Mittwoch, 8. Januar 2025

BocholtAgiler Ansatz

[01.07.2020] Für die digitale Transformation hat sich die Stadtverwaltung Bocholt organisatorisch neu aufgestellt. Mithilfe agiler interdisziplinärer Teams werden elektronische Akten eingeführt und die Verwaltungsabläufe automatisiert. Ein Projektbericht.
Projektleiter Jens Visser im Homeoffice.

Projektleiter Jens Visser im Homeoffice.

(Bildquelle: Stadt Bocholt/Ilona Tersteegen)

Um die Verwaltungsprozesse zu digitalisieren, hat sich Stadtverwaltung Bocholt im Dezember 2018 neu aufgestellt. Es wurden Projektstrukturen geschaffen, die darauf abzielen, ein Dokumenten-Management-System einzuführen und Verwaltungsabläufe zu automatisieren. Neben der Projektorganisation wurden auch Rahmenbedingungen etwa für die Projektinitiierung, -abläufe und -finanzierung entwickelt, sodass die flächendeckende Einführung einer elektronischen Akte zum Erfolg wird. Das Projekt soll von der Verwaltungsführung bis hin zur Sachbearbeitung ganzheitlich gedacht und gelebt werden. Organisatorisch zugeordnet ist es dem Fachbereich Zentrale Verwaltung, bestehend aus den Geschäftsbereichen Organisation, Personal und IT.

Fundamentale Veränderung

Die Einführung der elektronischen Aktenführung stellt eine fundamentale Veränderung der Arbeitsabläufe und der Verwaltungskultur dar. Die Papierakte, die zum Symbol der Verwaltung wurde, wird Platz machen für moderne Software-Lösungen. Die Beschäftigten müssen bei diesen Veränderungen aktiv begleitet und unterstützt werden. Aus Gründen der Transparenz, dem Ziel einer verwaltungsweiten Akzeptanz und zur Berücksichtigung sämtlicher Erfordernisse aus den verschiedenen Fachbereichen wurde in Bocholt eine Lenkungsgruppe gegründet. Mitglieder sind neben dem Bürgermeister und dem Projektleiter die verantwortliche Fachbereichsleitung, die Geschäftsbereichsleitungen Organisation und IT sowie Führungskräfte aus den weiteren Vorstandsbereichen, welche die speziellen Anforderungen im Blick haben. Neben dieser Kern-Lenkungsgruppe sind Vertreter des Personalrates, Schwerbehindertenvertretung, Rechnungsprüfung, Datenschutz und Archiv angegliedert.
Alle Teilprojekte werden interdisziplinär von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsbereiche Organisation und IT durchgeführt. Diese Teams erarbeiten mit den aktenführenden Bereichen den digitalen, zukunftsfähigen Aktenaufbau unter Berücksichtigung prozessualer Anpassungen. Arbeitsgrundlage der Teams ist die im webbasierten Projekt-Management-Tool factro hinterlegte Projektorganisation. Hier werden sämtliche Projektschritte dokumentiert, um eine größtmögliche Transparenz zu gewährleisten.

Breite Vertrauensbasis

Die Projektdurchführung erfolgt in einem agilen Ansatz. Die im Projektverlauf gewonnenen Erkenntnisse beeinflussen die weitere Vorgehensweise. Dies ist ausdrücklich so gewünscht und für den Erfolg des Gesamtprojekts von großer Bedeutung. Die Digitalisierungsteams ermitteln die jeweilige digitale Aktenstruktur und erarbeiten in einem stetigen Evaluations- und Optimierungsprozess nach der Scrum-Methode mit der Facheinheit die elektronische Akte bis zum Go Live. So beeinflussen neue und weiterführende Erkenntnisse die digitale Aktenstruktur sowie die zukünftige Prozessgestaltung.
Sehr wichtig ist eine breite Vertrauensbasis der Akteurinnen und Akteure untereinander. So sind insbesondere in den interdisziplinären und hierarchiefreien Digitalisierungsteams selbstbewusste, durchsetzungsstarke und teamfähige Charaktere mit dem jeweils benötigten Spezialwissen und hoher kommunikativer Kompetenz gefragt. Insofern ist die richtige Zusammensetzung eine weitere wichtige Voraussetzung für den Erfolg von agilen Projekten unter Einsatz von Scrum-Aspekten. Mitläufer und Ja-Sager sind hier ebenso fehl am Platz wie ausschließliche Generalisten, die in Detailfragen schnell an ihre fachlichen Grenzen stoßen.
Insgesamt wird ein partizipativer Ansatz verfolgt. Die verschiedenen Akteure sollen zu Beteiligten werden. Ein besonderer Fokus wird auf das Thema Schulungen gelegt. Sie werden in Eigenregie durchgeführt (Erarbeitung eines Schulungskonzeptes, Lernbegleitung), sind nutzerorientiert und garantieren damit größtmögliche Akzeptanz. Dazu setzt die Stadtverwaltung Bocholt erstmalig auch Online-Tutorials ein.

Engagierte Mitarbeiter

Um die Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes (OZG) erreichen zu können, werden die Anstrengungen der einzelnen Kommunen gebündelt. Bocholt arbeitet in den verschiedenen Teilprojekten mit der Stadt Borken, der Stadt Rhede und dem Kreis Borken zusammen. Auf Kreisebene findet zudem ein regelmäßiger Austausch der Digitalisierungsbeauftragten statt.
Bereits im ersten Jahr des Projektes konnten einige Meilensteine erreicht werden. So wurde wurde beispielsweise die digitale Personalakte eingeführt. Dazu wurden der digitale Posteingang im Personalbereich realisiert und alle Bestandsdokumente digitalisiert. Neue Dokumente werden sofort im System abgelegt. Zeitnah werden im Personalbereich weitere Teilprojekte, etwa digitale Verdienstabrechnung oder die Workflow-Integration, umgesetzt. Bereits seit November 2019 werden die Akten im Gewerbebereich vollständig elektronisch geführt. Die rund 6.000 Papierakten wurden von einem Dienstleister digitalisiert. Parallel werden derzeit weitere Teilprojekte realisiert.
Das Projekt ist entgegen mancher Empfehlungen nicht an besonders exponierter Stelle im Organigramm der Stadtverwaltung implementiert worden, sondern innerhalb des Geschäftsbereiches Organisation. Oftmals werden Projekte dieser Art als Stabsstelle angeordnet und sollen so zum Erfolg führen. Die Politik hat in nicht in unerheblichem Umfang zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen für den Bereich zur Verfügung gestellt. Der Erfolg des Projektes ist insbesondere den hoch engagierten Mitarbeitenden zu verdanken, und es zeigt sich, dass die Zuordnung im Behördenaufbau nicht entscheidend ist.

Jens Visser ist Projektleiter DMS / Digitale Transformation bei der Stadtverwaltung Bocholt.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Screenshot, der die drei Webinarteilnehmer zeigt.
bericht

Kommune21 im Gespräch: Mammutprojekt RegMo

[08.01.2025] Im jüngsten Webinar aus der Reihe Kommune21 im Gespräch diskutierten Jasmin Deling, Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW, sowie Hartje Bruns von Governikus die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Registermodernisierung. mehr...

Lübeck: Faxgeräte abgeschaltet

[08.01.2025] Die Hansestadt Lübeck hat zum Jahresende 2024 die analogen Faxgeräte abgeschaltet. Feuerwehr und der Bereich Wahlen bleiben weiterhin über Fax erreichbar. mehr...

Logo des Ko-Pionier-Preises auf dunkelblauem Hintergrund

Ko-Pionier-Preis: Verwaltungslösungen besser nachnutzen

[07.01.2025] Der neue Ko-Pionier-Preis würdigt Verwaltungen, die bewährte Lösungen erfolgreich übernehmen. Die Initiative Re:Form will damit Nachnutzung fördern und Verwaltungsabläufe effizienter gestalten. Die Preisvergabe erfolgt im März 2025 in Berlin. mehr...

Winterlandschaft Nordschweden

In eigener Sache: Wir machen Winterpause

[23.12.2024] Wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr. Aktuelle Meldungen gibt es hier wieder ab dem 6. Januar 2025. mehr...

Marcus Witzke vom Fraunhofer FOKUS, Beauftragte Regina Vollbrecht und Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner beim Start der Indoor-Navigation everGuide im Bezirksamt Reinickendorf.

Berlin: Bezirksrathaus mit Indoor-Navi

[13.12.2024] Im Rathaus in Berlin-Reinickendorf erleichtert eine barrierefreie Indoor-Navigation die Orientierung. Die App everGuide vom Fraunhofer FOKUS ermöglicht Besucherinnen und Besuchern – ob blind oder sehend – eine präzise Navigation zu Räumen, Aufzügen und Ausgängen. mehr...

Screenshot aus dem Bayernportal

Regensburg: Bei der Digitalisierung weit vorne

[12.12.2024] Regensburg bietet inzwischen 327 digitale Verwaltungsleistungen an und erreicht Platz 2 im bayerischen Digitalranking. Bei den Bürgerinnen und Bürgern kommen die Services gut an, wie die Nutzerzahlen zeigen. mehr...

Illustration in hellen, freundlichen Farben: Blick in einen Kita-Raum aus Vogelperspektiv, auf dem Boden spielen Kinder und viel Spielzeug liegt herum.

Magdeburg: Kitas präsentieren sich neu im Netz

[09.12.2024] Magdeburger Eltern, die ihre Kinder bei einer kommunalen Kita anmelden möchten, finden die benötigten Informationen nun gebündelt und übersichtlich auf einer neu eingerichteten Website. mehr...

Das Bild zeigt den belebten Markplatz von Halle (Saale), im Hintergrund sind die fünf Türme der Händelstadt zu erkennen.

Halle (Saale): Gesundheitsamt wird digital

[06.12.2024] Das Modellprojekt Digitales Gesundheitsamt in Halle (Saale) wurde erfolgreich abgeschlossen. Ziel war es, den Fachbereich Gesundheit der Stadt mit digitalen Lösungen nutzerfreundlicher und effizienter zu gestalten. Die Einführung neuer Systeme legt zudem ein Fundament für künftige Innovationen. mehr...

Potsdam: Onlinedienst für Fundsachen

[03.12.2024] Verlorene oder gefundene Gegenstände können in Potsdam jetzt auch online gemeldet werden. Der neue Service erleichtert das Verfahren sowohl für Finderinnen und Finder als auch für Suchende. mehr...

Augsburger Altstadt aus der Vogelperspektive.

Augsburg: Digitaler Stadtplan zur Barrierefreiheit

[26.11.2024] Mit dem digitalen Stadtplan Augsburg barrierefrei hat die bayerische Kommune ein neues Projekt gestartet, das Menschen mit Behinderung detaillierte Informationen zur Barrierefreiheit von Orten und Gebäuden bietet. Alle Angaben wurden durch Begehungen vor Ort überprüft und digital erfasst. mehr...

Baustelle: Blick durch Zaundraht auf einen Pumpenkran zum Heben und Gießen von Beton, im Hintergrund ein Gebäude, das eine Schule sein könnte.

Leipzig: Baumaßnahmen-Dashboard ist online

[26.11.2024] Die Stadt Leipzig hat ein Online-Dashboard zur Schul- und Kitabaustrategie veröffentlicht. Es bietet aktuelle Einblicke in laufende und geplante Baumaßnahmen im Bildungsbereich, übersichtlich dargestellt auf einer Stadtkarte mit detaillierten Informationen zu jedem Projekt. mehr...

Oberbürgermeister Marcus König und Eugenia Strasser halten gemeinsam die Auszeichungsurkunde.

Nürnberg: E-Government-Beauftragte der Stadt ausgezeichnet

[19.11.2024] Nürnbergs E-Government-Beauftragte, Eugenia Strasser, ist mit dem WIN-Award der Vogel IT-Akademie ausgezeichnet worden. Sie belegt somit den zweiten Platz als Woman of the Year 2024. mehr...

Illustration: Klemmbrett mit einem Formular und einem Stift daneben vor hellblauem Hintergrund.

Köln: Bürgerfreundliche Bescheide ausgezeichnet

[18.11.2024] Das Public Service Lab hat die Stadt Köln für ihr Projekt Formularwerkstätten mit dem Preis für gute Verwaltung 2024 ausgezeichnet. Das Kölner Innovationsbüro hilft Fachämtern dabei, Formulare verständlicher zu gestalten und so den Zugang zu staatlichen Angeboten zu verbessern. mehr...

Illustration: Symbolbild für den Public Sector. Mehrere klein dargstellte Menschen arbeiten zwischen einem überdimensionalen Laptop, Tablet und anderen Gegenständen.

Bitkom: Neuer Geschäftsbereich „Public Sector“

[15.11.2024] Der Digitalverband Bitkom strukturiert sich neu: Die Geschäftsbereiche „Public Sector“ und „Digitale Gesellschaft“ werden eigenständige Kompetenzbereiche. Themen wie Künstliche Intelligenz und Digitale Souveränität rücken stärker in den Fokus. mehr...

Historishcer Marktbrunnen der Stadt Eisenach, im Hintergrund das moderne Gebäude der Stadtverwaltung.
bericht

Immobilienmanagement: Stadt Eisenach setzt Maßstäbe

[11.11.2024] Eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen verpflichtet Kommunen zum sicheren Betrieb ihrer Immobilien. Die Stadt Eisenach hat durch Digitalisierung und Prozessoptimierung die Verwaltung ihrer Immobilien neu strukturiert. Dabei setzte die Kommune auf externe Unterstützung und internen Kompetenzaufbau. mehr...