Serie GovTech Start-upsTools, die Menschen verbinden
Wenn der Name bereits die halbe Miete ist, liegen die Gründer der HEIDI-App wohl nicht ganz falsch. HEIDI steht für „Heimat digital“ und damit ist auch schon geklärt, worum es bei der elektronischen Westentaschenlösung aus Ostwestfalen geht: um ein regionales Informationstool für Städte, Gemeinden und Landkreise. In der HEIDI-App können Kommunen ihre Bürgerinnen und Bürger mit Nachrichten versorgen, örtliche Vereine, Firmen und die Gastronomie stellen sich vor, es gibt einen Mängelmelder, Veranstaltungskalender, ein Fundbüro, ein Umfragemodul und weitere Zusatztools für Verwaltung, Wirtschaft und Bürgergesellschaft.
„In der Corona-Pandemie hat sich wie unter einem Brennglas gezeigt, wo es Nachholbedarf bei der Digitalisierung gibt“, sagt Justus Pohle, Gründer der HEIDI Software GmbH. „Unsere Heimatgemeinde Geseke beauftragte uns damals, einen digitalen Marktplatz zu bauen. Wir haben dann ein großes Potenzial bemerkt und mit der Entwicklung der HEIDI-App begonnen.“ Der heute 25-jährige hat Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik in Berlin studiert und das Start-up 2020 zusammen mit einem Schulfreund gegründet. Inzwischen arbeiten 18 Leute im Unternehmen. Die meisten kommen von der nahegelegenen „Universität der Informationsgesellschaft“ in Paderborn, wo auch der Firmensitz ist.
Modellwettbewerb als Türöffner für HEIDI
Seinen ersten Auftrag erhielt das Start-up durch die Teilnahme am Modellwettbewerb Smart City. Dort experimentieren 73 vom Bund geförderte Modellkommunen mit smarten Anwendungen für eine integrierte Stadtentwicklung. Die allererste HEIDI-App wurde für die bayerische AUF-Region (Apfeldorf, Unterdießen, Fuchstal) entwickelt. Schnell übernahmen fünf weitere Kommunen das Tool. Jede HEIDI-App sieht anders aus. Kommunen können ihr eigenes Design einbinden, unterschiedliche Funktionsmodule integrieren und bekommen, wenn sie es beherrschen, den Source-Code zur Verfügung gestellt. Inzwischen gehören 334 Kommunen zur so genannten KODI Community – das ist eine Anwendergemeinschaft, welche die auf Open Source Software basierende App testet, validiert und weiterentwickelt. Ein Drittel davon zählt zur aktiven Kundschaft des Start-ups.
„Die Startinvestitionen haben wir aus privater Tasche geleistet und sind komplett eigenfinanziert“, sagt Justus Pohle. „Wir sind dann relativ schnell gewachsen, weil wir einfach gutes Feedback von den Kundinnen und Kunden bekommen haben und eine starke Community aufbauen konnten.“ Die Kosten für die App lassen sich auf der Website von HEIDI leicht ermitteln und hängen von der Größe der Kommune und den gewünschten Funktionalitäten ab. In der Grundausstattung für Kommunen bis 5.000 Einwohner kostet die App einmalig 2.000 Euro und 90 Euro Lizenz- und Support-Gebühr pro Monat. Eine Vollausstattung für Großstädte wird schnell fünfstellig.
Communi verbindet niederschwellig
Mit ihrer Lösung sind die HEIDI-Gründer weder die ersten noch die einzigen. City-Apps gibt es schon lange. Die Lösung Communi aus Würzburg beispielsweise ist schon seit 2017 auf dem Markt. Entwickelt wurde die personalisierbare Messenger-App von der Firma gleichen Namens, bei der es sich genau genommen nicht mehr um ein Start-up handelt, sondern um ein Grown-up. So werden in der Gründerszene Firmen genannt, die älter als vier Jahre sind. Communi entstammt dem kirchlichen Umfeld und wurde zunächst für die protestantische Freikirche City Church in Würzburg entwickelt. „Am Anfang stand die Frage, wodurch sich Kirche heute auszeichnet“, sagt Gründer Sebastian Ortler. „Ich meine, das sind Glaube und Gemeinschaft. Gerade für Menschen, die neu in eine Stadt kommen, ist es wichtig, Anschluss zu finden. Wir wollten, dass die Menschen in Kontakt bleiben, und diesen Mehrwert haben wir mit der Communi-App geschaffen. Wir verbinden Menschen niederschwellig.“
Längst ist die Lösung nicht mehr nur für Kirchengemeinden verfügbar, auch Vereine und Kommunen können sich nach dem Baukastenprinzip eine Communi-App mit den gewünschten Komponenten zusammenstellen. Über 700 Organisationen nutzen die App bundesweit und in einigen Nachbarländern. Viele Funktionen unterstreichen den Anspruch der Gründer, ein Hilfsmittel für Vernetzung und Kommunikation bereitzustellen: das Schwarze Brett, öffentliche und private Chat-Gruppen, ein Veranstaltungskalender, eine Jobbörse oder die Umkreissuche. „Wir bieten keine reine Info-App, sondern bei uns liegt der Fokus wirklich darauf, dass man miteinander in den Austausch kommt“, sagt Sales Managerin Anna Scheler. „Darin sehen viele Kommunen, mit denen ich spreche, einen Mehrwert im Vergleich zu anderen Anbietern.“
Silberdraht und Viind-Chatbot
Zum niederschwelligen Zugang gehört auch ein günstiger Einstiegspreis. Communi legt Wert darauf, dass auch kleine Vereine partizipieren können. Der Basistarif startet bei 24 Euro im Monat. Die Lizenzkosten richten sich entweder nach der Anzahl der Nutzer, oder Organisationen tun sich zusammen und schließen einen Rahmenvertrag ab, für den die Größe der Verbandsgemeinde oder Diözese ausschlaggebend ist. Es gibt in Deutschland übrigens mehr Kirchengemeinden als Kommunen. Im kommunalen Bereich belaufen sich die Durchschnittskosten auf 140 Euro im Monat.
Viele weitere Start-ups und GovTechs tummeln sich im Bereich Kommunikationslösungen für Kommunen und warten mit Tools für die unterschiedlichsten Bedürfnisse auf. Der Telefondienst Silberdraht setzt auf Teilhabe für alle und ermöglicht es Kommunen, auch ältere Mitbürger ohne Digitalkenntnisse und Internet-Zugang zu erreichen. Die Menschen können sich per Telefon über Neuigkeiten aus der Gemeinde, kulturelle Angebote oder Sport- und Bildungsmöglichkeiten informieren. Städte wie Heidelberg und Kiel machen bereits von diesem Angebot Gebrauch, das 2023 den von Industrieunternehmen geförderten Impact of Diversity Award gewann. Viind aus Würzburg hat einen Chatbot entwickelt, der Kommunen wie Memmingen, Haßfurt oder den Landkreis Tirschenreuth bei der Bürgerkommunikation unterstützt und wiederkehrende Fragen beantwortet. Die Software made and hosted in Germany ist datenschutzkonform und lässt sich nicht nur auf die Website einbinden, sondern auch bei WhatsApp und Facebook.
Schulungssoftware für die Krisenkommunikation
Prevency aus Wuppertal bieten eine Schulungssoftware, die Verwaltungen und Organisationen dabei hilft, bei Störfällen, Cyber-Attacken oder einem Shitstorm in den sozialen Medien gute Krisenkommunikation zu betreiben. Und Convaise aus München hat eine No-Code-Plattform entwickelt, auf der Verwaltungen sich eigene digitale Assistenten für die Interaktion mit Bürgern zusammenstellen können. Via Chat und Sprache können die Assistenten Auskünfte erteilen, sie beraten, unterstützen beim Ausfüllen von Formularen und können KI-basiert und automatisiert durch Prozesse führen. Städte wie München und Solingen sowie der Kreis Soest gehören zu den Kunden.
https://communiapp.de/kommunen
https://www.silberdraht.tel
https://www.viind.com
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