GelsenkirchenKI meets Ordnung
Vandalismusschäden an Spielgeräten, Scherben im Spielsand, Hunde auf Spielplätzen. Alles Phänomene, die – gerade in Großstädten – bekannt und auf so genannte Fehlnutzungen von öffentlichen Spielflächen zurückzuführen sind. Regelungen zur Nutzung solcher Flächen, wie Spielplätze oder Schulhöfe, finden sich oftmals in den örtlichen ordnungsbehördlichen Verordnungen. Diese legen beispielsweise die Nutzungszeiten fest. Bei Verstößen gegen diese Regelungen werden die Ordnungsbehörden tätig, in den Großstädten Nordrhein-Westfalens sichtbar durch den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD). Wie in vielen anderen Ruhrgebietskommunen war es auch in Gelsenkirchen gängige Praxis, durch eine Intensivierung der Streifen des KOD den Fehlnutzungen auf den Spielplätzen und Schulhöfen entgegenzuwirken. Oftmals war der KOD aber gerade dann nicht vor Ort, wenn diese Fehlnutzung erfolgte. Die Bestreifung war ineffizient, wichtige personelle Ressourcen wurden unnötigerweise gebunden. Vor dieser Ausgangslage entstand in Gelsenkirchen das Projekt KI meets Ordnung. Zentrale Frage war: Kann die Stadt Digitalisierung einsetzen, um die Streifen des KOD effizienter zu gestalten? Um dies zu beantworten, wurde das Know-how der Vernetzten Stadt – Gelsenkirchen ist Digitale Modellkommune – mit dem des Referats Öffentliche Sicherheit und Ordnung und eines externen Dienstleisters gebündelt und gemeinsam wurden verschiedene Überlegungen für diesen Use Case angestellt.
Radartechnologie und Künstliche Intelligenz
Zunächst war angedacht, solche Fehlnutzungen durch eine Kombination aus Videoüberwachung und Edge Computing (die dezentrale Datenverarbeitung direkt an der Kamera) zu identifizieren und dann eine Meldung an den kommunalen Ordnungsdienst oder dessen Leitstelle abzusetzen. Diese Lösung ließ sich jedoch aufgrund datenschutzrechtlicher Beschränkungen nicht realisieren. In der Projektgruppe wurde daher nochmals überlegt, welche Informationen konkret benötigt werden, um eine Fehlnutzung, wie zum Beispiel einen Aufenthalt außerhalb der zulässigen Zeiten, zu erkennen. Es ist für diesen Anwendungsfall nämlich nur wichtig zu wissen, dass sich gerade eine Person unerlaubt auf den Spielflächen aufhält; weitere personenbezogene Informationen sind nicht erforderlich. Unter dieser Prämisse entstand die Idee, für das Erkennen von Fehlnutzungen Radartechnologie einzusetzen, wie sie aus der Schifffahrt und dem Flugverkehr bekannt ist. Vorteil dieser Lösung: Radartechnologie ist datenschutzkonform, es werden keine personenbezogenen Daten erhoben. In der Praxis werden durch die Radargeräte auf den Spielflächen große Datenmengen generiert, die auf einer Urbanen Datenplattform (UDP) landen. An dieser Stelle kommt nun die Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Sie hilft dabei, die großen Datenmengen anhand bestimmter Parameter, wie beispielsweise Aufenthaltsdauer, Bewegungsrichtungen oder Festlegung von individuellen Überwachungsgrenzen, zu qualifizieren. So lässt sich mithilfe der KI einfacher unterscheiden zwischen Personen, die eine Spielfläche überqueren und Personen, die sich tatsächlich auf den Flächen aufhalten – denn nur letzteres begründet ein Tätigwerden des Kommunalen Ordnungsdienstes.
Keine unnötigen Streifengänge mehr
Wird eine Fehlnutzung als solche identifiziert, wird automatisch eine E-Mail an die Leitstelle des KOD generiert. Von dort wird der Ordnungsdienst über das Digitale Auftragsmanagement zum Einsatzort entsendet. Er sucht die Örtlichkeiten in den Abendstunden also nur noch dann auf, wenn konkrete Fehlnutzungen identifiziert wurden, weitere – unnötige – Streifengänge entfallen.
Die technischen Anforderungen an die Inbetriebnahme eines Standorts sind gering. Zwingend benötigt werden lediglich eine Dauerstromversorgung für die Radargeräte, eine Internet-Übertragung (eine Mobilfunk SIM-Karte ist hier ausreichend) sowie eine Urbane Datenplattform, an welche die Informationen übertragen werden können. In Gelsenkirchen wurde der Einsatz von KI in der Ordnungsarbeit in Verbindung mit Radartechnologie im Jahr 2022 an sechs Projektstandorten – Spielplätze und Schulhöfe – erprobt. Ende des vergangenen Jahres hat die Stadtverwaltung eine erste Bilanz des Pilotprojekts gezogen. Demnach haben Technik und Workflow während des Erprobungszeitraums stabil und zuverlässig funktioniert und nur einen geringen Wartungsaufwand erfordert. Die Stadt kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Technologie einen positiven Einfluss auf die Ordnungslage an den Standorten hatte und vermutlich einen Abschreckungseffekt mit sich bringt. Auch ist der gewünschte Effekt eingetreten, dass die Streifgänge des Kommunalen Ordnungsdienstes effizienter geworden sind. Der Einsatz von Digitalisierung und KI ist daher auch in der Ordnungsarbeit sinnvoll, allerdings ist hierbei Aufklärungsarbeit wichtig (welche Technik kommt zum Einsatz?).
Ausweitung auf weitere Standorte geplant
Die Stadt Gelsenkirchen hat die Standorte aus dem Pilotprojekt in den Regelbetrieb übernommen. Noch im Laufe dieses Jahres sollen weitere Standorte hinzukommen, zudem wurden weitere Use Cases entwickelt. So soll der Einsatz der erprobten Technologie in Ergänzung um Videotechnik (nur punktuelle Aufzeichnungen) bei illegalen Müllablagerungen erprobt werden. Darüber hinaus sollen neben der standortfesten Technik künftig auch mobile Lösungen getestet werden.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2024 von Kommune21 im Schwerpunkt Künstliche Intelligenz erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Sicos BW: Offen für neue Technologien
[22.11.2024] Der Einsatz von Virtual Reality und Augmented Reality in der Verwaltung kann die Qualität von Entscheidungen deutlich verbessern, sagt Andreas Wierse. Kommune21 sprach mit dem Geschäftsführer von Sicos BW über die Einsatzmöglichkeiten der Technologie in Kommunen. mehr...
Axians Infoma: Der Innovationspreis 2024 ist vergeben
[19.11.2024] Die Gewinner des Axians Infoma Innovationspreises 2024 stehen fest. Den Hauptpreis gewann die Kreisbaugruppe Rems-Murr-Kreis-Immobilien-Management für ihr digitales Schadensmanagement. Auch wurden zwei Finalisten aus Österreich und Niedersachsen geehrt. mehr...
Ceyoniq: Update für nscale
[05.11.2024] Mit Version 9.3 hat Softwareanbieter Ceyoniq das nächste Update seiner Content-Management-Lösung nscale veröffentlicht. Neuerungen gibt es unter anderem in der automatisierten Rechnungsverarbeitung, bei digitalen Signaturen, in den Grundfunktionen oder dem nscale-Webclient. mehr...
Kempen: IT-Safe ersetzt Serverraum
[15.10.2024] Mit der Onsite-Colocation-Lösung des Anbieters Prior1 kann die Stadt Kempen ihre Systeme künftig in einem hochsicheren IT-Safe betreiben. mehr...
Schorndorf: Wir Spinner aus der Digitalisierung
[10.10.2024] Als Chief Digital Officer (CDO) der Stadt Schorndorf in Baden-Württemberg hat Philipp Stolz ChatGPT eingeführt und für den Umgang damit eine Dienstanweisung verfasst. Die Mitarbeiter durchlaufen eine Schulung und sind begeistert. mehr...
Disy/Ionos: Datensouveräne Umgebung
[07.10.2024] Das Karlsruher Unternehmen Disy Informationssysteme und der Cloudanbieter Ionos haben eine Kooperation gestartet, um innovative und datenschutzkonforme Software-as-a-Service-Lösungen anzubieten. mehr...
Vitako/KGSt: Praxisleitfaden für generative KI
[12.09.2024] Einen Leitfaden für den Einsatz von generativer KI in Kommunalverwaltungen haben KGSt und Vitako erarbeitet. Der Fokus liegt auf der Integration von LLM-Tools in den Verwaltungsalltag. mehr...
Interview: KI-Entwicklung mitgestalten
[04.09.2024] Im Interview erklärt Michael Neubauer, Gründer des Start-ups Gov-KI, welche Potenziale er im Einsatz Künstlicher Intelligenz sieht und warum die öffentlichen Rechenzentren sich die Chance nicht entgehen lassen sollten, bei der KI-Entwicklung mitzuwirken. mehr...
München: Bearbeitungsstatus per QR-Code abfragen
[30.08.2024] Schnell, sicher und bequem können die Bürgerinnen und Bürger in München über einen personalisierten QR-Code den Bearbeitungsstatus beantragter Ausweisdokumente online abfragen. mehr...
Digitale Souveränität: Die Kontrolle behalten
[29.08.2024] Die Wahl des richtigen Cloudanbieters ist entscheidend, um die digitale Souveränität zu erhöhen. Darüber hinaus minimieren ein Multicloudansatz und Open Source Software die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern. mehr...
Konstanz: Low-Code-Plattform für die Verwaltung
[29.08.2024] Die Konstanzer Stadtverwaltung plant die Einführung einer Low-Code-Plattform, um digitale Anwendungen künftig mit geringem manuellen Programmieraufwand erstellen zu können. Ein Pilotvorhaben war zuvor erfolgreich verlaufen. mehr...
Dortmund: Daten für den Digitalen Zwilling
[28.08.2024] Mit Kameras und Laserscannern wird derzeit der gesamte Straßenraum Dortmunds erfasst. Die hochauflösenden, georeferenzierten 3D-Panoramabilder bilden zusammen mit bereits erstellten Luftbildern die Datengrundlage für den Digitalen Zwilling der Stadt. mehr...
Döhlau: IT-Sorgen los
[26.08.2024] In Döhlau wurde die komplette IT-Infrastruktur vor rund drei Jahren in die Cloudlösung der AKDB-Tochter LivingData ausgelagert. Sorgen über veraltete Hardware, Sicherheitslücken und Ausfälle gehören in der oberfränkischen Gemeinde seitdem der Vergangenheit an. mehr...
Potsdam: Aufenthaltstitel online beantragen
[22.08.2024] Eine neue digitale Antragsstrecke bietet das Potsdamer Migrationsamt an. Personen ohne deutschen Pass können ihren Aufenthaltstitel damit online beantragen oder verlängern. Der Service steht in acht Sprachen zur Verfügung. Ein persönlicher Termin beim Amt bleibt erforderlich. mehr...
Governikus: ID Panstar SDK steht als Open Source bereit
[22.08.2024] Das ID Panstar SDK von Governikus ist ab sofort als Open Source verfügbar. Auf der Plattform Open CoDE können Diensteanbieter das SDK frei nutzen und ihre Services in eID-Infrastrukturen integrieren. mehr...