Freitag, 22. November 2024

Serie GovTech Start-upsFür Entlastung sorgen

[13.05.2024] Für die vielfältigen Aufgabenbereiche in Kommunalverwaltungen entwickeln Start-ups digitale Tools, mit denen die Verwaltungsarbeit leichter von der Hand geht. Damit können Kommunen auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Start-ups: Digitale Ideen für die Verwaltungsarbeit.

Start-ups: Digitale Ideen für die Verwaltungsarbeit.

(Bildquelle: youriy/stock.adobe.com)

Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist, sagte einst der französische Publizist und Politiker Victor Hugo. Doch manche Ideen zünden erst im zweiten oder dritten Anlauf. Ein Geschäftsmodell an neue Sachlagen und veränderte Marktbedingungen anzupassen, die sich erst im Verlauf der Geschäftstätigkeit zeigen und zuvor nicht richtig wahrgenommen wurden, gilt als eine der Stärken von Start-up-Unternehmen. Die Jungfirmen stellen damit ihre Flexibilität und Agilität unter Beweis – die Fähigkeit, auf veränderte Bedarfslagen schnell reagieren zu können. So ist es GovRadar ergangen, einem auf öffentliche Beschaffung spezialisierten GovTech aus München. Das Unternehmen hat sich vor vier Jahren mit dem Anspruch gegründet, ein „Check24 für den öffentlichen Sektor“ zu werden.
„Die Geschäftsidee ist durch die Beobachtung entstanden, dass Beschaffung im gesamten öffentlichen Sektor, aber vor allem in der kommunalen Welt eine große Herausforderung darstellt“, verrät Gründer Sascha Soyk. „Beschaffung ist ein großer wirksamer Hebel, um die Handlungsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen – sie trägt dazu bei, dass unser Staat funktioniert. Hinzu kommt, dass viele Kommunen mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben. Ihnen fehlen ganz einfach qualifizierte Mitarbeitende, die sie in der Beschaffung einsetzen können.“

Einfacher ausschreiben

30.000 Vergabestellen gibt es in Deutschland, die Hälfte davon auf kommunaler Ebene. Dort annoncieren Kommunen ihren Bedarf an Gütern und Leistungen – jede für sich und meist ohne Kontakt zu anderen. GovRadar unterstützt sie bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen, die den komplexen Vergaberechtsnormen unterliegen. Von der Idee, einen Katalog mit Millionen von Referenzprodukten zu führen, von Bleistiften über Dämmmaterialien bis hin zum Feuerwehrauto, ist das Unternehmen wieder abgerückt. „Wir haben uns mit GovRadar auf Leistungsbeschreibungen spezialisiert, die unsere Software automatisiert generiert. Wir ermöglichen gutes Wissensmanagement für Kommunen, indem wir auf vorhandenes Wissen der gesamten deutschen Beschaffungscommunity zurückgreifen. So muss nicht jede Kommune mit einer Ausschreibung bei anfangen“, sagt Sascha Soyk.
Im Oktober 2021 ging die Plattform an den Start. Zu den ersten Kunden zählten die Stadt Biberach, der IT-Verbund Stormarn und das Straßen- und Verkehrsmanagement Hessen Mobil. Inzwischen haben etwa 200 Institutionen, darunter Kommunen, Ministerien und Universitäten, von den Angeboten des Münchner GovTech-Unternehmens Gebrauch gemacht. Die Jahreslizenzen erlauben die Recherche und automatisierte Generierung von Leistungsbeschreibungen. Inzwischen wird auch Künstliche Intelligenz eingesetzt. Das KI-Tool wird mit zuverlässigen Qualitätsdaten aus öffentlichen Ausschreibungen trainiert und garantiert so Vergaberechtskonformität. Auf diese Weise lassen sich viel Zeit und personelle Ressourcen einsparen.

Baukasten für individuelle Formulare

Dem grassierenden Fachkräftemangel zu begegnen, ist vielleicht die größte Motivation und zugleich die beste Begründung für die Digitalisierung. Einer McKinsey-Studie zufolge sollen bis zum Jahr 2030 rund 840.000 Fachkräfte im öffentlichen Sektor fehlen. Zumindest die Start-up-Szene rüttelt dieses Szenario auf. Die Newcomer-Firmen unterstützen Kommunen mit nützlichen digitalen Tools bei der Verwaltungsarbeit. Sehr grundsätzlich geht ein Berliner Start-up diese Aufgabe an, indem es Hilfestellung bei der obersten Digitalisierungsmaßgabe anbietet: der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Die OZG Forms & Solutions GmbH (OZG FS) hat sich im April 2022 gegründet, als abzusehen war, dass die Ziele des OZG nicht erreicht werden können. Im Januar 2024 ist das Angebot online gegangen, das aus standardisierten Online-Anträgen als Software-as-a-Service (SaaS) besteht.
Gedacht ist es für Kommunen, die ihren Bürgern digitale Angebote für die wichtigsten Verwaltungsverfahren anbieten wollen und nicht länger auf Einer-für-Alle-Lösungen aus der Staatsmanufaktur warten möchten. „Unser Angebot richtet sich insbesondere an kleinere Kommunen ohne großes technisches Know-how“, sagt Co-Gründer Arthur Dell. „Mithilfe unseres Baukastens können individuelle Formulare, egal wie komplex sie sind, innerhalb eines Tages erstellt werden. Wenn es noch schneller gehen soll, nimmt man einfach eines unserer fertigen OZG-Standardformulare.“ So umfasst etwa das Starter-Paket Antragsformulare für 17 Leika-Leistungen darunter Bewohnerparkausweis, Geburtsurkunde, Hundesteuer, Parkausweis für Schwerbehinderte und Seniorenpass.

Integrationsplattform und Serious Games

Einfach und ohne IT-Fachkenntnisse in jeder Kommune einsetzbar ist auch Integreat. Die „Integrationsplattform für Zugewanderte“ wurde von der gemeinnützigen Tür-an-Tür-Digitalfabrik aus Augsburg entwickelt, die sich vor acht Jahren gegründet hat. In über 100 Städten und Landkreisen ist die Plattform mittlerweile implementiert. Sie ist ein echtes Kollaborationsprojekt, zudem barrierefrei und beruht auf Open Source Software. Kommunen können passgenaue Informationen zu Sprachkursen, Wohn- und Einkaufsmöglichkeiten für Geflüchtete in mehreren Sprachen anbieten, Veranstaltungen und Termine ankündigen oder Informationen für Fachkräfte bereitstellen.
Zum Aufgabenspektrum einer Verwaltung gehören auch Weiterbildung und Schulungsmaßnahmen für die eigenen Mitarbeitenden. Das Düsseldorfer Start-up Talent:Digital setzt dafür auf Edutainment und hat so genannte Serious Games entwickelt – Computerspiele, die seriöse Inhalte vermitteln. Spielerisch werden die Teilnehmer beispielsweise zu Themen wie IT-Sicherheit, Cloud-Nutzung und Kollaboration geschult. Grundlage sind Simulationen von Realszenarien, etwa die Ablage von Dokumenten in der Cloud und deren Freigabe zum kollaborativen Arbeiten mit Kollegen. Ein anderes Schulungsprogramm unterweist die Mitarbeiter von Jobcentern in neueste gesetzliche Anforderungen rund um den Kooperationsplan. Es dient als Weiterqualifizierung von Integrationsfachkräften und Fall-Manager.

System für hybrides Arbeiten

Auch das Start-up ivicos aus Frankfurt am Main ist im Bereich Bildung tätig und hat mit „Campus“ ein System für hybrides Arbeiten geschaffen. Die Campus-Plattform kann nicht nur von einzelnen Teams, sondern von der ganzen Organisation genutzt werden. Die Idee dahinter, die vielleicht eher Unternehmen als Behörden betrifft, ist, einen digitalen Ort für Kreativität, Kollaboration und Zusammenkunft unter den Bedingungen des hybriden Arbeitens zu schaffen. Dort sollen sich sowohl die Mitarbeitenden im Büro als auch die Homeworker zusammen mit Kunden, Lieferanten oder Beratern treffen. Auf den öffentlichen Sektor bezogen, können in Campus aber auch beispielsweise Servicedesks für Bürger und Onboarding-Programme für neue Kollegen eingerichtet werden.

Helmut Merschmann

Serie GovTech Start-ups, Teil 1: Kommunikationstools, Teil 2: Tools fürs Klima, Teil 3: Verwaltungstools, Teil 4: Software-Lösungen, Teil 5: Gebäude-Management, Teil 6: KI-Lösungen



Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Oberbürgermeister Marcus König und Eugenia Strasser halten gemeinsam die Auszeichungsurkunde.

Nürnberg: E-Government-Beauftragte der Stadt ausgezeichnet

[19.11.2024] Nürnbergs E-Government-Beauftragte, Eugenia Strasser, ist mit dem WIN-Award der Vogel IT-Akademie ausgezeichnet worden. Sie belegt somit den zweiten Platz als Woman of the Year 2024. mehr...

Illustration: Klemmbrett mit einem Formular und einem Stift daneben vor hellblauem Hintergrund.

Köln: Bürgerfreundliche Bescheide ausgezeichnet

[18.11.2024] Das Public Service Lab hat die Stadt Köln für ihr Projekt Formularwerkstätten mit dem Preis für gute Verwaltung 2024 ausgezeichnet. Das Kölner Innovationsbüro hilft Fachämtern dabei, Formulare verständlicher zu gestalten und so den Zugang zu staatlichen Angeboten zu verbessern. mehr...

Illustration: Symbolbild für den Public Sector. Mehrere klein dargstellte Menschen arbeiten zwischen einem überdimensionalen Laptop, Tablet und anderen Gegenständen.

Bitkom: Neuer Geschäftsbereich „Public Sector“

[15.11.2024] Der Digitalverband Bitkom strukturiert sich neu: Die Geschäftsbereiche „Public Sector“ und „Digitale Gesellschaft“ werden eigenständige Kompetenzbereiche. Themen wie Künstliche Intelligenz und Digitale Souveränität rücken stärker in den Fokus. mehr...

Historishcer Marktbrunnen der Stadt Eisenach, im Hintergrund das moderne Gebäude der Stadtverwaltung.
bericht

Immobilienmanagement: Stadt Eisenach setzt Maßstäbe

[11.11.2024] Eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen verpflichtet Kommunen zum sicheren Betrieb ihrer Immobilien. Die Stadt Eisenach hat durch Digitalisierung und Prozessoptimierung die Verwaltung ihrer Immobilien neu strukturiert. Dabei setzte die Kommune auf externe Unterstützung und internen Kompetenzaufbau. mehr...

Frau in blauem Pulli mit Handy in der Hand vor orangenem, darüber die Aufschrift: "Mach's jetzt online". Hintergrund

Brandenburg: Werbekampagne für Onlinedienste

[08.11.2024] Eine Werbekampagne soll Brandenburgerinnen und Brandenburger auf die bereits verfügbaren digitalen Verwaltungsdienste aufmerksam machen. Das Land stellt für Kommunen Printmaterialien und Downloads bereit, mit denen Bürgerinnen und Bürger ohne großen Aufwand über verfügbare Online-Dienste informiert werden können. mehr...

Rathaus Stadt Wiesbaden

Wiesbaden: Vernetzt zur digitalen Transformation

[05.11.2024] Die Stadt Wiesbaden ist dem Netzwerk NExT beigetreten, um durch Austausch mit über 2.000 Fachleuten innovative Ansätze für eine bürgerorientierte Verwaltung zu entwickeln und Best Practices anderer Städte zu nutzen. mehr...

Zweistöckiges Gebäude aus rotem Backstein mit Dachgauben, davor ein Parkplatz mit wenigen Autos und spärlicher Bepflanzung.

Brake: Gewerbesteuerbescheid wird digital

[29.10.2024] Die Stadt Brake (Unterweser) ist die erste Kommune Niedersachsens, die Gewerbesteuerbescheide digital über ELSTER versendet. Das Pilotprojekt von Axians Infoma und KDO zeigt, wie medienbruchfreie Verwaltungsprozesse die Verwaltung, aber auch die Steuerpflichtigen selbst entlasten können. mehr...

Aktuelle Temperaturverteilung in Frankfurt (Tag und Nacht)

Frankfurt am Main: Erweiterung für die Urbane Datenplattform

[28.10.2024] Die Stadt Frankfurt am Main hat ihre Urbane Datenplattform weiterentwickelt, diese ermöglicht jetzt auch den Zugang zu Echtzeitdaten über die Lufttemperatur. Die Plattform setzt auf die Smart-City-Lösung von ekom21, um Umwelt- und Klimadaten öffentlich zugänglich zu machen und um sich besser für anstehende Klimaveränderungen zu rüsten. mehr...

Illustration, Strickzeichnung schwarz auf weißem Grund mit vereinzelten farbigen Akzenten: Darstellung von Menschen, die sich vernetzen

NExT-Studie: Networking als Ressource

[28.10.2024] Netzwerken kann bei der Verwaltungstransformation ein echter Motor für Veränderungen sein. Empirisch erforscht ist dieser Effekt bisher noch nicht. Das will eine Studie des netzwerks NExT jetzt ändern. Für eine Online-Umfrage werden noch Mitwirkende gesucht. mehr...

Ansicht eines typisch westfälischen Fachwerkhauses von der Giebelseite, im Vordergrund Rasen.

Nordrhein-Westfalen: Ausflugsziele mit der App entdecken

[25.10.2024] Die App entdecke.nrw fördert den Regionaltourismus in Nordrhein-Westfalen und bietet Informationen zu über 500 Ausflugszielen. Nutzer können Orte wie Museen und Naturschutzgebiete entdecken, unterstützt durch eine praktische Umgebungssuche und einen integrierten Routenplaner. mehr...

Roundtable gezeichnet
bericht

Digitalisierung: Chancen nutzen, Herausforderungen meistern

[24.10.2024] Kommunen stehen zunehmend unter Druck, ihre Dienstleistungen digital anzubieten. Und es gibt durchaus ungenutzte Potenziale, die Bund, Länder und Kommunen erheblich entlasten könnten. mehr...

Ein Straßenschild mit dem Zusatz "Hochwasser" steht vor einer Wasserfläche im Abendlicht.

Nordrhein-Westfalen: Starkregenschutz aus der Hosentasche

[24.10.2024] In Nordrhein-Westfalen wurde eine App entwickelt, die Bürgern helfen soll, den Überflutungsschutz ihrer Häuser zu überprüfen und sich über Schutzmaßnahmen ihrer Kommune zu informieren. Die FloodCheck-App, bisher nur in ausgewählten Städten verfügbar, wird nun landesweit ausgerollt. mehr...

Bundes-CIO Markus Richter mit Mikro in der Hand auf einem Podium.

BMI: GovTalk 2024

[23.10.2024] Beim GovTalk 2024, organisiert vom BMI, diskutierten Expertinnen und Experten aus Bund, Ländern und Kommunen über zentrale Themen der Verwaltungsdigitalisierung. Anlass der Veranstaltung war die Vorstellung des eGovernment MONITOR 2024. Im Fokus standen digitale Identitäten und die Herausforderungen der föderalen Strukturen. mehr...

Cover der Studie des Fraunhofer IAO über Kita-Apps

Kita-Apps: Von der Zettelwirtschaft zur digitalen Kommunikation

[21.10.2024] Wie können Kita-Apps die Kommunikation zwischen Eltern und Kita verbessern? Eine Studie des Fraunhofer-Instituts IAO beleuchtet die Vorteile – von der Effizienzsteigerung über datenbasierte Entscheidungen bis hin zur erhöhten Resilienz in Krisenzeiten. Zudem liefert die Studie ein Vorgehensmodell für die Auswahl und Einführung von Kita-Apps. mehr...

OWL-IT: Mail-Signaturen automatisch verwalten

[21.10.2024] Seit Oktober ist OWL-IT neuer Cloud Solution Provider der Deutschen Verwaltungscloud. Nun stellte der Zweckverband seine Lösung Kritzel vor, die eine automatisierte und zentralisierte Verwaltung von E-Mail-Signaturen für Behörden und öffentliche Einrichtungen ermöglicht. Dadurch wird die Einhaltung von Compliance-Vorgaben erleichtert und die Effizienz der IT-Prozesse verbessert. mehr...