Dienstag, 26. November 2024

MeldewesenNeue Aufgaben

[15.11.2023] Im Zuge der Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung müssen auch die Melderegister weiterentwickelt werden. Als neue Aufgaben sollten dabei die digitale Erreichbarkeit und digitale hoheitliche Identität in das Melderecht aufgenommen werden.
Wann ist eine eindeutige digitale Identität erforderlich?

Wann ist eine eindeutige digitale Identität erforderlich?

(Bildquelle: ImageFlow/stock.adobe.com)

Warum muss ich mich eigentlich bei der Meldebehörde anmelden? Dass es auch ohne Melderegister geht, zeigt doch zum Beispiel ein Blick in die USA. Ein System, mit dem Bürgern eine Identität zugewiesen wird, gibt es aber überall. Denn für ein funktionierendes Staatswesen ist die Identität des Einzelnen unabdingbar, man denke nur an die ordnungsgemäße Durchführung von Wahlen oder die Bereitstellung von Sozialleistungen.
In Deutschland wurde dazu das Melderecht zuzüglich Pass- und Personalausweisrecht etabliert. Die Aufgaben der Meldebehörden sind eindeutig definiert: Es geht um den Nachweis der Identität und des Aufenthalts der Bürger. Jede Person besitzt dazu eine eindeutige, hoheitliche – durch die Behörde bestimmte – Identität. Dazu muss(te) sie in der Behörde vorsprechen. Gleichzeitig wird per Gesetz definiert, dass der Bürger seinen Aufenthalt, also seinen Wohnsitz, bekannt machen muss.
Damit ein Bürger seine Identität gegenüber Dritten nachweisen kann, erhält er ein Identitätsdokument: den Ausweis (Pass). Die Echtheit der Daten auf dem Ausweis ist behördlich – hoheitlich – gesichert. Die Fälschung eines Identitätsdokuments steht unter Strafe. Die Verbindung zwischen Besitzer und Dokument wird über biometrische Merkmale (Bild) hergestellt. Bei einer Visitenkarte kann man weder davon ausgehen, dass die Daten tatsächlich stimmen, noch lässt sich sicher verifizieren, dass eine eineindeutige Verbindung zwischen der Person und der Visitenkarte existiert. Somit ist in der analogen Welt eine nicht völlig sichere Authentifizierung über zum Beispiel Visitenkarten möglich, will man aber wirklich Gewissheit über sein Gegenüber haben, ist der Ausweis das Mittel der Wahl.

Digitale Visitenkarte vs. hoheitliche digitale Identität

In den vergangenen Jahren hat sich die Welt nun grundsätzlich in Richtung Digitalisierung gewandelt. Wir kommunizieren digital, wir kaufen digital ein und wollen auch unsere Behördengänge digital erledigen. Wie in der analogen Welt auch, ist es dabei nicht immer erforderlich zu wissen, wer kommuniziert oder wer etwas kauft. Um solche Aktivitäten vollziehen zu können, wird in der Regel ein Account genutzt – vergleichbar einer Visitenkarte in der digitalen Welt. Allerdings ist es nicht bei allen Aktivitäten in der digitalen Gesellschaft ausreichend, nur ungefähr zu wissen, mit wem man es zu tun hat, auch hier gibt es Situationen, bei denen man mit Sicherheit wissen muss, wer einem digital gegenübersteht. So zum Beispiel, wenn es um Verwaltungsvorgänge geht.
Richtig smarte Online-Vorgänge entstehen, wenn ohnehin in der Verwaltung existierende Daten, die für einen Vorgang relevant sind, in diesen integriert werden. Die Erfassung von Daten durch den Bürger ist somit nicht mehr erforderlich und die Qualität derselbigen wird garantiert. Mit anderen Worten: Dem Bürger müssen im Bedarfsfall seine eigenen vorgangsrelevanten Daten bereitgestellt werden. Das wiederum erinnert stark an eine „segmentierte“ Selbstauskunft. Selbige kann aber nur dann gegeben werden, wenn sich der Bürger gegenüber seiner Verwaltung eineindeutig identifizieren kann.
Hier reden wir definitiv von einer hoheitlichen Identität, welche die Echtheit der digitalen Konversation garantiert. Dafür benötigen die Bürger den Personalausweis, also die digitale Identität. Seit Jahren verfügen wir darüber, aber die Nutzung hält sich bekanntermaßen in Grenzen. Dennoch ist es richtig, weiter auf den Personalausweis zu setzen, denn er ist derzeit das einzige Werkzeug, welches die hoheitliche digitale Identität abbildet und in der digitalen Welt eine Person auch physisch bestimmt.

Weiterentwicklung notwendig

Dennoch muss das Thema der hoheitlichen digitalen Identitäten mit Anbindung an die Identität im Melderegister weiterentwickelt werden. Wie wird zukünftig die Wallet mit einer richtigen Identität versorgt? Generell ist darüber nachzudenken, wie durch eine sichere Anbindung an die (physische) Identität im Melderegister zu jeder Zeit die hoheitlich bestätigten Identitätsdaten einer Person digital an den Bürger bereitgestellt werden können. Dabei müssen die Überlegungen auch in die Richtung gehen, dass alle Verwaltungsbereiche, die direkt mit dem Bürger in Verbindung treten, die Identität immer über den gleichen Weg bestimmen und nutzen. Als Identitätsstelle – ob physisch oder digital – sollte dabei das Melderegister genutzt werden.
Des Weiteren ist, wie in der analogen Welt, die Erreichbarkeit zu sichern. So abwegig es klingen mag, derzeit gibt es keine allgemeine digitale Erreichbarkeit des Bürgers: Sie ist weder über das Servicekonto gewährleistet noch über die stark aufgabenbezogene E-Mail-Technologie. Die digitale Erreichbarkeit des Bürgers ist aber elementare Voraussetzung für ein aktives, datenbezogenes Handeln der Verwaltung. Es ist daher absolut erforderlich, sie schnellstmöglich ins Melderegister zu integrieren.
Generell geht es darum, die Melde­register an die neuen Gegebenheiten sowohl der Digitalisierung als auch der Verwaltungsmodernisierung anzupassen und diese zu einem globalen Identitätsregister weiterzuentwickeln. Digitale Erreichbarkeit und digitale hoheitliche Identität sollten per Gesetz als Aufgaben der Meldebehörden definiert werden. Da die digitale Welt aber viel weniger Grenzen kennt, müssten beide Elemente konsequenterweise nicht nur für die Verwaltung, sondern gesamtgesellschaftlich gedacht werden. Das wiederum erzwingt technische Lösungen, die einfach nutzbar und für jedermann transparent sind. Die Technologie dafür gibt es – nötig sind nun der rechtliche Rahmen und der feste Wille, Neues zuzulassen.

Stephan Hauber ist Geschäftsführer der HSH Soft- und Hardware Vertriebs GmbH und Vorstand des DATABUND (Verband der mittelständischen IT-Dienstleister und Softwarehersteller für den öffentlichen Sektor e. V.).




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Fachverfahren
Gruppenfoto das (v.l.) Bürgermeister Tobias Handtke, Miriam Rathmann, Tim Beckmann, Stefan Pahmeier (per Videokonferenz auf einem Bildschirm zugeschaltet), Steffen Matthees, Jan Behrenbruch und Partho Banerjea zeigt.
bericht

Neu Wulmstorf: Kundenorientiertes Meldewesen

[22.11.2024] Um den Bürgerservice im Meldewesen kundenorientierter zu gestalten, setzt Neu Wulmstorf eine Software zur Terminverwaltung, -buchung und Besucherlenkung ein. Ein per Schnittstelle integriertes Selbsterfassungssystem für Passfoto und Unterschrift steht ebenfalls zur Verfügung. mehr...

Foto von Philipp Martin und Juliane Schmeling vom Fraunhofer FOKUS sowie Nadja Scholz und Marie-Theres Mayer bei der Präsentation von SoFinData.

Berlin: SoFinData im Probe-Echtbetrieb

[18.11.2024] Mit SoFinData steht in Berlin eine neuartige landesweite Planungs- und Steuerungsgrundlage für die Sozial- und Finanzplanung zur Verfügung. Die vorrangig auf Open-Source-Lösungen basierende Plattform ist seit November im Probe-Echtbetrieb. mehr...

Ein deutscher Reisepass, das deutsche Grundgesetzbuch und eine Deutschlandflagge liegen auf einer marmorierten Unterlage.

Essen: Einbürgerungsbehörde startet E-Verfahren

[14.11.2024] Die Einbürgerungsbehörde der Stadtverwaltung Essen stellt auf ein digitalisiertes Antragsverfahren um. Das Verfahren soll so von bislang 1,5 Jahren auf vier Monate verkürzt werden. mehr...

NRW: Die digitale Baugenehmigung startet

[13.11.2024] Die Stadt und der Kreis Borken sowie der Märkische Kreis haben jetzt gemeinsam mit dem Unternehmen Prosoz Herten den vollständig digitalen Baugenehmigungsprozess eingeführt. Das neue System soll den Weg für eine landesweite Digitalisierung im Bauwesen in Nordrhein-Westfalen ebnen. mehr...

v.l.: Peter Nonn, techn. Projektleiter ekom21; Benjamin Müller, Produktverantwortlicher ekom21; Simon Sauerbier, Projektverantwortlicher ekom21; Staatsminister Kaweh Mansoori; Lukas Wirz, HMWVW; Dennis Miller, Geschäftsfeldleiter Bauen und Umwelt Prosoz

Rheingau-Taunus-Kreis: Pilot für digitale Baugenehmigung

[07.11.2024] Nach erfolgreicher Testphase bietet der Rheingau-Taunus-Kreis nun als Pilotkommune den digitalen Bauantrag über das Bauportal Hessen an. Das digitale Verfahren soll zum Standard im Land werden. mehr...

Vier lachende Personen stehen nebeneinander auf einer Kopfsteinpflasterfläche und zerreißen Formulare.

Baindt: Digitaler Gewerbesteuerbescheid kommt

[06.11.2024] Die Gemeinde Baindt übermittelt als erste Kommune in Baden-Württemberg digitale Gewerbesteuerbescheide. Der neue Prozess spart Zeit und Kosten für Verwaltung und Unternehmen und markiert einen Fortschritt in der OZG-Umsetzung. mehr...

Bräutigam steckt der Braut den Ehering an den Finger.

Nürnberg: Digital vorbereiten mit dem Traukalender

[06.11.2024] Ein digitaler Traukalender unterstützt in der Stadt Nürnberg jetzt bei wichtigen Schritten rund um das Thema Heiraten. Begleitet wird der Service von einem Video, mehreren Onlinediensten und einem neuen Internetauftritt. mehr...

Herdecke: Kitaportal im Eilverfahren realisiert

[06.11.2024] Die Stadt Herdecke setzt auf ein modernes Kitaportal von Anbieter Nolis und hat dieses im Eiltempo realisiert: Zwischen Beauftragung und Freischaltung lagen nur acht Wochen. mehr...

Kreis Heilbronn/Karlsruhe: Bauanträge bald nur noch digital

[01.11.2024] Bauanträge können beim Landratsamt Heilbronn ab dem kommenden Jahr nur noch in digitaler Form eingereicht werden. Auch die Stadt Karlsruhe stellt ab Januar auf den digitalen Bauantrag um mehr...

Fachveranstaltung: Ende-zu-Ende-Digitalisierung in der Praxis

[31.10.2024] Am 19. November 2024 stellen das Innenministerium Baden-Württemberg und die Sächsische Staatskanzlei auf der Fachveranstaltung „Vom OZG-Hub bis ins Fachverfahren – Ende-zu-Ende-Digitalisierung in der Praxis“ in Berlin neue Praxislösungen für die vollständige Digitalisierung kommunaler Antragsprozesse vor. mehr...

Draufsicht auf einen Laptop, den sich eine auf einem Sofa sitzende Person auf die Oberschenkel gestellt hat. Man sieht die Hände der Person, die etwas eintippt.

Bayern: eWA-Pilotprojekt abgeschlossen

[29.10.2024] Erfolgreich haben München, Nürnberg und Augsburg die elektronische Wohnsitzanmeldung (eWA) für Bayern pilotiert. Das Verfahren wird nun flächendeckend im Freistaat eingeführt. mehr...

Ein deutscher Führerschein im Scheckkartenformat ragt zum Teil aus der der Hosen- oder Gesäßtasche einer Jeans.
bericht

Führerscheinwesen: Umbruch meistern

[29.10.2024] Mehrere etablierte Fachverfahren stehen im Führerscheinwesen altersbedingt vor der Ablösung. Die Ämter können dies als Chance begreifen, um sich langfristig digital aufzustellen. Moderne Fachanwendungen sind dabei ein wichtiger Baustein. mehr...

Tisch mit Bauplänen und Hände, die auf einem Tablet tippen

Leipzig: Digitales Bauantragsverfahren startet

[24.10.2024] In Leipzig können Bauanträge ab sofort online eingereicht werden. Ziel ist es, dass ab Ende dieses Jahres das gesamte Baugenehmigungsverfahren digital abgewickelt werden kann. Leipzig fungiert dabei als Pilotkommune für den digitalen Bauantrag in Sachsen. mehr...

Eichenzell: Gewerbesteuerbescheid digital verschickt

[22.10.2024] Als erste hessische Kommune hat die Gemeinde Eichenzell jetzt im Rahmen eines Pilotprojekts einen digitalen Gewerbesteuerbescheid verschickt. Dieses Verfahren soll Verwaltungsprozesse vereinfachen, Ressourcen sparen und die Effizienz für Unternehmen und Steuerberater steigern. mehr...

Offizieller Start bei der SCCON

Berlin: Start der digitalen Wohnsitzanmeldung

[21.10.2024] Mit einem weiteren Schritt in Richtung digitale Verwaltung erleichtert Berlin ab sofort die Wohnsitzanmeldung: Bürgerinnen und Bürger können ihre An- und Ummeldungen nun einfach online von zu Hause aus erledigen. Der neue Dienst soll die Bürgerämter entlasten und die Terminsituation verbessern. mehr...