Geodaten-Management3D-Modell simuliert Risiken
Starkregen, Gewitter, Sturmfluten – immer wieder zeigt sich, wie wenig Städte und Gemeinden auf derartige Extremwetterereignisse vorbereitet sind. Bei solchen lokal oft sehr begrenzten Unwettern werden Straßen und Keller meist innerhalb weniger Minuten überflutet, Bahngleise unterspült und Schachtdeckel sowie andere Infrastruktur weggeschwemmt. Die in vielen deutschen Kommunen in die Jahre gekommenen Kanalisationssysteme überlasten und der Boden kann durch die stetig ausgeweitete Flächenversiegelung nicht genug Wasser aufnehmen.
Die Folge sind milliardenschwere Schäden an privatem Eigentum sowie der öffentlichen Infrastruktur und immer wieder auch Personenschäden. Versicherungen verzeichnen kontinuierlich steigende Schadenssummen. Klimaforschende bestätigen, dass die Häufigkeit, Intensität und Dauer von Extremwetterereignissen weiter zunehmen wird − und jede Kommune kann betroffen sein. Wo und wann diese Ereignisse auftreten, lässt sich kaum vorhersagen.
Mit digitalem Zwilling Gefährdungsmerkmale erkennen
Die Kommunen sind für einen ausreichenden Überflutungsschutz nach DIN EN 752 zuständig und müssen bei der Planung von Entwässerungs- und Ableitungsmaßnahmen für Baugebiete das von angrenzenden Geländen abfließende Niederschlagswasser berücksichtigen. Schutzkonzepte und Lösungen, mit denen sich das Risiko-Management für Starkregen- und Hochwasserereignisse verbessern lässt, sind daher dringend erforderlich.
In einem aktuellen Whitepaper erläutert das Berliner Unternehmen eagle eye technologies, ein Technologieführer für die hochpräzise mobile Straßendatenerfassung, wie etwa ein digitaler Zwilling des Straßenraums helfen kann, Risiken besser einzuschätzen und zu reduzieren. Denn vermessungsgenaue 3D-Straßendaten ermöglichen eine zuverlässige Simulation von Starkregenereignissen in einer Kommune. „Anhand eines präzisen, digitalen Abbilds des Straßenraums kann beispielsweise genau bestimmt werden, bei welchen Regenmengen Unterführungen oder unterirdische Parkflächen überflutet werden oder ob erhöhte Bruchkanten helfen könnten, das Wasser gefahrlos abzuführen“, erklärt Johannes Ludwig, Geschäftsführer von eagle eye technologies. Die einmal erfassten Daten bieten den Kommunen zudem reichhaltige Synergieeffekte, die ihre Nutzung und damit die Beschaffungskosten mehrfach aufwiegen.
Unter Einsatz modernster High-Tech-Messfahrzeuge und KI-Prozessen soll gerade Kommunen, die ihre Gefährdungslage noch nicht ausreichend ermittelt haben, eine Methodik zur Optimierung ihres Schutzes vor den Folgen von Starkregen bereitgestellt werden. Zunächst muss erfasst werden, ob und wo Gefährdungsmerkmale vorhanden sind, selbst wenn die Kommune in der Vergangenheit noch nie von derartigen Ereignissen betroffen war. Das Whitepaper zeigt in diesem Zusammenhang auf, welche Methoden und Möglichkeiten die moderne Straßendatenerfassung bietet.
Oberflächendaten exakt ermitteln
Softwaregestützte Simulationsverfahren sind für die Risikoanalyse unerlässlich. Zur Berechnung eines geeigneten Modells und einer zuverlässigen Simulation der Abflusswege ist es im ersten Schritt erforderlich, die Oberflächendaten exakt zu ermitteln. Amtliche digitale Oberflächenmodelle (DOM) oder auf Befliegungen basierende 3D-Stadtmodelle sind aufgrund ihrer Auflösung und Genauigkeit als Datengrundlage für Fließsimulationen unzureichend. Mit der Erstellung eines digitalen Zwillings durch eine vermessungstechnische Straßenbefahrung mit dem eagle-eye-Verfahren erhält man hingegen ein besonders detailreiches DOM. Aus diesem werden 3D-Datenmodelle berechnet, die in Simulationen für das Fließverhalten von Oberflächenwasser eingehen.
Mit hochauflösenden digitalen Messkameras wird die Infrastruktur photogrammetrisch und mit Präzisionslaserscannern als 3D-Punktwolke aufgenommen. Die Bild- und Scandaten werden anschließend vom eigenen Ingenieur-Team sowie qualifizierten Partnern ausgewertet. In Verbindung mit der selbstentwickelten eagle-eye-Navigationslösung wird ein DOM mit einer sehr hohen Punktdichte erzeugt. Diese ist weit höher als beim Airborne Laserscanning. Hydrodynamisch relevante Flächen, Punkt- und Linienobjekte, wie Bordsteinober- und -unterkanten, Einfahrten oder Abläufe, können zentimetergenau – entsprechend der Richtlinie für die Anlage von Straßen (RAS), Teil Vermessung (RAS-Verm, aktuelle Ausgabe von 2001, FGSV Verlag) – in Lage und Höhe erfasst werden.
Die Ursprungsdaten des digitalen Zwillings bilden die für eine leistungsfähige Simulation notwendigen Modellierungsdaten. Sie enthalten alle relevanten Informationen, sind aber gleichzeitig bereinigt, um den Datenumfang der rechenintensiven Simulation nicht unnötig zu vergrößern. Die Befahrungsdaten steigern die Effizienz und Aussagekraft der errechneten Modelle für die Starkregengefahrenanalyse entscheidend. Zusätzlich erübrigen sich damit ressourcenintensive Vor-Ort-Begehungen.
Vielfältige Anwendungspotenziale
Die Stadtentwässerung Herne beauftragte eagle eye technologies mit der präzisen Erfassung der Straßeninfrastruktur, um darauf aufbauend eine Starkregengefahrenanalyse vorzunehmen. Die vielfältigen Anwendungspotenziale der gewonnen Daten spielten eine bedeutende Rolle für die Stadt, da die Daten die Grundlage für das Straßenzustandskataster bilden. Die in Herne aufgenommenen Befahrungsdaten hatten eine Genauigkeit, die durchgehend unter einem Zentimeter lag. Da das flexible eagle-eye-Datenmodell passgenau auf die eingesetzte Simulationssoftware zugeschnitten wurde, konnte ein optimales Simulationsergebnis erzielt werden.
Auf Basis der Daten konnte das Unternehmen Gelsenwasser den Wasserstand wirklichkeitsgetreu berechnen und es konnte eine wirtschaftliche Maßnahmenplanung für den Überflutungsschutz erfolgen. Das Whitepaper bietet weitere Informationen über den Projektverlauf und die in der Stadt Herne umgesetzten Maßnahmen. Der Leser erfährt überdies, wie die vorgestellten Methoden bei der Stadtentwässerung Peine angewandt wurden, um Überflutungswahrscheinlichkeiten im Stadtteil Rosenthal zu berechnen.
Grundlage für eine klimaneutrale Smart City
Mit der Erfassung hochgenauer Straßendaten mit dem eagle-eye-Verfahren steht eine Methode zur Verfügung, um das Risiko-Management bei urbanen Sturzfluten nachhaltig zu verbessern. Kommunen können damit sehr schnell effektive Maßnahmen zur Überflutungsvorsorge, wie zum Beispiel den Einsatz von Pumpen, identifizieren. Eine derartige Vorgehensweise ist langfristig wesentlich günstiger als etwa der Bau neuer Abwasseranlagen oder die Schäden durch Starkregenereignisse unvorbereitet in Kauf zu nehmen. Die digitalen Geo-Zwillinge ermöglichen nicht nur eine valide Risikoeinschätzung, sondern bilden die Grundlage für eine umweltgerechte, klimaneutrale Smart City der Zukunft.
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Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2022 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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