Mittwoch, 20. November 2024

Fraunhofer IPM/incontext.technologySchnell zum digitalen Zwilling

[30.11.2022] Im städtischen Raum erhobene Umgebungsdaten können schnell veraltet sein. Das erschwert Planungsvorhaben. Am Fraunhofer-Institut IPM wird nun eine Messbox entwickelt, die es erlaubt, Müll- oder Lieferwagen als Messfahrzeuge einzusetzen. Dadurch werden hochaktuelle Daten verfügbar gemacht.
Mit einem kostengünstigen Messmodul generieren Müll- oder Lieferwagen stets aktuelle Daten der städtischen Umgebung – Basis für einen stets aktuellen digitalen Zwilling.

Mit einem kostengünstigen Messmodul generieren Müll- oder Lieferwagen stets aktuelle Daten der städtischen Umgebung – Basis für einen stets aktuellen digitalen Zwilling.

(Bildquelle: Fraunhofer IPM)

Wer im komplexen System Stadt bauen oder planen will, braucht belastbare Daten. Im Forschungsprojekt MuSiS (kurz für: Multimodaler digitaler Zwilling für eine sichere und nachhaltige Stadt) entwickelt das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) gemeinsam mit dem Software- und KI-Unternehmen incontext.technology einen Prozess, mit dem ein digitaler Zwilling urbaner Umgebungen schnell und engmaschig erstellt werden kann. Wie das Fraunhofer IPM mitteilt, werden dazu Messsysteme auf Taxis, Bussen oder Straßenbahnen installiert, rollen normal im Verkehr mit und nehmen ganz nebenbei die Umgebung auf. Auf diese Weise soll dem dynamischen Wandel urbaner Räume und dem Bedarf an hochaktuellen Umgebungsdaten Rechnung getragen werden.
Bislang liegen der Planung städtischer Bauvorhaben oft viele Jahre alte Katasterpläne zugrunde, bei spezifischen Fragestellungen wird kleinräumig und mit großem Aufwand vermessen, so die Beobachtung des Fraunhofer-Instituts. Die Verfügbarkeit aktueller, umfassender Infrastrukturdaten würde städtische Planungsprozesse hingegen deutlich effizienter machen und auch beim Erstellen von Gefahrenkarten für Extremwetterlagen, Wegeplanungen bei Großveranstaltungen und bei anderen Aufgaben helfen.

Daten sammeln im Regelverkehr

Im MuSiS-Projekt will das Forschungsteam die Voraussetzungen für eine engmaschige, digitale Erfassung urbaner Infrastruktur schaffen. Eine kompakte, universell einsetzbare Messbox, die ein Team am Fraunhofer IPM entwickelt, soll die Umgebung mithilfe von Laserscannern und Kameras im laufenden Verkehr erfassen. Ein Schallpegelmesser nehme zudem die akustische Belastung auf. Die Daten sollen bereits bei der Erfassung anonymisiert werden, indem Menschen und Fahrzeuge unkenntlich gemacht werden. Das robuste Multisensor-System könne ohne großen Aufwand auf verschiedene Fahrzeuge montiert werden. Es verfüge zudem über eine Positionierungseinheit, sodass die Messdaten mit Standortinformationen verknüpft sind.

Mehrere Gigabyte an Daten pro Kilometer

Die Messdaten sollen für verschiedene Anwendungen in Echtzeit bereitgestellt werden. Damit dies gelingt, müssen die Daten bereits auf dem Fahrzeug vorverarbeitet und reduziert werden, denn auf dem Weg durch die Stadt erfassen die Sensoren eines einzigen Messfahrzeugs auf jedem Fahrkilometer mehrere Gigabyte Daten. Ein speziell angepasstes Künstliches Neuronales Netz (KNN), das am Fraunhofer IPM entwickelt wurde, soll die Daten schon in der Messbox verarbeiten. Es ist vorgesehen, dass der Industriepartner incontext.technology KI-basierte Algorithmen für die automatisierte Nutzung und eine semantische Anreicherung der Datenströme entwickelt und Datenmodelle für den digitalen Zwilling einer Stadt erstellt.

Von den Daten zum digitalen Stadtmodell

Die aufbereiteten Daten sollen für ausgewählte Anwendungsfälle rund um das Monitoring städtischer Sicherheit und Infrastruktur sowie spezifisch für unterschiedliche Nutzergruppen über Apps und Web-Portale zugänglich gemacht werden. Als Grundlage dafür soll das semantische Modell einer Anlage oder auch einer Umgebung dienen, das Sensordaten aus verschiedenen Systemen integrieren kann und mithilfe von KI trainiert wird, erklärt das Fraunhofer IPM. Auf diese Weise entstehe ein digitales Stadtmodell.
Das Projekt MuSiS wird im Rahmen des Förderprogramms Invest BW vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg gefördert. Assoziierte Partner sind die Stadt Freiburg, das Nahverkehrsunternehmen Freiburger Verkehrs AG, die Entwicklungsgesellschaft Digital-Agentur Heidelberg sowie der öffentliche Regionalentwicklungsverband Region Rhein-Neckar.





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