StudieInnovation gefordert
Nach über einem Jahr Pandemie stößt der öffentliche Bereich immer noch an seine digitalen Grenzen. Laut einer aktuellen Umfrage des Unternehmens VMware unter mehr als 1.000 Deutschen sind weniger als ein Fünftel der Befragten der Meinung, dass die staatlichen Behörden, mit denen sie interagieren, heute eine bessere digitale Erfahrung bieten als vor der Corona-Pandemie. Zum Vergleich: Während das Ergebnis der Studie für Großbritannien ebenfalls bei 18 Prozent liegt, sehen in Frankreich immerhin 24 Prozent der Befragten Fortschritte bei den digitalen Angeboten der Behörden. Trotz des digitalen Wandels gelingt es dem Staat hierzulande also nicht, das Interesse der Bürger nachhaltig zu wecken. Dabei würde knapp ein Drittel der Deutschen gerade mit staatlichen Behörden gerne stärker digital interagieren – ein Potenzial, das bisher nicht ausgeschöpft wurde.
Wie die zurückliegenden Monate gezeigt haben, tun sich bundesweit viele Ämter und Behörden schwer damit, auch nur teilweise auf mobiles Arbeiten umzusteigen. Oft fehlt es an technischen Gegebenheiten und infrastrukturellen Voraussetzungen. Vor allem für Schulen war die Schließung und Umstellung auf das Homeschooling eine Zäsur, die deutlich machte, dass der Bildungsbereich bei der Digitalisierung hinterherhinkt. Bislang scheiterte diese meist am konkreten Handlungszwang für ein Update der altbewährten Lehrmethoden.
Enttäuscht vom staatlichen Digitalisierungsfortschritt
Doch es ist Besserung in Sicht: Das kritische Thema Digitalisierung im öffentlichen Bereich wird durch staatliche Maßnahmen wie das Onlinezugangsgesetz (OZG) und den Digitalpakt Schule vorangetrieben. Laut OZG sollen Bund, Länder und Kommunen bis Ende 2022 insgesamt 575 Verwaltungsleistungen digital zur Verfügung stellen. Obwohl von diesen viele bereits online verfügbar sind – so können etwa das Kindergeld, BAföG oder Arbeitslosengeld auf elektronischem Weg beantragt werden – fehlt es insbesondere auf kommunaler Ebene noch an verfügbaren oder benutzerfreundlichen Online-Diensten. Das liegt meist an veralteten Fachverfahren, die nach heutigen Standards modernisiert werden müssten. Für die Bürger bedeutet das, dass sie viele Behördenangelegenheiten wie beispielsweise das Ummelden bei einem Wohnortwechsel, die Beantragung von Parkplaketten oder das Ausstellen von Geburtsurkunden noch nicht digital erledigen können, sondern vor Ort erscheinen müssen. So ist es kaum verwunderlich, dass sie vom Digitalisierungsfortschritt auf Staatsseiten enttäuscht sind.
Dabei wäre das Mitmachpotenzial groß: Immerhin geben 57 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland an, dass sie „digital aufgeschlossen“ beziehungsweise „digitale Entdecker“ sind. Laut eigener Angabe würden sie sich darüber freuen, wenn Unternehmen und Behörden mehr digitale Erfahrungen und Dienstleistungen anböten und sie erwarten von den Stellen, mit denen sie interagieren, dass diese digitale Vorreiter sind. Darüber hinaus sind für die Befragten – ob in ihrer Rolle als Staatsbürger oder als Verbraucher – ein hohes Maß an Sicherheit und Datenschutz, eine unkomplizierte Nutzung über sämtliche Geräte hinweg sowie schnellere Serviceleistungen wichtig. Diese Begeisterungsfähigkeit ist für Länder und Kommunen eine echte Chance, die digitale Zukunft in den unterschiedlichsten Bereichen voranzutreiben.
Großes Bedürfnis nach digitaler Innovation
Das Bedürfnis nach digitaler Innovation ist groß – vor allem, wenn es um nachhaltige Smart-City-Alternativen geht. So ist beispielsweise für 40 Prozent der Befragten die Realisierung einer intelligenten Abfalltonne, bei der Sensoren die Füllstände messen, ein wichtiger Schritt. Auf Basis dieser Daten kann spezielle Software eine optimale Route für die Müllfahrzeuge berechnen und auf das Navigationssystem im Fahrzeug übermitteln. Durch ein smartes Abfall-Management lassen sich die Ladekapazitäten der Behälter sowie Zeiteinsatz und Fahrtwege optimieren. 43 Prozent der Befragten könnten sich zudem für eine smarte Straßenbeleuchtung begeistern, bei der auf Basis von LED-Technologie die Lichtverhältnisse auf Straßen, Plätzen oder in Unterführungen intelligent und energieeffizient nach Bedarf gesteuert werden. Zusätzlich können die Lampen mit WLAN-Access-Points, Ladestationen für Elektro-Automobilität oder Sensortechnik zur Messung von Verkehrsaufkommen oder für die intelligente Steuerung der Parkplatzsuche ausgestattet werden. All diese Smart-City-Komponenten reduzieren den CO2-Ausstoß und fördern die Nachhaltigkeit sowie die Aufenthaltsqualität.
Ein bisschen zu digitalisieren, reicht nicht mehr
Grundvoraussetzung für mehr digitale Innovation und umfassende Online-Services ist eine leistungsfähige IT. Allerdings fehlt es der öffentlichen Verwaltung oft noch an der entsprechenden Infrastruktur, passenden Security-Konzepten oder mobilen Endgeräten. Immer mehr Kommunen und Versorger entscheiden sich deshalb dafür, mit Dienstleistern zusammenzuarbeiten, die eine IT-Infrastruktur nach State of the Art als hybride Clouds anbieten. Das ermöglicht es, sensible Daten innerhalb der eigenen Netzwerke vorzuhalten, während die Anwendungen in der Cloud liegen und von den Möglichkeiten der agilen Software-Entwicklung profitieren. Neben den rechtlichen Vorgaben für sensible Bürgerdaten werden damit auch die Anforderungen an eine umfassende IT-Sicherheit erfüllt.
Nicht zuletzt sollte der Aufbau mobiler Arbeitsumgebungen möglich sein, sodass Mitarbeiter im Homeoffice sowie im Büro die gleichen Arbeitsbedingungen vorfinden und ein sicherer Zugriff auf alle Daten und Ressourcen auch von zu Hause aus gewährleistet ist. Selbst unter veränderten Bedingungen der Pandemie können auf diese Weise Bürgerdienste ohne Einschränkungen leistungsfähig bleiben und weitaus effektiver digitalisiert werden als bisher.
Fest steht: Wir brauchen mehr Digitalisierung, sowohl im Bereich der Online-Bürgerdienste als auch bei Smart-City-Lösungen. Dafür sind Investitionen in eine moderne IT-Infrastruktur sowie in mobile und flexible Arbeitsplätze notwendig. Nur so kann die öffentliche Hand Bürgerinnen und Bürger begeistern und schnell auf Krisen reagieren, seien es der Klimawandel oder die Covid-19-Pandemie. Es reicht nicht mehr, lediglich ein bisschen zu digitalisieren. Bund, Länder und Kommunen müssen digital denken und digital handeln.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe August 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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