Mittwoch, 20. November 2024

EY-StudieGlasfaserausbau zu langsam

[23.11.2022] Ernst & Young hat für eine Studie zum Stand des Ausbaus der Glasfaserinfrastruktur Breitbandkoordinationsstellen befragt, die meist auf Kreisebene angesiedelt sind. Trotz Rekordausbau im laufenden Jahr bewertet die Mehrheit der Landkreise den derzeitigen Stand als unzureichend.

Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsnetzwerk Ernst & Young (EY) hat eine Studie zum Ausbaustand des Glasfasernetzes veröffentlicht. Befragt wurden dafür 111 Breitbandkoordinationsstellen (BBK) in ganz Deutschland. Solche BBK finden sich meist auf Ebene der Kreise und der kreisfreien Städte. Sie sind wichtige Ansprechpartner im jeweiligen Kreisgebiet und vernetzen die verschiedenen Akteure des Breitbandausbaus. Die genaue Struktur und Umsetzung der Breitbandkoordination unterscheidet sich jedoch zwischen den Bundesländern.
Die von EY befragten BBK zeigen sich mit dem derzeitigen Stand des Glasfaserausbaus unzufrieden: 68 Prozent bewerteten die Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen als schlecht bis sehr schlecht. Dazu passt, dass 75 Prozent der Haushalte in Deutschland über gar keinen Glasfaseranschluss verfügen. Unabhängig von der jeweils eingesetzten Technologie halten die Koordinationsstellen die Breitbandversorgung in den Landkreisen zwar derzeit für ausreichend, allerdings sei die Glasfasertechnologie nach Ansicht der BBK Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Breitbandversorgung in Deutschland – dieser Aussage stimmten 89 Prozent der Befragten zu. Der flächendeckende Ausbau sei dabei der wichtigste Faktor für die Wirtschaftlichkeit der Erweiterung der Glasfaserinfrastruktur. Im OECD-Vergleich steht Deutschland beim Ausbau von Glasfaseranschlüssen bis zum Kunden gar auf den letzten Plätzen, so EY – 75 Prozent der Haushalte haben gar keinen Glasfaseranschluss.

Verschiedene Wege zum Ausbau

Rund 70 Prozent der befragten BBK planen gemäß der Befragung, am Graue-Flecken-Programm des Bundes teilzunehmen. Bisher nahm das Programm allerdings nur die Gebiete in den Blick, wo eine Geschwindigkeit von weniger als 100 MBit/s im Download erreicht wird. Aus Sicht der BBK sei diese Schwelle jedoch wenig attraktiv, weshalb 60 Prozent der Verantwortlichen in den Kreisen auf den Jahresbeginn 2023 warteten – dann soll die Aufgreifschwelle für förderfähige Ausbaumaßnahmen auf eine Datenrate von 200 Mbit/s im Down- und Upload angepasst werden. Somit werden deutlich mehr Adressen förderfähig.
Bei der Wahl des Fördermodells erscheint es EY wenig überraschend, dass alle BBK, die in der Vergangenheit auf eine Förderung im Betreibermodell gesetzt haben, auch künftig dieses Modell präferieren. Mit 68 Prozent der befragten BBK setzt auch künftig der Großteil auf das Wirtschaftlichkeitslückenmodell. Einige erwägen für die Zukunft aber auch einen Wechsel des Modells: weg von der Wirtschaftlichkeitslücke hin zum Betreibermodell, was die Anzahl der Betreibermodelle um 20 Prozent ansteigen lassen könnte.
Mithilfe von Markterkundungsverfahren können BBK durch Abfrage des eigenwirtschaftlichen Ausbauinteresses von Telekommunikationsunternehmen die Flächenabdeckung im Glasfaserausbau verbessern: Im besten Fall folgt einer solchen Markterkundung eine koordinierte Zusammenarbeit bei der Umsetzung des eigenwirtschaftlichen Ausbaus. 41 Prozent der Befragten bewerteten diese Art der Kooperation mit den Telekommunikationsunternehmen positiv, nur 23 Prozent sind nicht zufrieden.

Flächendeckung ist gefragt

Beim Ausbau einer von Förderprogrammen unabhängigen, möglichst eigenwirtschaftlichen Breitbandinfrastruktur sind für die Landkreise andere Faktoren relevant. Insbesondere zuverlässige Partner und zukunftsfähige Konzepte seien wichtige Bausteine für die Eigenwirtschaftlichkeit eines öffentlichen Unternehmens, erklärt der Studienautor Olaf Riedel. Der mit Abstand wichtigste Faktor sei aber die Flächendeckung des Ausbauangebots. Um echte Glasfaseranschlüsse für möglichst viele Bürger in den Kommunen zu generieren, lehnen die BBK den reinen Ausbau attraktiver Zentralbereiche mehrheitlich ab. Denn damit einher geht das Risiko später deutlich höherer Förderbedarfe zur Herstellung einer echten FTTH-Flächendeckung. Daher müssen die Kommunen und die BBK auf die Flächendeckung der eigenwirtschaftlichen Ausbauangebote der Telekommunikationsunternehmen achten.
Angesichts des plötzlichen vom BMDV ausgesprochenen Förderstopps vom Oktober (wir berichteten) verwies Korbinian Kraus, Senior Manager bei EY und ebenfalls Autor der Studie, darauf, dass die Fortsetzung des Förderprogramms ungewiss sei. Zwar habe es im vergangenen Jahr so viel Zuwachs an Glasfaseranschlüssen gegeben wie noch nie, doch die tatsächliche Lage in den Kommunen unterscheide sich stark und werde auch von der Organisation und Umsetzung auf Ebene der Koordinierungsstellen der rund 400 Kreise beeinflusst, so Kraus.





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