in Handarbeit erfasst und die in den Schrägluftbildern enthaltenen Gebäudefassaden automatisch auf die Gebäudegeometrie drapiert. Ergebnis sind volltexturierte 3D-Modelle: Alle Gebäude werden bis auf einen Dezimeter genau geometrisch wiedergegeben und mit der fotorealistischen Darstellung der realen Fassade belegt.
Diese technisch aufwendig erzeugte Präzision im 3D-Stadtmodell ist jedoch kein Selbstzweck, sondern eröffnet die Möglichkeit, Anwendungen aufzuschalten. So können die Fachabteilungen der Stadt Soest, beispielsweise die Stadtplanung, die genauen Gelände- und Gebäudedaten nutzen, um die vielen Herausforderungen aus den Bereichen Stadtentwicklung, Denkmalschutz, Klimaschutz sowie Katastrophen-Management effizient zu bewältigen. Dafür können sie auf diverse Standard-Tools zurückgreifen. Zur Verfügung stehen unter anderem die Tools Messen, Abfragen und Suchen. Darüber hinaus können die Nutzer einen bestimmten Ausschnitt drucken oder einen Link dazu erstellen. Auch die tages- und uhrzeitgenaue Schattensimulation, ein Geländehöhenprofil, die Fußgängerperspektive und die interaktive Zusammenstellung eines Flugs sind möglich.

Apps für Handwerker, Architekten und Planer

Da das Amtliche Liegenschaftskataster-Informationssystem (ALKIS) ebenfalls hinterlegt ist, ist das 3D-Stadtmodell tagesaktuell und kann auch für die Adressensuche genutzt werden. Des Weiteren ist ein Export-Tool implementiert, mit dem eines oder mehrere Gebäude selektiert und in offene Standardformate wie CityGML, 3D-PDF oder KMZ exportiert werden können. Damit praktiziert die Stadt Soest Open Data.
Der eigentliche Clou des Projekts liegt jedoch in den integrierbaren Anwendungen, so genannten Apps, die nicht nur für Verwaltung und Geo-Experten einen hohen Nutzen entfalten. Im Rahmen der Digitalen Modellkommunen werden aktuell von der Berliner Firma virtualcitySYSTEMS vier Apps entwickelt beziehungsweise weiterentwickelt: ein Planning-Tool für Architekten und Planer, eine HandwerkerApp, die 3D-Druck-App und eine App für das Immobilien-Management, die bis Ende 2020 fertiggestellt werden soll.
Das Tool für Architekten und Planer ist bereits im Einsatz. Die Nutzung erfordert einen autorisierten Zugang, den Externe auf Anfrage erhalten. Moderne Architekturbüros arbeiten durchweg digital und entwerfen in Computer-Aided Design-Systemen (CAD-Systemen).

Datenfluss ist komplett digitalisiert

In Soest kann der digitale Entwurf des Architekten über das neue Tool in den Standardformaten 3DS, SKP, KMZ oder CityGML direkt in den Bestand des 3D-Stadtmodells importiert und positioniert werden. Bisher kostspielig manuell erstellte Modelle entfallen ebenso wie zeitraubende Datenübertragungen aus der CAD-Anwendung zum städtischen Geodateninformationssystem. Der komplette Datenfluss ist digitalisiert. Zudem kann der städtische Planer jederzeit den aktuellen Planungsstand einsehen. In Soest nutzen bereits einige Architekten diesen Service und liefern ihre Daten digital oder importieren sie in eigener Regie. Dadurch können Bürger und Planungsausschüsse sehen, wie sich das Stadtbild verändert, bevor ein Planvorhaben umgesetzt wird.
Die HandwerkerApp ist bereits online. Mit dem Tool kann der Handwerker im Stadtmodell das entsprechende Gebäude selektieren. Anschließend erhält er dann per E-Mail in Minutenschnelle ein digitales Aufmaß in den verschiedenen Datenformaten 3D-PDF, HTML und CSV. Auch für Mitarbeiter der Bauordnung bringt das digitale Aufmaß Vorteile, zum Beispiel im Rahmen der Prüfung von Steuerbescheinigungen und Förderanträgen. Natürlich kann auch jeder Bürger die Maße seines Hauses nutzen, etwa wenn die Fassade neu gestrichen oder das Dach neu gedeckt werden soll.

Hoher Bedarf an 3D-Daten im Klimaschutz

Über die 3D-Druck-App kann der Nutzer interaktiv eine Datei erstellen und im Anschluss direkt einen Druckauftrag erteilen. Dieser geht dann beim 3D-Druck-Experten-Team der Fachhochschule Südwestfalen in Soest ein. Im 3D-Druckzentrum von Professor Jens Bechthold werden die Aufträge auf den modernen 3D-Druckern in verschiedenen Formaten und Farben und in den unterschiedlichsten Materialien ausgedruckt. Im Rahmen des Projekts besteht darüber hinaus ein Wissensaustausch mit den Kollegen der Stadt Paderborn, die ebenso über einen professionellen 3D-Drucker verfügen.
Zukünftig können noch weitere Objekte wie beispielsweise Laternen, unterirdische Infrastruktur, Brücken, Tunnel und Klimadaten in das 3D-Stadtmodell integriert und für verschiedene Anwendungen in Wert gesetzt werden. Gerade im Bereich Klima- und Katastrophenschutz besteht ein enormer Bedarf an 3D-Daten.

Diplom-Geograph Jürgen Treptow und Stephan Siegert sind Mitarbeiter bei der Stadtverwaltung Soest.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Geodaten-Management

Völklingen: Stadtwerke stellen Geo-Informationssystem bereit

[02.12.2024] Die Stadtwerke Völklingen Netz haben der Freiwilligen Feuerwehr jetzt ein speziell aufgerüstetes Tablet überreicht, das den Zugriff auf das firmeneigene Geo-Informationssystem ermöglicht. Einsätze sollen so effizienter koordiniert werden. mehr...

Screenshot des 3D-Modells des Magdeburger Weihnachtsmarktes

Magdeburg: Virtueller Weihnachtsmarktbesuch in 3D

[29.11.2024] Die Landeshauptstadt Magdeburg startet mit digitalem 3D-Modell ihres Weihnachtsmarkts in die Adventszeit. Das Modell soll Besucherinnen und Besuchern einen Vorab-Eindruck liefern und so den Weihnachtsmarktbesuch noch komfortabler machen. mehr...

Digitale Zwillinge: Denkimpuls der Initiative D21

[27.11.2024] Einen neuen Denkimpuls hat die Initiative D21 vorgestellt. Dieser befasst sich mit der Nachhaltigkeit Digitaler Zwillinge, gibt Handlungsempfehlungen und stellt die Nutzungsmöglichkeiten in der Praxis vor. mehr...

Baupläne liegen auf einem Tisch verstreut, es werden Notizen darauf gemacht, ebenso wird etwas in einen Laptop eingetippt.

ITK Rheinland: Erfolgreiche ALKIS-Migration

[25.11.2024] Mit Erfolg hat die ITK Rheinland die ALKIS-Migration zu GeoInfoDok 7 abgeschlossen. Von den Neuerungen – medienbruchfreier Datenaustausch, erweiterte Datenverfügbarkeit – profitieren die Stadt Düsseldorf, der Rhein-Kreis-Neuss und die Stadt Mönchengladbach. mehr...

Kreis Bad Dürkheim: GIS erweitert

[22.11.2024] Der Landkreis Bad Dürkheim hat jetzt sein Geo-Informationssystem um planungsrelevante Daten speziell für Architekten und Bauherren erweitert. mehr...

Virtueles, in Blau- und Türkistönen gehaltenes Stadtmodell aus großer Entfernung.

Katastrophenschutz: KI generierte 3D-Stadtkarten

[08.11.2024] Ein neues KI-System der Universität der Bundeswehr München erstellt aus Radarbildern dreidimensionale Stadtkarten. Diese Technologie könnte bei Naturkatastrophen schnelle Lageeinschätzungen ermöglichen. mehr...

Das Bild zeigt einen Bildschirm mit einer Ansicht des Programms disy Cadenza.

Disy/Ionos: Datensouveräne Umgebung

[07.10.2024] Das Karlsruher Unternehmen Disy Informationssysteme und der Cloudanbieter Ionos haben eine Kooperation gestartet, um innovative und datenschutzkonforme Software-as-a-Service-Lösungen anzubieten. mehr...

Koblenz: Geoportal in dritter Dimension

[01.10.2024] Die Stadt Koblenz hat ihr Geoportal um dreidimensionale Darstellungen erweitert. Neben dem objektbasierten 3D-Stadtmodell gibt es die fotorealistische Ansicht. mehr...

Die Investitionskarte bietet einen ortsbezogenen Überblick über kommunale Haushaltsdaten.

eOpinio/Softplan: GIS-gestützte Bürgerkommunikation

[23.08.2024] In die Online-Plattform für Haushaltsdaten des Anbieters eOpinio wurden nun Geodaten integriert. Damit können Informationen zum kommunalen Haushalt und zu Investitionen auch mit Raumbezug dargestellt werden. So werden Planungsprozesse für Bürgerinnen und Bürger transparenter und für die Verwaltung effizienter. mehr...

Geoservice zeigt kühle Orte im Kreis Unna.

Kreis Unna: Kühle Orte im Blick

[09.08.2024] Passend zu den steigenden Temperaturen bietet der Geoservice des Kreises Unna ab sofort eine interaktive Karte an, die kühlere Bereiche anzeigt, bei denen sich die hohen Sommertemperaturen etwas besser ertragen lassen. mehr...

Präsentieren das neue Geoportal (v.l.): Fachbereichsleiter Thorsten Schmidthuis

Gütersloh: Relaunch für das Geoportal

[25.07.2024] Das Geodatenportal der Stadt Gütersloh stellt Karten und raumbezogene Daten aus allen Bereichen der Verwaltung online zur Verfügung. Nun erhielt die Webanwendung ein modernes Design und bringt neue Funktionen mit, darunter ein 3D-Modell der gesamten Region. mehr...

In Düsseldorf

Düsseldorf/Freiburg/Stuttgart: Auf der Suche nach kühlen Plätzen

[19.07.2024] In Düsseldorf, Freiburg und Stuttgart können die Bürger jetzt auf einer interaktiven Karte der kühlen Orte diejenigen Plätze in ihrer Stadt suchen, wo es sich an heißen Sommertagen am besten aushalten lässt. mehr...

Bremens Digitaler Zwilling dient der südafrikanischen Stadt Durban als Vorbild.

Bremen/Durban: Gemeinsames Digital-Twin-Projekt

[16.07.2024] Die Hansestadt Bremen und die Großstadt Durban in Südafrika vertiefen ihre Partnerschaft. Gemeinsam wollen sie ein wegweisendes Urban-Digital-Twin-Projekt auf den Weg bringen. mehr...

Grundwasserstandsmessung in Hannover. Die Ergebnisse aktueller Messungen können auf einer Online-Karte eingesehen werden.

Hannover: Grundwasserstände online

[17.06.2024] Ob Land- und Forstwirtschaft, Bausektor oder Landschaftspflege – für all diese Bereiche sind aktuelle Informationen zu Grundwasserständen wichtig. Die Stadt Hannover stellt diese nun auf einer interaktiven Online-Karte bereit. mehr...

Digitaler Stadtplan zeigt kühle Orte in und um Oldenburg.

Oldenburg/Trier: Digital kühle Orte finden

[11.06.2024] Kühlere Orte bei langanhaltenden Hitzewellen können eine Wohltat sein. Immer mehr Städte bieten Stadtpläne, die Bewohnern und Besuchern geeignete Orte anzeigen, an denen sie sich vor zu hohen Temperaturen schützen können. Zuletzt haben Trier und Oldenburg entsprechende Angebote veröffentlicht. mehr...