Schul-ITDigitaler durch Corona
Herr Koch, die Corona-Pandemie hatte gerade auf die Schulen massive Auswirkungen, Präsenzunterricht war erst einmal nicht mehr möglich – wie haben Sie diese erste Zeit der Pandemie an Ihren Kundenschulen erlebt?
Die IT-Ausstattung der Schulen, die wir betreuen, war im bundesweiten Durchschnitt auch vor Corona bereits sehr gut, die meisten Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler waren mit dem digitalen Arbeiten durchaus vertraut. Dennoch war der vollständige Ausfall des Präsenzunterrichts eine enorme Herausforderung für alle Lehrenden und Lernenden. Von Anfang an mussten grundlegende Fragen geklärt werden: Wie kann die Kommunikation zwischen Schule und Eltern sowie Schülern realisiert werden? Wie kommen Unterrichtsinhalte und Arbeitsmaterialien zu den Schülern – und wie wieder zurück? Und wie kann der persönliche Kontakt auf Distanz gewährleistet werden, um die Kinder und Jugendlichen in dieser schwierigen Zeit nicht alleine zu lassen?
Welche Herausforderungen waren bei den Schulen in Ihrem Verbandsgebiet zu stemmen?
Besonders anfänglich gestaltete sich die Kommunikation schwierig. Zwar verfügten die Lehrerinnen und Lehrer über technische Möglichkeiten, zu Hause oder in der Schule, aber häufig waren die E-Mail-Adressen der Erziehungsberechtigten nicht bekannt, sodass der Austausch über Telefonketten, Chat-Gruppen oder postalisch stattfand. Um hier alle Beteiligten zu unterstützen, hat die regio iT allen Schulen, nicht nur denen der betreuten Schulträger, die Lösung ucloud4schools kostenfrei zur Verfügung gestellt. Hierüber konnte schnell und einfach ein Dateiaustausch realisiert werden, ohne dass für Eltern oder Schüler ein Account vorhanden war. Zudem war über die ucloud eine Terminkoordination und Kommunikation möglich. Da bei einigen Schülern keine oder nicht ausreichend Endgeräte für alle Familienmitglieder verfügbar waren – denn auch die Eltern mussten im Homeoffice arbeiten –, wurden die Arbeitsmaterialien in einigen Fällen parallel auch noch in Papierform bereitgestellt. Schnell war klar: Die Schulen benötigen neben dem reinen Informationsaustausch auch eine Möglichkeit, sich intensiv mit den Schülerinnen und Schülern auszutauschen, um die persönliche Entwicklung begleiten oder individuelle Hilfestellungen geben zu können. Entsprechend schnell mussten auch hierfür Lösungen geschaffen werden, im Optimalfall eine möglichst unterrichtsnahe Alternative.
Wie konnten Sie hier unterstützen?
Während sich einige Schulen mit der Plattform Logineo behalfen, entdeckten andere die Anwendung Microsoft Teams für sich. Hier entwickelten wir mit einem schulischen Datenschutzbeaufragten ein Regelwerk, um den Datenschutz möglichst DSGVO-konform gewährleisten zu können. Für Schulen, für die Microsoft keine Lösung war, stellten wir mit Big Blue Button (BBB) eine Open-Source-Videokonferenzlösung bereit, anfangs ebenfalls wieder kostenlos. Mit BBB konnte ein interaktives Whiteboard genutzt werden, um die Anwesenheit der Schüler zu überprüfen und ihre Interaktion mit den Lehrenden über Video, Chat und Emojis zu ermöglichen. Schüler konnten virtuell aufzeigen und die Lehrenden mit BBB sogar virtuelle Lerngruppen organisieren. Auch wenn diese technischen Lösungen sicherlich nicht alle Probleme beheben konnten, haben sie zumindest deutlich zu einer Entspannung der Lage beigetragen und so etwas wie Alltag ermöglicht.
Anfang April 2023 erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Corona-Pandemie dann nach drei Jahren offiziell für beendet. Was ist in den Schulen geblieben vom Digitalisierungsbooster Corona?
Die Schulen sind seit der Corona-Pandemie viel digitaler geworden. Während der schulische Alltag längst wieder in Präsenz stattfindet, führen zahlreiche Schulen ihre digitalen Angebote aus der Pandemie fort und entwickeln diese auch weiter. Von der Online-Plattform über die technische Ausstattung bis hin zur Schärfung der digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte.
„Die digitale Entwicklung der Schulen muss auch nach dem Corona-Versuchsfeld professionell begleitet werden.“
Was genau kommt bei Ihnen als digitalem Enabler an?
Bei den Grund- und Förderschulen hat eine massive Verschiebung stattgefunden – weg vom klassischen PC-Raum hin zu iPads, gerne in Verbindung mit interaktiven Tafeln. Das Thema WLAN hat ebenfalls einen enormen Schub erlebt, leider nicht immer ohne Störgeräusche. Die Infrastrukturen waren trotz der Förderprogramme nicht immer auf Anhieb auf die neuen Gerätemassen vorbereitet. Aber auch diese Hürde haben wir genommen, heute sind nahezu alle Endgeräte im produktiven Einsatz. Darüber hinaus hat Corona zu einer Verbreitung von Cloud-Anwendungen geführt. Über 33 Prozent unserer Kundenschulen benutzen Microsoft 365. Heute können wir Notebooks ganz unabhängig davon administrieren, wo auf der Welt sie sich gerade befinden.
Was hat sich für Sie im Unternehmen verändert, wo mussten Sie selbst Gewohntes neu denken?
Vor dem Hintergrund der Pandemie haben wir bereits 2021 unseren Bereich „Digitale Bildung“ neu aufgestellt, im Folgejahr dann mit dem Center „Education Development“ Ressourcen gebündelt sowie Experten-Teams gebildet. So konnten wir Arbeiten zentralisieren und automatisieren. Die Mitarbeitenden im Support wurden stark entlastet, um sich intensiv um die Belange des Lehrpersonals vor Ort kümmern zu können. Und natürlich ist die Mannschaft auch deutlich gewachsen. Damit das Potenzial der IT im Unterricht voll ausgeschöpft werden kann, bieten wir in Zusammenarbeit mit der Firma cogniport Fortbildungen an, um die technischen Fähigkeiten der Lehrenden zu stärken. Gestern war das Whiteboard noch neu, heute schon hält die Künstliche Intelligenz (KI) mit ChatGTP Einzug ins Klassenzimmer. Die Lernkurve ist weiterhin hoch, es bleibt also spannend.
Ihre Wünsche für die Zukunft?
Sofort-Programme in der Krise sind richtig und wichtig. Aber die digitale Entwicklung der Schulen muss auch nach dem Corona-Versuchsfeld professionell geplant, organisiert, moderiert und begleitet werden. Hierbei greift vieles ineinander: IT-Infrastruktur und technische Ausstattung, digitale Werkzeuge und Medien, neue didaktische Konzepte und veränderte Kompetenzen. Ganz entscheidend ist auch, wie eng die Akteure zusammenwirken, im Alleingang macht man kein gutes Spiel. Und schließlich ist es eine politische und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, unsere digitale Welt zu gestalten. Bildung ist einer von vielen Lebensbereichen, die modelliert werden müssen – aber hier wird im besonderen Maße über unsere Zukunft entschieden.
https://cogniport.de
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Mai 2024 von Kommune21 im Schwerpunkt Schul-IT erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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