Kreis HofStadtplanung erleben
Der oberfränkische Landkreis Hof hat sich mit dem Smart-City-Modellprojekt hoferLand.digital das Ziel gesetzt, mithilfe digitaler Technologien neue Wege in der Stadt- und Regionalentwicklung zu gehen. Dabei setzt die Kommune auch auf innovative Virtual-Reality (VR)-Anwendungen, die nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern ein interaktives Erlebnis bieten sollen, sondern auch die Verwaltung bei Planungsprozessen unterstützen können. „Die Digitalisierung bietet uns die Chance, Prozesse mit großer Transparenz und sehr bürgernah zu gestalten“, erläutert Landrat Oliver Bär. Drei konkrete Projekte zeigen, wie der Landkreis Hof Virtual Reality nutzt, um Beteiligungsverfahren zu fördern, Stadtplanung zu visualisieren und historische Entwicklungen sichtbar zu machen.
In Zusammenarbeit mit der Hochschule Hof entwickelt der Landkreis zum Beispiel eine VR-Simulation zur Stadtplanung. Darin sollen Bürger die Möglichkeit erhalten, aktiv Maßnahmen zur nachhaltigen Gestaltung ihrer Ortschaften in einer virtuellen Umgebung zu erproben. „Viele Bürgerinnen und Bürger sowie Kollegen der kommunalen Verwaltungen sind mit dem Thema virtuelle Realität noch gar nicht in Berührung gekommen. Man muss so eine Brille aber mal aufgesetzt haben, um die immersive Wirkung zu verstehen“, erklärt Projektkoordinatorin Vanessa Wagner den Ansatz. „Das Projekt macht VR erlebbar und zeigt gleichzeitig auf, wie diese in der Stadtentwicklung genutzt werden könnte“, ergänzt hoferLand.digital-Programmleiter Hermann Seiferth.
Bürgerkommunikation wird grundlegend verändert
Digitale Abbilder ausgewählter Orte ermöglichen es den Nutzenden, Maßnahmen wie das Pflanzen von Bäumen, die Platzierung von Photovoltaikanlagen auf Dächern oder die Einrichtung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge virtuell zu planen und deren Auswirkungen unmittelbar zu erleben. Die Nutzer erkennen direkt, wie sich ihre Maßnahmen auf das Stadtbild und auf Aspekte wie Energieeinsparungen oder Klimaanpassung auswirken. So sehen die Bürger beispielsweise in Echtzeit, wie der Schattenwurf eines neu gepflanzten Baums im Sommer für Abkühlung sorgt oder wie eine Windkraftanlage das Stadtbild beeinflusst. „Indem Bürger diese Veränderungen in der VR erfahren, können sie sich fundierter eine Meinung bilden, gleichzeitig schaffen wir einen Lerneffekt hinsichtlich der VR an sich“, so Wagner.
Um die Anwendungen testen zu können, gibt es in einem ersten Schritt eine fiktive Stadt, in welcher der Nutzer
zunächst an die VR herangeführt wird und sich ausprobieren kann. In einem zweiten Schritt besucht er anschließend virtuell zwei tatsächliche Orte im Landkreis Hof und kann dort die Anwendungen in einer real existierenden Umgebung erleben. „Perspektivisch können solche Anwendungen die Bürgerkommunikation grundlegend verändern. Die geplante Maßnahme wird nicht nur visuell sichtbar, sie wird in ihrem Ausmaß erlebbar“, meint Hermann Seiferth.
Auch beim zweiten Projekt geht es um die Erlebbarkeit von Planungen: hoferLand.digital baut einen Digitalen Zwilling des gesamten Landkreises mit seinen 27 Städten und Gemeinden auf. Dabei handelt es sich um eine realitätsgetreue, virtuelle Kopie des Landkreises, die mit unterschiedlichen Daten und Anwendungen unterlegt ist. Darin wird es den so genannten Fußgängermodus geben, bei dem sich die Nutzer virtuell durch den Zwilling bewegen. Geplant ist, diesen Modus auch mittels VR-Brille mit 360-Grad-Rundumblick anzubieten.
Fußgängermodus und Mixed Reality
„Im Digitalen Zwilling haben wir die Möglichkeit, ein geplantes Gebäude vorab zu visualisieren. Mittels VR-Brille und dem Fußgängermodus lässt sich virtuell erleben, wie das Gebäude das Stadtbild verändert“, erläutert Vanessa Wagner. Sichtachsen rund um das Gebäude, aber auch Aussichten aus dem Gebäude heraus könnten so vorab nachvollzogen werden. Auch Emissionen wie Lärm oder der Schattenwurf eines Gebäudes können simuliert werden. „Der Nachbar kann mittels VR nachvollziehen, wie sein Empfinden im heimischen Garten mit dem Neubau nebenan sein wird“, erklärt Programmleiter Hermann Seiferth.
Perspektivisch könnte die VR-Brille für die Mitarbeitenden der Verwaltung auch bei Vor-Ort-Terminen, beispielsweise bei Baustellenbegehungen, eine große Unterstützung sein. Mit Mixed Reality können die virtuelle und die reale Umgebung kombiniert werden, sodass digitale Inhalte nahtlos in die reale Welt eingebettet werden. Auf diese Weise könnten beispielsweise bei besagter Baustellenbegehung im Digitalen Zwilling hinterlegte Daten georeferenziert visualisiert werden. „Die reine Visualisierung ist heute schon mittels Augmented Reality am Tablet oder Handy möglich. Mit Mixed Reality könnten diese Planungen vor Ort live angepasst werden“, blickt Projektkoordinatorin Vanessa Wagner in eine mögliche Zukunft.
VR-Anwendungen unterstützen aber nicht nur beim Blick in die Zukunft, sondern helfen auch, die Geschichte eines Ortes zu verstehen. So entwickelt der Landkreis Hof gerade zusammen mit der Firma TimeRide das innovative Projekt „VR-Führung im Deutsch-Deutschen Museum Mödlareuth“.
Geschichte lebendig machen
Das Freiluftmuseum zeigt heute noch die teils originale Grenzanlage aus der Zeit, als Mödlareuth ein geteiltes Dorf war. An verschiedenen Orten im Außengelände des Museums setzen die Besucherinnen und Besucher im Rahmen einer Führung VR-Brillen auf, die ihnen eine realistische Zeitreise ermöglichen: Sie können so unmittelbar am historischen Schauplatz Szenen aus der Zeit der deutschen Teilung wie etwa eine Fluchtsituation hautnah miterleben.
Eine Anwendung, die sich auch auf andere historische Gegebenheiten übertragen lässt. „Mittels historischer Karten und Bildern oder sogar mit sehr frühen Filmaufnahmen könnten VR-Filme zur historischen Entwicklung von Städten entwickelt werden. Bei der Stadtführung kann ich so auf dem Marktplatz stehen und mir anschauen, wie der gleiche Ort vor einhundert Jahren aussah“, erklärt Vanessa Wagner. Auch hier könnte Mixed Reality zum Einsatz kommen. „Bei Fragen der Stadtentwicklung hilft manchmal auch ein Blick in die Vergangenheit. Ein Bach, der früher offen lag und heute nur noch unter der Straße verläuft, kann wieder freigelegt werden. Bilder, die Impulse geben können“, so Wagner.
„VR-Anwendungen bergen auch im Bereich der Bürgerbeteiligung großes Potenzial“, fasst Landrat Oliver Bär zusammen. „Wichtig ist das Zusammenspiel aus Datengrundlage, Datenverarbeitungsmöglichkeiten und den Visualisierungsinstrumenten“, ergänzt Vanessa Wagner. Daran arbeite der Landkreis derzeit und plane, mit der Urbanen Datenplattform, dem Digitalen Zwilling und den Dashboards spätestens im kommenden Jahr live zu gehen. Darauf aufbauend könnten dann die weiteren Anwendungen ausgerollt werden. „Wenn das Fundament steht, werden VR-Anwendungen in der Kommunikation, aber auch in der Planung ganz neue Maßstäbe setzen können“, ist Projektkoordinatorin Wagner überzeugt.
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