Mittwoch, 9. Oktober 2024

DigitalisierungÄmter sinnvoll entlasten

[06.11.2023] Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sorgt in vielen Ämtern für zusätzliche Belastung – und das bei sinkendem Personalbestand. Eine sinnvolle Digitalisierung muss daher alle relevanten Prozesse und Schnittstellen mitdenken, um für wirkliche Erleichterung im Arbeitsalltag zu sorgen.

Das im Jahr 2017 in Kraft getretene Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtete Bund und Länder, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten und sollte die Verwaltungen gleichzeitig entlasten. In der Praxis ist beides bis heute jedoch kaum eingetreten. Gleichzeitig steigen die Fallzahlen kontinuierlich, ihre Bearbeitung wird zunehmend komplexer, viele Behörden sind mit dem Tagesgeschäft überlastet, und die Umsetzung des OZG sorgt für zusätzliche Belastung bei sinkendem Personalbestand. Darüber hinaus will die Bundesregierung im kommenden Jahr deutlich weniger für die Digitalisierung der Verwaltung ausgeben. Wie können sich öffentliche Verwaltungen aufstellen, um diesen Herausforderungen zu begegnen?
Die gute Nachricht ist, dass die Verwaltung nicht bei startet und bereits zahlreiche digitale Tools in ihren Arbeitsalltag integriert hat. Doch genau da liegt auch die Herausforderung: Eine alle Arbeitsbereiche sinnvoll erfassende Digitalisierung darf bereits etablierte Tools und Prozesse nicht abschaffen, sondern muss sie integrieren. Bewährte und neue Lösungen müssen im Zusammenspiel ein stimmiges Ganzes ergeben. Dazu gehört, Komplexität handhabbar zu machen, also den Sachbearbeitenden die Sicherheit zu geben, dass mehr Digitalität ihre Arbeit nicht schwieriger macht. Die Botschaft muss lauten: Was sich bewährt hat, bleibt, und alles, was neu dazukommt, bringt spürbare Entlastung – und das gut vernetzt und bruchlos ineinandergreifend.

Schnittstellen statt Insellösungen

Die Digitalisierung in Richtung der Bürgerinnen und Bürger ist schon aufgrund des OZG unabdingbar. Doch diese äußere Digitalisierung bringt den Verwaltungen nur dann Entlastung, wenn sie auch ihre internen Prozesse entsprechend anpassen, das heißt: weiter digitalisieren. Doch gerade das ist ein komplexes Unterfangen, schließlich gibt es langjährig gewachsene Strukturen und eigentlich bewährte Prozesse, längst eingeführte Lösungen von Fachverfahren bis hin zu Dokumenten-Management-Systemen und individuell gewachsene Strukturen. All das und mehr muss eine neu einzuführende Lösung berücksichtigen.
Digitalisierung funktioniert nur, wenn alle relevanten Prozesse und Schnittstellen mitgedacht werden. Die maßgeblichen Fragen lauten also: Wer braucht zu welcher Zeit welche Information und wo geht sie aus welchem System und über welchen Kanal hin? Da setzen Informationslösungen, wie beispielsweise die von Wolters Kluwer, an. Sachbearbeitende sollten in der kompletten Prozesskette optimal begleitet und überall, wo Inhalte oder Rechtsfragen geklärt werden müssen, abgeholt werden. Nur wenn im Maschinenraum der Verwaltung alles bruchlos ineinandergreift, profitieren auch die Bürgerinnen und Bürger von der Digitalisierung: unkomplizierte Beantragungen, kurze Bearbeitungszeiten und rechtssichere Bescheide sind die Benefits. Es sollten also keine Insellösungen geschaffen werden, sondern gleich eine Architektur, die nicht nur die behördeneigenen Informationen beinhaltet, sondern diese auch sinnvoll mit den für die Arbeit relevanten allgemeinen Rechtsinformationen in Beziehung setzt. Darüber hinaus sollte sie allen an einem Prozess Beteiligten passgenaue Zugriffsmöglichkeiten einräumen.

Medienbruchfreie Umsetzung

Aktuell ist die Situation in den Ämtern jedoch häufig so, dass das Thema Digitalisierung nicht konsequent zu Ende gedacht wurde: Was nützt es, wenn sich ein Antrag zwar digital ausfüllen lässt, er aber dann ausgedruckt im Posteingangskorb der Sachbearbeitung landet? Damit geht der eigentlich angestrebte Effizienzgewinn verloren. Wenn ein Antrag gestellt wird, sollte dieser medienbruchfrei und automatisiert in Fachverfahren oder die Prozesse der Verwaltung einfließen, ohne dass zum Beispiel die erneute Erfassung der Daten erforderlich ist.
Und natürlich müssen die Beschäftigten der Verwaltung sicher sein, dass jeder ihrer Arbeits- und Prozessschritte auch tatsächlich den rechtlichen Standards entspricht. Denn sowohl die Verwaltungsmitarbeitenden als auch die Bürger brauchen Rechtssicherheit und Verlässlichkeit. Dadurch reduzieren sich Einsprüche, was letztendlich zur Entlastung der Sachbearbeitenden beiträgt.

Zeit fürs Wesentliche

Das Thema Digitalisierung wird oftmals sehr technisch betrachtet, hat jedoch einen zutiefst menschlichen Aspekt, der häufig unter dem Begriff des Kulturwandels gefasst wird. Verwaltungen sind weit davon entfernt, in einem Schritt alle Prozesse umzuwerfen, denn ein Kulturwandel ist langfristig. Ein Thema, dass immer mitgedacht werden sollte, ist, dass die Verwaltung trotz aller Effizienzsteigerungs- und Automatisierungstendenzen und -notwendigkeiten menschlich bleiben sollte – für die Bürger ebenso wie für die Mitarbeitenden. Dabei geht es auch immer um Bedürfnisse. Beide Seiten sollen im direkten Austausch bleiben; durchdacht angegangen kann der großflächige Einsatz digitaler Lösungen letztendlich sogar dazu führen, den zwischenmenschlichen Dialog zwischen Bürgern und Verwaltungsangehörigen zu fördern.
Denn, wer dank Digitalisierung bei Standardtätigkeiten entlastet wird, verfügt über Freiräume, sich um komplexere Fragestellungen zu kümmern und sich bürgernah und persönlich um individuelle Lösungen zu bemühen. Deswegen darf der Aspekt, dass Digitalisierung in den Verwaltungen zeitliche Freiräume eröffnet, die den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen, in der Diskussion um das Thema Digitalisierung nicht zu kurz kommen.
Wenn Ämter bei der Integration und Nutzung digitaler Tools diese Aspekte beachten, können sie die gewünschte Entlastung erfahren und gleichzeitig passgenaue Verwaltungsleistungen im Sinne des OZG elektronisch anbieten.

Burkhardt Vitt ist Business Manager Public Digital & Customer Solutions bei Wolters Kluwer Deutschland.


Stichwörter: IT-Infrastruktur, OZG


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: IT-Infrastruktur
Das Bild zeigt einen Bildschirm mit einer Ansicht des Programms disy Cadenza.

Disy/Ionos: Datensouveräne Umgebung

[07.10.2024] Das Karlsruher Unternehmen Disy Informationssysteme und der Cloudanbieter Ionos haben eine Kooperation gestartet, um innovative und datenschutzkonforme Software-as-a-Service-Lösungen anzubieten. mehr...

Die Guideline von Vitako und KGSt soll eine praxisnahe Orientierung für den Einsatz von generativer KI in Kommunalverwaltungen bieten.

Vitako/KGSt: Praxisleitfaden für generative KI

[12.09.2024] Einen Leitfaden für den Einsatz von generativer KI in Kommunalverwaltungen haben KGSt und Vitako erarbeitet. Der Fokus liegt auf der Integration von LLM-Tools in den Verwaltungsalltag. mehr...

Dr. Michael Neubauer
interview

Interview: KI-Entwicklung mitgestalten

[04.09.2024] Im Interview erklärt Michael Neubauer, Gründer des Start-ups Gov-KI, welche Potenziale er im Einsatz Künstlicher Intelligenz sieht und warum die öffentlichen Rechenzentren sich die Chance nicht entgehen lassen sollten, bei der KI-Entwicklung mitzuwirken. mehr...

München: Bearbeitungsstatus per QR-Code abfragen

[30.08.2024] Schnell, sicher und bequem können die Bürgerinnen und Bürger in München über einen personalisierten QR-Code den Bearbeitungsstatus beantragter Ausweisdokumente online abfragen. mehr...

Der Public Sector braucht eine souveräne Cloudlösung.

Digitale Souveränität: Die Kontrolle behalten

[29.08.2024] Die Wahl des richtigen Cloudanbieters ist entscheidend, um die digitale Souveränität zu erhöhen. Darüber hinaus minimieren ein Multicloudansatz und Open Source Software die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern. mehr...

Stadt Konstanz plant Einführung einer Low-Code-Plattform.

Konstanz: Low-Code-Plattform für die Verwaltung

[29.08.2024] Die Konstanzer Stadtverwaltung plant die Einführung einer Low-Code-Plattform, um digitale Anwendungen künftig mit geringem manuellen Programmieraufwand erstellen zu können. Ein Pilotvorhaben war zuvor erfolgreich verlaufen. mehr...

Kamerafahrzeuge wie dieses fahren durch das Stadtgebiet

Dortmund: Daten für den Digitalen Zwilling

[28.08.2024] Mit Kameras und Laserscannern wird derzeit der gesamte Straßenraum Dortmunds erfasst. Die hochauflösenden, georeferenzierten 3D-Panoramabilder bilden zusammen mit bereits erstellten Luftbildern die Datengrundlage für den Digitalen Zwilling der Stadt. mehr...

Gemeindeverwaltung Döhlau arbeitet erfolgreich in der Cloud.

Döhlau: IT-Sorgen los

[26.08.2024] In Döhlau wurde die komplette IT-Infrastruktur vor rund drei Jahren in die Cloudlösung der AKDB-Tochter LivingData ausgelagert. Sorgen über veraltete Hardware, Sicherheits­lücken und Ausfälle gehören in der oberfränkischen Gemeinde seitdem der Vergangenheit an. mehr...

Aufenthaltstitel können in Potsdam ab sofort online beantragt werden.

Potsdam: Aufenthaltstitel online beantragen

[22.08.2024] Eine neue digitale Antragsstrecke bietet das Potsdamer Migrationsamt an. Personen ohne deutschen Pass können ihren Aufenthaltstitel damit online beantragen oder verlängern. Der Service steht in acht Sprachen zur Verfügung. Ein persönlicher Termin beim Amt bleibt erforderlich. mehr...

Governikus: ID Panstar SDK steht als Open Source bereit

[22.08.2024] Das ID Panstar SDK von Governikus ist ab sofort als Open Source verfügbar. Auf der Plattform Open CoDE können Diensteanbieter das SDK frei nutzen und ihre Services in eID-Infrastrukturen integrieren. mehr...

Dashboard hilft beim Management lokaler Sharing-Angebote.

Bonn: Mobilität im Blick

[22.08.2024] Gemeinsam mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg wird in der Stadt Bonn ein Mobilitätsdashboard erprobt. Es soll der Stadt dabei helfen, lokale Sharing-Angebote effizienter zu steuern und unter anderem hinsichtlich der Einhaltung von Regeln zu überprüfen. mehr...

KGSt: Neuer Bericht zum Prozessmanagement

[22.08.2024] In ihrem aktuellen Bericht empfiehlt die KGSt, Prozesse in der Kommunalverwaltung umfassend Ende-zu-Ende zu digitalisieren und zu automatisieren. Dieser Ansatz soll dazu beitragen, die Zukunftsfähigkeit der Kommunen zu sichern und Verwaltungsservices effizienter zu gestalten. mehr...

Das IT-Unternehmen adesso hat sein Portfolio um eine eigene BSI-C5-testierte Private Cloud erweitert.

adesso: Neues Cloudangebot

[21.08.2024] Mit einem neuen Private-Cloudangebot adressiert adesso den steigenden Bedarf an sicheren Application Hostings in Deutschland. Das Angebot richtet sich an den öffentlichen Sektor und an andere Branchen mit hohen regulatorischen Anforderungen. mehr...

Dataport: O2 Telefónica liefert IoT-SIM-Karten

[20.08.2024] In den kommenden vier Jahren wird O2 Telefónica IT-Dienstleister Dataport mit rund 25.500 IoT-SIM-Karten ausstatten. Dataport wird die SIM-Karten öffentlichen Stellen und Institutionen in Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt anbieten. mehr...

Förderbescheidübergabe für das GoDonu-Projekt in Marburg.

Hessen: Gemeinsam online Daten offen nutzen

[14.08.2024] GoDonu – Gemeinsam online Daten offen nutzen – nennt sich ein neues Projekt, an dem sich neun hessische Kommunen beteiligen. Es baut auf dem Dashboard eGovSAD auf und widmet sich unter anderem der Aufgabe, die vergleichende Analyse der Daten mit Durchschnittswerten zu erleichtern. mehr...