AachenGroßprojekt egov multidigital
Was macht eine moderne Stadtverwaltung aus? Diese Frage beschäftigt vermutlich alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Die Antwort ist simpel: Sie ist digital. Weniger einfach ist der Umstieg von analogen auf digitale Workflows. Denn neben der Digitalisierung der Papierpost sowie der elektronischen Vorgangsbearbeitung und Aktenführung müssen auch Faktoren wie Datenschutz, IT-Sicherheit und Rechtsnormen berücksichtigt werden. Aachen hat mit dem Großprojekt egov multidigital den Grundstein für eine ganzheitliche Digitalisierung der Stadtverwaltung und damit für eine zeitgemäße und zukunftsfähige Arbeitsweise gelegt.
Ins Leben gerufen wurde egov multidigital im September 2019 als Projekt im Förderprogramm Digitale Modellregionen Nordrhein-Westfalen (wir berichteten). Heute steht das Vorhaben, das als Best Practice für andere Kommunen dienen kann, kurz vor dem Abschluss. Umgesetzt wurde es in den zwei Pilotfachbereichen Personal, Organisation, E-Government und IT sowie Umwelt und Klima. „Unser Ziel war es, durch die Einführung digitaler und vor allem medienbruchfreier Workflows eine effiziente und nachhaltige Arbeitsweise zu etablieren. Dazu trägt bereits bei, dass Papier und Lagerfläche für Aktenbestände reduziert werden“, erläutert Norbert Dödtmann, Projektleiter und Leiter des Informations- und Kommunikationsmanagements bei der Stadt Aachen.
Digitale Lösung statt Papierakten
Anlass für den Projektstart war neben der geforderten Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ein bevorstehender Umzug der Stadtverwaltung. Damit einher ging der Wunsch, die Papieraktenbestände durch eine digitale Lösung zu reduzieren. „Dabei war es uns wichtig, Voraussetzungen zu schaffen, um die Arbeitsprozesse im Zuge der Digitalisierung durch technische Standards und Schnittstellen zu Fachverfahren zu optimieren und somit auch zu beschleunigen“, erklärt Dödtmann. Neben der technischen Umsetzung bildeten die Projektorganisation sowie die interne Kommunikation wesentliche Schwerpunkte des Vorhabens. Teammeetings, ein virtueller Projektraum und umfassende Projektdokumentationen unterstützten dabei, ein zentrales Wissensmanagement aufzubauen und Sachstände regelmäßig auszutauschen.
egov multidigital gliedert sich in mehrere Teilprojekte: Die Einführung eines zentralen Posteingangs inklusive Scan-Station, die Einrichtung eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) inklusive eines eigenen Berechtigungsworkflows für personelle und organisatorische Veränderungen, die Etablierung eines Personalratsmanagement-Systems sowie die Umsetzung eines SAP Organisationsmanagements und der Aufbau einer SAP Office Integration. Bei der Auswahl der einzuführenden Produkte hat das Projekt-Team auf bewährte Grundlagen aus der Aachener Systemwelt zurückgegriffen, die etwa schon im Steuerbereich oder im städtischen Ratsinformationssystem (RIS) im Einsatz sind. Technisch unterstützt wurde die Stadt von IT-Dienstleister regio iT.
DMS ist das Herzstück
Herzstück des Projekts ist das DMS, das als zentral strukturierte und revisionssichere Ablage von Dokumenten fungiert. „Was früher der Aktenschrank war, ist heute das DMS. Es ist fest im Arbeitsalltag der Mitarbeitenden in den Pilotbereichen verankert und ermöglicht ihnen einen digitalen Zugriff auf ihre Arbeitsinhalte – auch aus dem Homeoffice“, erklärt Karl Krumbach, Leiter des DMS-Dienstes. So ist es zum Beispiel möglich, auf die zentral digitalisierte Post zuzugreifen, digital Vorgänge zu bearbeiten und Akten zu führen oder Umlaufmappen zu organisieren. Durch Schnittstellen zu Fachverfahren etwa für die E-Rechnung, zum Mitarbeiterportal und zur E-Mail-Software können Arbeitsabläufe innerhalb des Systems vereinfacht werden. Auch die Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen wird künftig deutlich verbessert.
Die DMS-Einführung in den beiden Pilotbereichen für rund 270 User wurde im Mai/Juni 2022 abgeschlossen. Nun wird das Basissystem, das anschließend um die jeweiligen fachlichen Anforderungen ergänzt wird, auf die gesamte Stadtverwaltung ausgerollt. Ziel ist, in diesem Jahr noch vier weitere Fachbereiche anzuschließen. „Der schrittweise Roll-out auf einzelne Fachbereiche bietet mehrere Vorteile: Er schont Kapazitäten, ermöglicht eine intensive Beschäftigung mit den jeweiligen fachlichen Anforderungen und schafft Akzeptanz bei den Mitarbeitenden“, so Krumbach. Indirekt profitieren zukünftig auch Aachener Bürger vom DMS-Roll-out, da die notwendigen Dokumente für Services digital vorliegen.
Elektronisches Personalratsmanagement-System
Das elektronische Personalratsmanagement-System (EPRM) ist seit September 2021 in der gesamten Stadtverwaltung und in den Eigenbetrieben eingeführt. Damit ist es möglich, Geschäftsprozesse digital, übersichtlich und intuitiv abzuwickeln – etwa die Erstellung und Verteilung von Vorlagen und Tagesordnungen oder die Vor- und Nachbereitungen von Sitzungen. Die Kommunikation zwischen der Dienststelle und dem Dienststellenpersonalrat wird vereinfacht und beschleunigt, da Wegezeiten bei Unterschriftserfordernissen wegfallen, und durch die Sichtbarkeit der Bearbeitungsstände mehr Transparenz hergestellt wird. „Ein Jahr Praxiserfahrung hat gezeigt, dass das neue System von den Mitarbeitenden im Personalbereich und von den Personalräten sehr gut angenommen wurde und es regelmäßig im Arbeitsalltag genutzt wird“, zieht Katja Johnen, Leitung EPRM, ein positives Fazit. Bereits im Jahr 2022 wurden circa 2.900 Vorlagen erstellt und 136 Sitzungen organisiert. Um den Nutzungskomfort und die Effizienz in den papierlosen Sitzungen zu steigern, wurden allen Personalratsmitgliedern mobile Endgeräte für die Dauer ihrer Amtsperiode bereitgestellt.
Blaupause für andere Kommunen
Doch mit dem Großprojekt gingen auch einige Herausforderungen einher. Diese reichten von organisatorischen Fragestellungen wie der Einrichtung von Berechtigungen oder der Analyse von Anforderungen bis hin zur technischen Anbindung von Fachverfahren. Da das Projekt neben dem Tagesgeschäft umgesetzt wurde, waren auch Ressourcen wie Personal und Zeit teilweise knapp und Auslastungen hoch. „Umso wichtiger war die Aufgabe im Bereich der Projektsteuerung, jederzeit die Fäden zusammenzubringen“, resümiert Norbert Dödtmann. Die Mitarbeitenden der Fachabteilungen wurden von Anfang an in das Projekt einbezogen, etwa bei der Erstellung der Anforderungsprofile oder bei Software-Tests. Wichtige Informationen wurden zudem in Workshops, Schulungen und Erklärvideos vermittelt, die dauerhaft im Mitarbeiterportal verfügbar sind.
Die Stadt Aachen unterstützt auch andere Kommunen beim digitalen Wandel, indem sie organisatorische Hilfsmittel aus dem Projekt egov multidigital als Blaupausen bereitstellt. Dazu zählen Konzepte, Anforderungsprofile, Pflichtenhefte und Handbücher.
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