WuppertalCrossmedial involviert
Um möglichst viele Menschen zu erreichen und in lokale Entscheidungen mit einzubeziehen, müssen Kommunen auf eine breitgefächerte Kommunikation und vielfältige Angebote zum Mitmachen setzen. Vor allem ist die intelligente Verknüpfung digitaler und analoger Formate ein wichtiger Faktor, wenn die ganze Stadtgesellschaft teilhaben soll. Eine solche crossmediale Bürgerbeteiligung ermöglicht es, dass beruflich oder familiär stark eingebundene Gruppen digital, zeit- und ortsunabhängig ebenso teilnehmen können wie digital weniger affine Menschen. Wie das gut gelingen kann, macht die Stadt Wuppertal vor.
Den Grundstein für E-Partizipation legte die nordrhein-westfälische Kommune Anfang 2019. Gemeinsam mit dem Unternehmen wer denkt was wurde damals talbeteiligung.de als zentrale Informations- und Beteiligungsplattform konzipiert und eingeführt. Zunächst diente das Web-Portal der Durchführung des Bürgerbudgets. Diesem folgten jedoch recht schnell zahlreiche weitere digitale Verfahren. Insgesamt zwölf Beteiligungsprojekte wurden bislang online durchgeführt. Das Portal talbeteiligung.de wurde dadurch stadtweit bekannt. Rund 19.000 registrierte Nutzende, 150.000 Besucherinnen und Besucher sowie mehr als eine halbe Million Seitenaufrufe kann die städtische Beteiligungsplattform mittlerweile verzeichnen. „Das sind tolle Nutzungszahlen und auch die Qualität der Beiträge und die Umsetzung dieser Ideen und Anregungen zeugen von gelebter digitaler Beteiligung“, resümiert Theresa Lotichius. Die Geschäftsführerin von wer denkt was hat die Einführung der Plattform aktiv begleitet und freut sich, dass die Stadt das Portal so intensiv und erfolgreich nutzt.
Bürgerbudget kommt an
Besonders erfolgreich ist das zweijährlich stattfindende Bürgerbudget. 200.000 Euro standen etwa im Jahr 2021 zur Förderung von Projekten zur Verfügung, die der Stadt und den Menschen zugute kommen. Um damit möglichst alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen, setzt die Stadt auf eine crossmediale Ausrichtung. Die Menschen in Wuppertal haben somit verschiedene Möglichkeiten, ihre Ideen für das Bürgerbudget einzubringen: über die Online-Plattform, per E-Mail, Brief, Telefon sowie auf persönlichem Weg in den Bezirksstationen.
Ist die Einreichungsphase für Ideen beendet, führt die Stadt eine Bürgerwerkstatt vor Ort durch, den so genannten Gemeinwohl-Check. Dort können sich die Menschen austauschen und vernetzen sowie gemeinsam darüber verhandeln, was gut für die Stadt ist, das Gemeinwohl fördert und welche Projektideen daher in die finale Abstimmungsphase gelangen sollten. Diese Auswahl wird von der Verwaltung im Rahmen einer Detailprüfung zunächst genauer hinsichtlich Kosten und Umsetzungsmöglichkeiten durchleuchtet. Mit einer Wahlparty vor Ort wird dann die finale Phase eingeläutet. Dort gibt es erneut die Möglichkeit, mit anderen in den Austausch zu kommen und für seine Lieblingsideen zu stimmen. All jene, die vor Ort nicht teilnehmen, können sich dennoch in diese finale Phase einbringen. Denn alle haben im Anschluss an die Wahlparty drei Wochen Zeit, um wiederum crossmedial abzustimmen: online auf der Plattform oder in den Bezirksstationen.
Bürger vor Ort und digital erreichen
Die Vielfalt der eingereichten Vorschläge sowie die guten Beteiligungszahlen des Bürgerbudgets 2021 zeigen, dass die Stadt mit der crossmedialen Ausrichtung auf dem richtigen Weg ist. Mehr als 200 Ideen gingen ein – knapp drei Viertel davon digital über talbeteiligung.de. 9.000 neu registrierte Nutzende gab es im Beteiligungszeitraum, mehr als 5.700 Menschen haben bei der finalen Abstimmung mitgewirkt und weit über 60.000 Plattformbesuche fanden während des Beteiligungszeitraums statt.
Auch im Bereich Stadtentwicklung und Mobilität spielt Bürgerbeteiligung in Wuppertal eine wichtige Rolle. So startete im Sommer 2021 ein Verkehrsversuch am Laurentiusplatz. Für ein Jahr wurde der Verkehr umgeleitet, sodass der zentrale Platz in der Innenstadt autofrei blieb. Das Projekt begleitete die Kommune mit vielfältigen Beteiligungsmaßnahmen. Einer Info-Veranstaltung vor dem Start des Verkehrsversuchs folgte eine Los-gehts-Aktion vor Ort. Mit Meinungssäulen wurde ein erstes Stimmungsbild eingefangen und das Gespräch mit den Menschen gesucht. Zugleich wurde eine kurz darauf stattfindende Online-Befragung beworben, die in Zusammenarbeit mit wer denkt was durchgeführt wurde. Nach einem halben Jahr startete die Stadt eine zweite Online-Befragung sowie eine weitere Vor-Ort-Aktion. Die Aktion auf dem Laurentiusplatz fand dabei strategisch günstig innerhalb des Befragungszeitraums statt. So konnten an Ort und Stelle weitere Teilnehmende für die Befragung rekrutiert werden.
Die Stadt Wuppertal verknüpfte hier Vor-Ort-Maßnahmen und digitale Verfahren erneut geschickt miteinander und erreichte dadurch sehr gute Ergebnisse. Mehr als 6.600 Fragebögen konnten ausgewertet werden und gaben der Politik wichtige Impulse und datengestützte Anhaltspunkte dahingehend, ob der Laurentiusplatz dauerhaft autofrei bleiben soll.
Breitgefächerte Kommunikation ist das A und O
Beide Beispiele zeigen, dass bei der Verknüpfung digitaler und analoger Beteiligungsmaßnahmen auch eine breit angelegte und crossmediale Öffentlichkeitsarbeit entscheidend ist für die Aktivierung der Menschen. Mit Plakatwerbung, Postkartenverteilung, Vor-Ort-Aktionen, Pressemeldungen, Newsletter, Ankündigungen auf den städtischen Websites sowie regelmäßigen Beiträgen und Kampagnen auf den Social-Media-Kanälen setzt Wuppertal deshalb auf eine breitgefächerte Kommunikation. Deren Relevanz betont auch Clara Utsch, Team-Leiterin Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement der Stadt: „Eine transparente, kontinuierliche Kommunikation auf Website und Social-Media-Kanälen, aber auch bei Aktionen innerhalb der Stadt sind das A und O. Termine ankündigen, Ergebnisse und Zwischenergebnisse bekanntgeben, sich immer wieder in Erinnerung bringen, vor Ort in Erscheinung treten und das Gespräch suchen sowie Teilnahmeanreize setzen, darauf kommt es an. Gleichzeitig lernen wir immer wieder Neues dazu und müssen uns ständig weiterentwickeln.“
Die Stadt Wuppertal hat mit crossmedialen Beteiligungsverfahren also gute Erfahrungen gemacht. Neben den hohen Beteiligungszahlen und inhaltlichen Ergebnissen zeigen das auch das positive Feedback seitens der Bürgerschaft und steigende Abonnements bei Newsletter und Social-Media-Kanälen von Talbeteiligung. Team-Leiterin Utsch weiß aber auch: „Eine crossmediale Ausrichtung der Bürgerbeteiligung ist nur dann erfolgreich, wenn im jeweiligen Projekt so viel Handlungsspielraum gegeben ist, dass die Vorschläge und Meinungen der Bürgerinnen und Bürger überhaupt einen Einfluss haben können. Wir legen darauf großen Wert, damit unsere Projekte in der Stadtgesellschaft Wirkung entfalten können und hoffen, dass sich zukünftig noch mehr Menschen einbringen und die Zukunft Wuppertals aktiv mitgestalten.“
https://werdenktwas.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Februar 2023 von Kommune21 im Schwerpunkt E-Partizipation erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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