Formular-ManagementAgiler werden

Mit Low-Code-Plattformen flexibler auf Änderungen reagieren.
(Bildquelle: Romolo Tavani/stock.adobe.com)
Höher, schneller, weiter – so lassen sich aktuell die Herausforderungen für die kommunale Verwaltung zusammenfassen. Die großen Krisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Verwaltung mehr denn je in der Lage sein muss, immer schneller auf neue und unvorhersehbare Situationen zu reagieren. Im Krisenjahr 2015 und aktuell im Ukraine-Konflikt müssen Geflüchtete registriert und ihre Unterbringung, Versorgung und Integration organisiert werden. Im Zuge der Corona-Pandemie waren unzählige Regelungen kurzfristig umzusetzen. Die Verwaltungen mussten innerhalb kürzester Zeit neue Leistungen, Anträge oder Vorgänge anbieten und für eine Vielzahl von Betroffenen bereitstellen.
Als wesentliche Hilfestellung haben sich dabei moderne Online-Angebote bewährt, die im Idealfall auch auf dem Smartphone genutzt werden können. Mittlerweile besitzen deutlich mehr als 90 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger zwischen 14 und 60 Jahren in Deutschland ein Smartphone, auch Geflüchtete verfügen in der Regel über ein solches Gerät. Damit ist der mobile Kanal bestens geeignet, um eine große Zahl von Personen schnell und aktuell zu informieren und ihnen selbsterklärende Online-Antragsformulare anzubieten. Das kann für eine erhebliche Entlastung der personellen und räumlichen Kapazitäten bei der Beratung und Entgegennahme von Anträgen genutzt werden.
Kreis Nordfriesland: Formulare nach dem EfA-Prinzip
Ein besonders gelungenes Beispiel bietet hier der Landkreis Nordfriesland. Dort haben die Verantwortlichen früh erkannt, dass sie agil auf Herausforderungen reagieren wollen und müssen. Sie nutzen die vom Land Schleswig-Holstein bereitgestellte Low-Code-Plattform cit intelliForm für Online-Formulare und als universelle Lösung für das Antrags- und Fall-Management. Dafür haben sie eigenes Know-how in der Erstellung von Formularanwendungen durch einfache Modellierung aufgebaut.
Damit war der Kreis Nordfriesland beispielsweise während der Corona-Pandemie in der Lage, innerhalb weniger Stunden neue Verwaltungsvorgänge wie etwa die Anmeldung von Veranstaltungen oder für die Kindergarten-Notbetreuung digital umzusetzen und den Bürgerinnen und Bürgern sowie Einrichtungen anzubieten. Mit dem kurzfristig umgesetzten Meldebogen der Hotline des nordfriesischen Gesundheitsamts für Reiserückkehrer konnten Daten strukturiert erfasst und mögliche Infektionswege schneller nachverfolgt werden. Die Umsetzung derartiger Online-Angebote erfolgt ohne Programmierung durch die Modellierung der benötigten Informationen samt notwendiger Verzweigungen und Plausibilitätsprüfungen sowie den Hilfetexten. Die Plattform generiert daraus einen vollständigen Online-Antrag, den sie nach dem Test auf Funktionalität sofort einsatzfähig bereitstellen kann.
Die vom Kreis Nordfriesland erstellten Formularanwendungen waren so gut, dass sie kurzfristig auch von anderen Landkreisen in Schleswig-Holstein übernommen werden konnten. Die gemeinsame Plattform macht diese Form des Einer-für-Alle-Prinzips möglich. Als positiver Nebeneffekt kann der Landkreis Änderungen an bestehenden Online-Formularen ohne Zutun von externen Dienstleistern selbst durchführen. Das macht die Verwaltung noch agiler und resilienter gegenüber Veränderungen.
Berlin: Online-Antrag für Geflüchtete
Auch die Senatsverwaltung Berlin nutzt moderne Technologien, um agil auf kurzfristige Herausforderungen reagieren zu können. Innerhalb weniger Tage nach Kriegsbeginn in der Ukraine stellte sie einen Online-Antrag auf „Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz für Geflüchtete aus der Ukraine“ bereit. Der Antrag ist mehrsprachig in Deutsch, Russisch und Ukrainisch angelegt und kann vollständig digital mit jedem gängigen Smartphone gestellt werden. Anschließend erhalten Geflüchtete ein PDF-Dokument als Bestätigung ihres Antrags, das bis zum Termin zur Vorsprache und finalen Entscheidung den erlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet und das Recht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bescheinigt.
Universell nutzbare Lösung einsetzen
Wichtig sind aber nicht nur die einfache Bereitstellung von Online-Formularen und eine gute Skalierbarkeit der Plattform für hohe Fallzahlen. Auch die Unterstützung bei der eigentlichen Bearbeitung innerhalb der Verwaltung darf nicht fehlen. In vielen Fällen wird bei neu aufkommenden Sachverhalten kein Fachverfahren zur Antragsbearbeitung zur Verfügung stehen, in das die eingehenden Anträge eingestellt werden können.
Hier sollte die Verwaltung über eine universell nutzbare Lösung zum Antrags- und Fall-Management verfügen, die sie jederzeit in die Lage versetzt, auch bei kurzfristig hohen Fallzahlen den Überblick über die gestellten Anträge zu behalten. Ein universelles Antrags- und Fall-Management kann übergreifend Aufschluss darüber geben, welche Anträge gestellt wurden und wie deren jeweiliger Bearbeitungsstand ist. Digital unterstützt wird die Bearbeitung, indem generische Workflows und digitale Sammelkörbe genutzt werden, um durch die verschiedenen Prozessschritte zu führen. Durch eine fallbasierte Kommunikation mit dem Antragsteller können Rückfragen schnell erfolgen und Belege einfach nachgereicht werden.
In Flexibilität investieren
Die Geschwindigkeit, mit der Veränderungen auf Politik und Gesellschaft und somit auf die Verwaltung als ausführendes Organ treffen, wird sicher nicht abnehmen. Auch die derzeit laufenden Überlegungen für ein Onlinezugangsgesetz 2.0 münden im Kern darin, dass die kommunalen Verwaltungen externe Angebote und interne Vorgänge mittels IT zunehmend flexibler und effizienter gestalten müssen.
Unterm Strich sollten kommunale Verwaltungen also stärker in Agilität investieren, um schneller und besser auf Krisen, aber auch auf ganz normale Veränderungen reagieren zu können. Das erfordert sowohl Investitionen in die entsprechenden technischen Mittel – sofern diese nicht bereits vom Land bereitgestellt werden – als auch Investitionen in die Fähigkeiten des Personals für die Nutzung moderner Plattformen zur raschen Ausgestaltung neuer Antragsverfahren oder dergleichen.
Neben den als Beispiel genannten Verwaltungen in Berlin und Nordfriesland setzen bundesweit bereits viele Kommunalverwaltungen auf die neue Agilität und Flexibilität, die Low-Code-Plattformen wie cit intelliForm bieten. Statt auf langwierige IT-Projekte zu warten, kann die kommunale Verwaltung damit selbstständig aktiv werden und vor Ort die Probleme lösen. Um es mit den Worten eines Verantwortlichen in Nordfriesland zu sagen: „Die digitale Verwaltung muss auch von unten gemanagt werden können, sonst können wir den kommunalen Bedarf langfristig nicht bedienen.“
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juni 2022 von Kommune21 im Schwerpunkt Formular-Management erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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