Donnerstag, 5. Dezember 2024

IT-InnovatorenAbschalten ohne Auszeit?

[10.12.2015] Soziale Medien gehören für die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger nicht nur zum Arbeitsalltag. Auch nach Feierabend muss sie dort präsent sein. Trotz dieser Verantwortung und einem vollen Terminkalender bleibt sie im Gleichgewicht – und das zeitgemäß.
Die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger digitalisiert angemessen.

Die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger digitalisiert angemessen.

(Bildquelle: Hubert Lankes)

Es ist 17.30 Uhr. Landrätin Tanja Schweiger sitzt an ihrem Besprechungstisch im Regensburger Landratsamt – und trinkt Tee. „Als Landrätin hat man nicht viel Zeit für Hobbies“, sagt sie. „Deshalb ist es wichtig, den Ausgleich im Job zu finden.“ Trotz – oder gerade wegen – ihres gut gefüllten Kalenders, nimmt sie sich deshalb für jeden Termin die Zeit, die es braucht, um zu einem Ergebnis zu kommen. „Das führt zwar dazu, dass ich nicht immer ganz pünktlich bin, dafür weiß aber jeder im Anschluss, was er zu tun hat, oder wie es weitergeht. Jeder Termin ist somit eine runde Sache und hinterlässt ein gutes Gefühl.“ Allzeit ansprechbar sind der Kreis und die Landrätin in den sozialen Medien. Mit 5.000 Freunden hat Tanja Schweiger bei ihrem Facebook-Profil sogar die dort mögliche Höchstzahl an Fans erreicht. Dass sie im Jahr 2009 in das soziale Netzwerk gestartet ist, hat Harald Hillebrand, heute im Kreis Regensburg verantwortlich für den Inhalt der sozialen Medien, einige Überzeugungsarbeit gekostet. „Bis dato war ich nur bei Xing“, erläutert die Landrätin. „Zu meiner Examenszeit war das nämlich die Plattform, um beruflich zu netzwerken.“ Dort hat sie auch Harald Hillebrand kennengelernt. „Ein absoluter Social-Networker, der bald mein Mitarbeiter wurde. Er hat so lange für die sozialen Netzwerke argumentiert, bis er mich überzeugt hat.“ Heute ist die Landrätin mit Profilen in Facebook, Twitter, YouTube, LinkedIn Google+ und Seniorbook vertreten.

Alles im Blick

Facebook gehört für Tanja Schweiger zwischenzeitlich zum Arbeitsalltag. Es ist keine Ausnahme, dass sie dort Nachrichten mit den unterschiedlichsten Anliegen erhält. „Facebook hat sich im Kreis Regensburg als Kommunikationskanal wie E-Mail, Telefon oder der Postweg etabliert“, sagt Schweiger. Um auf dem aktuellen Stand zu bleiben, ruft sie ihre Facebook-Präsenz deshalb im Tagesverlauf regelmäßig auf. Die unterschiedlichen Nachrichten und Anfragen beantwortet aber meist ihr Ghostwriter, wie sie Harald Hillebrand nennt. Er hat auch alle anderen Social-Media-Kanäle der Landrätin und des Kreises im Blick – auch am Wochenende. „Wenn eine Diskussion hochkochen sollte, weiß ich, dass er alles stehen und liegen lässt und stundenlang nichts anderes als Krisen-Management betreibt. Es ist wichtig, dass der Social-Media-Verantwortliche den Überblick hat“, sagt Schweiger. „Schließlich geht es hier um die Öffentlichkeitsdarstellung des Kreises. Da darf ein Shitstorm auf der Seite nicht unbemerkt bleiben, nur weil Feierabend oder Wochenende ist.“

Social Media innerhalb der Möglichkeiten

Zeit für Auszeit bleibt in den sozialen Medien also nicht. Trotzdem können die entsprechenden Plattformen nur neben dem Tagesgeschäft gepflegt werden. Pragmatisch werden Facebook, Twitter und Google+ deshalb mit Links auf Pressemitteilungen bestückt. Videos, die der Regionalsender ohnehin gedreht hat, werden im YouTube-Kanal gezeigt. „Das ist nur ein kleiner Beitrag zum Social Networking“, weiß Schweiger. „Wenn wir das schöner und besser machen wollten, müssten wir mindestens eine halbe Arbeitskraft binden und das geht im Moment nicht. So aber kann uns der Bürger in den sozialen Medien immerhin finden und ansprechen.“ Social Media sollten Kommunen vor allem dazu nutzen, um die Bürger zu informieren. „Nicht im Sinne des klassischen Behördenwegweisers – der ist meines Erachtens weiterhin auf der Website gut aufgehoben“, kommentiert die Landrätin. „Via Facebook lässt sich aber beispielsweise gut über Öffnungszeiten, neue Dienstleistungsangebote oder Aktionen informieren. Angebote, die auf der Website allein nicht bemerkt würden, können so bekannt gemacht werden.“ Ein privates Profil pflegt die Landrätin übrigens nicht. Allerdings nutzt sie Facebook hin und wieder, um persönliche Nachrichten an Kollegen zu senden: „Manchmal ist das der schnellere Weg, um Kontakt aufzunehmen.“

Einsatz für Breitband-Ausbau

Während Harald Hillebrand für die zeitgemäße Kommunikation mit den Bürgern sorgt, setzt sich die Landrätin für eine zeitgemäße Breitband-Anbindung ein: „Als ich im Jahr 2007 in die Politik gegangen bin, war die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet das erste Thema, mit dem ich zu tun hatte. Der damalige Wirtschaftsminister Erwin Huber sagte noch, dass das eine Aufgabe für die Privatwirtschaft und nicht für den Staat ist. Die Freien Wähler sahen das anders, weil sie die digitale Spaltung zwischen Städten und ländlichen Räumen fürchteten.“ Zwischenzeitlich habe die bayerische Staatsregierung das Thema Breitband auf vernünftige Beine gestellt. Im Kreis Regensburg geht der Ausbau flächendeckend koordiniert voran. Dadurch konnten unter anderem sehr günstige Ausschreibungspreise erreicht werden, die auch dünn besiedelten Gemeinden zugutekamen.

Geschlossenes Vorgehen

Trotzdem gibt es noch immer weiße Flecken in den Kommunen. Zwar sind alle Gemeinden im Verfahren, aber es kann auch sein, dass einzelne Weiler außen vor sind. „Wenn eine Gemeinde einen Weiler nicht mit eingebracht hat, wissen wir davon teilweise gar nichts“, erklärt Schweiger. „Die bayerische Staatsregierung muss beim Förderprogramm noch einmal nachbessern.“ Das betrifft beispielsweise den Eigenanteil, den die Kommunen leisten müssen. „Selbst wenn eine Kommune 80 Prozent Zuschuss bekommt, muss sie 20 Prozent selbst bezahlen. Das können dann in unserem Landkreis schnell sechsstellige Beträge werden.“ Auch beim Datenschutz geht der Kreis geschlossen vor. „Oft wird der Datenschutz noch stiefmütterlich behandelt. Das muss sich dringend ändern“, betont die Landrätin. Im Rahmen eines interkommunalen Projekts wird der Kreis deshalb einen gemeinsamen Datenschutzbeauftragten stellen. „Aus der Pflicht heraus nehmen können wir die Gemeinden dadurch zwar nicht, aber sie haben dann einen Ansprechpartner, der das komplette Know-how bereithält und sie müssen keine eigenen Mitarbeiter mehr auf regelmäßige Schulungen schicken“, erklärt die Landrätin.

Angemessene Digitalisierung

Die Digitalisierung der Gesellschaft macht auch vor dem Nachwuchs nicht Halt, weiß Schweiger aus eigener Erfahrung. „Mein Sohn ist jetzt drei Jahre alt und seit eineinhalb Jahren bewegt er sich wie alltäglich auf dem iPad“, berichtet sie. „Wenn er sieht, dass Mama und Papa täglich damit umgehen, kann man das gar nicht verhindern.“ Teil der heutigen Erziehungsverantwortung sei es deshalb, auch für Handy- und iPad-freie Zeit zu sorgen. „E-Books lehne ich beispielsweise ab“, sagt Tanja Schweiger bestimmt. „Zur Gute-Nacht-Geschichte gehört ein Buch.“ Man könne den Kindern dafür nicht das iPad mit einem Video in die Hand drücken. „Ein Buch zu lesen und anzuschauen ist etwas ganz anderes, hat viel mehr mit Ausgleich oder Entspannung zu tun, als wenn man drei Stunden lang am flimmerigen iPad-Bildschirm rumgewerkelt hat. Es darf nicht passieren, dass es eines Tages keine Bücher mehr gibt.“ Moderne Medien gehören für Tanja Schweiger auch zur Schulbildung. „Die Kinder sollen in der Schule weiterhin schreiben lernen und an ihrer Fingerfertigkeit und Motorik arbeiten“, betont die Landrätin. „Sie müssen in der Schule aber auch zeitgemäß unterrichtet werden – und das bedeutet, dass sie an die moderne Technik herangeführt werden.“

Verena Barth




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