Donnerstag, 5. Dezember 2024

DillenburgAktenberge sind Geschichte

[23.10.2019] Rund ein Jahr nach der Einführung sind digitaler Rechnungsworkflow und elektronische Aktenführung in der Finanzabteilung der Stadt Dillenburg zur Routine geworden. Dass die Umstellung so reibungslos verlief, ist auf eine akribische Planung zurückzuführen.
Dillenburg: Finanzabteilung arbeitet digital.

Dillenburg: Finanzabteilung arbeitet digital.

(Bildquelle: Oranienstadt Dillenburg/Dominik Ketz Photography)

Zwar ist die seit Jahren existierende Idee des papierlosen Büros häufig noch immer Wunschdenken, wird aber mittlerweile verstärkt in vielen Bereichen umgesetzt. Vor allem die kommunalen Finanzabteilungen forcieren das Thema der Digitalisierung – hat sich ihre Rolle in jüngster Vergangenheit doch verändert. Für sie gilt mit steigender Tendenz, neue, vielfältige Aufgaben erledigen sowie zahlreiche Gesetze und Regelungen beachten zu müssen. Ohne durchgängige digitale Unterstützung wird das künftig nicht mehr zu schaffen sein. Die Effizienzvorteile für die Verwaltungen durch die Automatisierung von Prozessen sind hingegen enorm. Insbesondere der elektronischen Aktenbearbeitung kommt dabei ein maßgeblicher Anteil zu. Deren Vorteile liegen auf der Hand: Aktenberge werden reduziert, die Bearbeitungsgeschwindigkeiten deutlich erhöht und medienbruchfreie Geschäftsprozesse ermöglicht. Gleichzeitig ist die E-Akte Basis für digitale Lösungen im Rahmen des bis 2022 umzusetzenden Onlinezugangsgesetzes. Nun ist eine durchgängige Digitalisierung der Verwaltung aber kein Kurzstreckenlauf, sondern entspricht eher einem Marathon, auf den man sich strukturell und technologisch vorbereiten muss. Das weiß auch die Oranienstadt Dillenburg, die sich der Herausforderung stellte, dauerhaft schneller, effizienter, transparenter und papierloser zu werden – und dafür auf zwei zukunftsorientierte Digitalisierungslösungen setzte.

Standortunabhängig verarbeiten

Den ersten Schritt vollzog die hessische Kommune im Jahr 2017 mithilfe des Rechnungsworkflows und einer vorherigen Organisationsuntersuchung der gesamten Verwaltung mit Überprüfung aller bisherigen Abläufe. Bereits ein Jahr später folgte der nächste Schritt: die Einführung der elektronischen Akte. Als langjähriger Anwender des Finanzwesens Infoma newsystem von Anbieter Axians Infoma stand für Mona Hafer und Reiner Pulfrich aus der Finanzabteilung der Stadt Dillenburg nach intensiver Informationsphase fest, auch bei den Projekten Rechnungsworkflow und E-Akte auf die integrierten Digitalisierungskomponenten des Herstellers zu setzen. So sollte der tägliche Arbeitsablauf der Rechnungsbearbeitung strukturierter und schneller werden. Darüber hinaus sollte unter anderem die Nachverfolgung von Rechnungen und die Möglichkeit der ab 2020 geforderten Verarbeitung von E-Rechnungen gewährleistet sein. Besonders wichtig war den Verantwortlichen aber, dass die gesamte elektronische Verarbeitung unabhängig von Arbeitsplatz oder Standort erfolgen kann. Denn Dillenburg verfügt über mehrere Verwaltungsgebäude und arbeitet mit der Gemeinde Sinn interkommunal zusammen. Bereits seit 2017 interagieren die Verwaltungen erfolgreich im Bereich der Finanzen und stellen mit der Nutzung der Synergieeffekte ihren verantwortungsbewussten Umgang mit personellen und finanziellen Ressourcen unter Beweis.

Aktenschränke loswerden

Auch vom Einsatz der elektronischen Steuerakte hatten die Dillenburger klare Vorstellungen. „Rein physisch betrachtet wollten wir unsere riesigen Aktenschränke loswerden“, erinnert sich Reiner Pulfrich, Leiter Ressort Finanzen. „Ablaufmäßig stand für uns der direkte, schnelle und jederzeitige Zugriff aus dem Steuerobjekt heraus auf die Akten im Vordergrund, vor allem auch mit Blick auf die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Sinn. Daher sollten diese Akten sowohl von den Arbeitsplätzen der Dillenburger Steuerabteilung als auch in Sinn eingesehen werden können.“
Mit der Umsetzung dieser Leistungsmerkmale war schon ein wesentlicher Teil der Anforderungsliste erfüllt. Integriert in das bestehende Finanzwesen lassen sich aus der gewohnten Umgebung heraus die Dokumente ablegen, suchen und bearbeiten, ohne auf ein DMS zugreifen zu müssen. „Unser damaliger Wunsch war es, die Grund-, Gewerbe-, Hunde-, Spielapparate- und Vergnügungssteuerakten papierlos zu führen“, so Conny Göbel, Leiterin der Steuerabteilung. „Heute werden bei uns die Bescheide und sonstiger Schriftverkehr nicht mehr abgeheftet, sondern einfach eingescannt und automatisch direkt ins Steuerobjekt abgelegt. Durch die automatische Archivierung der Steuerbescheide beim Druck entfällt zudem das zusätzliche Abspeichern als PDF.“

Fragen vorab gemeinsam geklärt

Was nach mehr als einjährigem Einsatz zur Routine geworden ist, erweist sich allerdings als das Ergebnis genauer Planungen. Wie sollen die Arbeitsabläufe vom Posteingang über die Bearbeitung bis zur Ablage künftig aussehen? Werden Altdaten in die E-Akte übernommen und wenn ja, welche? Welche Dokumenttypen müssen wir aufgrund der in den Steuerakten vorhandenen Dokumentenarten festlegen, nach deren Struktur die Ablage erfolgen soll? Welche Voraussetzungen für das Einscannen der weiterhin in Papierform eingehenden Messbescheide in einen Netzwerkordner müssen wir schaffen, um die Ablage in die E-Akte zu ermöglichen? Nicht nur diese Fragen galt es im Vorfeld zu klären. Auch die Beschäftigten, die bisher die Arbeit mit der Papierakte gewohnt waren, mussten mitgenommen und in die Überlegungen einbezogen werden. So wurden beispielsweise die Zugriffsrechte in Team-Arbeit besprochen und festgelegt. Für einen besseren Arbeitsablauf im Umgang mit der elektronischen Akte erhielten die Mitarbeiter zudem einen zweiten Bildschirm. Mit der Einrichtung von Veraktungsaufträgen für die aus Infoma newsystem generierten Bescheide ist deren Archivierung sichergestellt. Conny Göbel erklärt: „Damit ein sofortiger Zugriff gewährleistet ist, haben wir entschieden, dass dies direkt nach dem Druck und nicht über einen Nachtlauf erfolgen soll.“

Ad-hoc-Auskunft statt Aktensuche

Für die Mitarbeiter der Dillenburger Steuerabteilung haben sich die Vorteile der elektronischen Akte schon nach kurzer Zeit gezeigt. Sie arbeiten auf der gewohnten Oberfläche, ohne herkömmliche Aktenführung mit Papierablage, sind dafür aber sofort auskunftsfähig – ein Punkt, der auch bei Nachfragen von Steuerpflichtigen durchaus positive Reaktionen auslöst. Erste Überlegungen der Kommune gehen deshalb schon in die Richtung, die E-Akte auch in anderen Bereichen, wie etwa der Anlagenbuchhaltung, einzusetzen. Mit dem Status quo sind die Verantwortlichen daher auch zufrieden: „Einer der großen Pluspunkte ist nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für den steuerpflichtigen Bürger klar ersichtlich. Der sofortige, ortsunabhängige Zugriff auf Unterlagen durch jeden berechtigten Mitarbeiter ermöglicht es, Informationen schneller zu finden und Auskünfte ad hoc zu erteilen. Hinzu kommt: Alle neuen Akten werden sofort digital angelegt, sodass nach und nach Lagerflächen und -kosten sowie der lästige Weg zum Aktenschrank entfallen.“ Dennoch sieht Reiner Pulfrich bei der E-Akte noch Optionen für die Zukunft. So steht auf seiner Wunschliste die Möglichkeit, sowohl Bescheide per E-Mail zu versenden als auch die Messbescheide des Finanzamts digital zu empfangen, die dann direkt in der Akte abgelegt werden – und damit dem Ziel einer weitgehend papierlosen Verwaltung wieder ein Stück näher zu kommen.

Eva Sprockamp ist freie Journalistin in Bad Wörishofen.




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