Donnerstag, 21. November 2024

E-ProcurementE-Einkauf bewährt sich

[28.03.2024] Eine elektronische Abwicklung des Einkaufs hat nicht nur wirtschaftliche und vergaberechtliche Vorteile, sondern sorgt angesichts des Fachkräftemangels auch für spürbare Entlastung. Das zeigen Beispiele aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin.

Erfolgreiche digitale Einkaufsstrategien, die aus der Zusammenarbeit mit dem Dienstleistungsunternehmen TEK-Service AG resultieren, gibt es bundesweit nicht nur regional, sondern auch landesweit, sozusagen im XXL-Format.
So setzt etwa die Einkaufsgenossenschaft des Städte- und Gemeindebunds NRW, KoPart, auf die Einkaufsplattform von TEK (43400+wir berichteten) und hat sich innerhalb von gut einem Jahrzehnt zur zentralen Anlaufstelle für den kommunalen Einkauf in Nordrhein-Westfalen entwickelt. Seit dem Jahr 2014 profitieren die Mitglieder der Einkaufsgenossenschaft davon, dass sie ihren Bedarf aus landesweit gebündelten, ausgeschriebenen Rahmenverträgen abrufen können. „Das hat zum einen wirtschaftliche und vergaberechtliche Vorteile. Vor dem Hintergrund fehlender Fachkräfte entlasten unsere Einkaufsservices aber vor allem die Mitarbeitenden in den Städten und Gemeinden“, beschreibt Ralf Togler, Vorstandsvorsitzender der KoPart, die Mehrwerte. Inzwischen nutzen über 100 Verwaltungen und kommunale Organisationen die Services und den elektronischen Einkaufskatalog von KoPart. „Mit circa 50 Rahmenverträgen decken wir den erforderlichen Bedarf an Alltagsgütern gut ab“, meint Togler. Der Umsatz der abgerufenen Produkte liege bei mehreren Millionen Euro; Tendenz steigend. „Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Krisenbewährt in NRW

Neben wirtschaftlichen und vergaberechtlichen Aspekten hat sich der elektronische Einkauf zudem bei den zahlreichen Krisen der jüngeren Vergangenheit, beispielsweise bei der Versorgung von Flüchtlingen, im Zuge der Corona-Pandemie und bei der Hochwasserkatastrophe, bewährt und als wendig und robust erwiesen – diese Erfahrung hat man auch in Nordrhein-Westfalen gemacht. „Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, schnell auf kommunale Anforderungen reagieren zu können“, bestätigt Ralf Togler. „Waren es 2014/2015 bei der Flüchtlingskrise zunächst Betten, Matratzen oder anderer Hausrat, so waren während der Corona-Pandemie Masken, Raumluftgeräte oder Tablets für das Homeschooling von Schülern gefragt. Wasserpumpen und schweres Gerät waren dagegen bei der Hochwasserkatastrophe erforderlich. Durch die gebündelte Vorgehensweise der KoPart eG konnten die erforderlichen Produkte schnell abgerufen werden.“
Auch die Kommunalberatung Rheinland-Pfalz, eine Tochter des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebunds, hat in Zusammenarbeit mit TEK einen landesweiten Einkaufsverbund realisiert und damit gute Erfahrungen gemacht. Über das Kommunale Kaufhaus (KommKa) steht den Mitgliedern seit dem Jahr 2016 eine Lösung zur Verfügung, die mit geringsten Anforderungen einen digitalisierten Einkauf ermöglicht und über welche die Kommunen des Landes ihren Einkauf ebenfalls auf Grundlage landesweit gebündelter Rahmenverträge steuern.

Entlastend in Rheinland-Pfalz

Dass das Angebot von den Verwaltungen gut angenommen wird, hat nach Angaben von Klaus Fassnacht, Leiter des KommKa bei der Kommunalberatung Rheinland-Pfalz, mehrere Gründe. Zum einen könnten Verwaltungen ihre Bedarfe günstig decken, ohne selbst Ausschreibungen vornehmen zu müssen, da die Rahmenverträge regelmäßig ausgeschrieben würden. „Des Weiteren erhalten die Kommunen durch den elektronischen Einkauf erstmals Eins-zu-eins-Daten ihrer Verbräuche“, fährt Fassnacht fort. „Zudem: Wer macht sich gerne die Arbeit, zehnmal im Jahr Tonerkartuschen, Babywindeln oder Feuerwehrhelme bestellen zu müssen, wenn es auch einfacher geht?“
Seit dem Jahr 2019 rechnet das KommKa Leistungen gegenüber den Mitgliedern elektronisch im ZUGFeRD-Format ab. Dieser Schritt wäre aufgrund der EU-Richtlinie 2014/55/EU bis April 2020 ohnehin erforderlich gewesen – bis dahin sollte der Einsatz der standardisierten Rechnungsformate XRechnung und ZUGFeRD 2.0 obligatorisch für die kommunale Verwaltung werden. „Wir haben einfach Fakten geschaffen“, erklärt KommKa-Leiter Klaus Fassnacht. „Bereits im April 2020 haben die ersten Kommunen unsere E-Rechnungen automatisiert empfangen und verarbeitet.“
Auch im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel kann das Kommunale Kaufhaus für Entlastung sorgen, verfügen die meisten Kommunen doch über kein dezidiertes Einkaufspersonal. Klaus Fassnacht: „Die vollständige Beschaffung läuft nebenbei und bindet unglaubliche Ressourcen. Durch Digitalisierung schaufeln wir im Einkauf Zeit frei, indem unnötige Arbeiten vereinfacht und eliminiert werden. Das schafft Freiräume für den Hauptjob unserer Verwaltungsmitarbeitenden.“

Polizei Berlin zieht nach

Nach dem Vorbild des KommKa Rheinland-Pfalz hat schließlich die Polizei Berlin, mit rund 26.000 Mitarbeitenden die größte Verwaltungseinheit des Landes, das eWarenhaus Berlin realisiert. Seit dem Jahr 2019 können autorisierte Personen auf Grundlage ausgeschriebener Rahmenverträge darüber Bestellungen tätigen. Die Digitalisierung des in die Jahre gekommenen analogen Bestellsystems sei alternativlos gewesen, meint Achim Florin von der Vergabegrundsatzstelle der Polizei Berlin: Einerseits, weil die bisherige Verfahrensweise einfach nicht mehr zeitgemäß war und zu Medienbrüchen im Beschaffungsprozess führte, andererseits, da ein volldigitaler Prozess Mehrwerte bringt und aufseiten der nutzenden Dienststellen und der Lieferanten zu Synergieeffekten führt. „Also ein Effizienzgewinn auf beiden Seiten“, betont Florin. „Zudem konnten im Rahmen der Digitalisierung des Prozesses weitere Komponenten automatisiert integriert werden, etwa die gleichzeitige Mittelbindung zu den Bestellungen in unserem Haushalts- und Kassensystem.“

Erweiterung zum Standardverfahren geplant

Auf dem Weg dorthin waren aber zunächst vielschichtige Herausforderungen zu meistern – wobei die technischen Details die wenigsten Probleme verursachten. Lediglich die Anbindung des eWarenhauses an das Haushalts- und Kassensystem und die Implementierung der Datenrouten seien aufgrund der einzuhaltenden Sicherheitsvorgaben diffizil gewesen, so Florin. Als weit schwieriger habe sich jedoch die organisatorische Umsetzung des Projekts erwiesen. „Die Einbindung der Dienststellen bedeutete einen großen Kraftaufwand, denn es galt, die einzelnen Mitarbeitenden mitzunehmen und die Vorteile des eWarenhauses transparent zu machen“, erläutert Florin. „Die Einführung des Systems bedeutete ja zugleich eine Änderung etablierter Verhaltensweisen und beispielsweise auch den Abschied von über die Jahre lieb gewonnenen Excel-Tabellen.“
Das eWarenhaus Berlin soll nun in enger Abstimmung mit dem Landesverwaltungsamt berlinweit als Standardverfahren für Abrufe aus dem Sammelbestellverfahren etabliert werden. Parallel wird weiter an einer Erweiterung des Warensortiments und der vollständigen Integration der abrufberechtigten Dienststellen gearbeitet.

Bettina Weidemann




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