HessenAlle werden angebunden
An die Optimierung der digitalen Infrastruktur mag man beim „Gesetz zur Änderung der Hessischen Bauordnung“ sicher nicht zuallererst denken. Und doch diente die Gesetzesänderung vom Juni 2020 genau dieser wichtigen Aufgabe. Als erstes Bundesland überhaupt verbesserte Hessen damit unter anderem die unmittelbaren baulichen Rahmenbedingungen beim Mobilfunkausbau – durch eine Verringerung von Abstandsflächen sowie eine Erhöhung der nicht genehmigungspflichtigen Masthöhe. Zusätzlich zu vielen weiteren Maßnahmen wird der marktgetriebene Ausbau durch die Mobilfunknetzbetreiber so direkt und maßgeblich unterstützt. Diese begrüßten die Vorreiterrolle, die Hessen damit im bundesweiten Vergleich einnimmt. Das ambitionierte Vorgehen reduziere nicht nur den Genehmigungs- und Verwaltungsaufwand, sondern erhöhe zudem die Planungssicherheit. Gleichzeitig ließ die Initiative bereits erkennen, dass der Hessischen Landesregierung der Mobilfunkausbau ein besonderes Anliegen ist und sie bereit ist, dafür neue Wege zu gehen.
Auch ländliche Regionen werden versorgt
Dabei könnte Hessen eigentlich die Hände in den Schoß legen, denn 99,8 Prozent der Haushalte im Land sind mit LTE versorgt. Zudem liegt der Mobilfunkausbau maßgeblich beim Bund. Dennoch hat die Hessische Landesregierung große Handlungspotenziale erkannt und daraus Maßnahmen abgeleitet. Und obwohl sie im Sinne eines effizienten Einsatzes von Steuermitteln Vorrang haben, beschränken sich die Maßnahmen keineswegs auf die eigenwirtschaftlichen Ausbauaktivitäten von Telekom, Vodafone, Telefónica und Co.
Denn der Markt kann naturgemäß nur dort ausgebaut werden, wo es betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. Dünn besiedelte Gebiete, beispielsweise im ländlichen Raum, können so unter Umständen jedoch nicht adäquat versorgt werden. Ein Umstand, den die Landesregierung im Sinne der dort lebenden Bürger mit aller Kraft bekämpft. Keine Kommune und kein Ortsteil soll sich abgehängt fühlen.
Um auch die letzten weißen Flecken mit mobilem Internet zu versorgen, hat Hessen als zweites Bundesland nach Bayern in den vergangenen Monaten mit großem Engagement ein Mobilfunkförderprogramm erarbeitet und finalisiert. Mit der kürzlich erfolgten Notifizierung der Förderrichtlinie durch die EU-Kommission ist für das hessische Förderprogramm nun auch offiziell der Startschuss gefallen. 50 Millionen Euro stellt die Landesregierung in diesem Rahmen zur Verfügung – bis zu 300 neue Mobilfunkmasten können damit entstehen und die Bürger in unzureichend versorgten Gegenden mobil besser anbinden.
Land unterstützt die Kommunen
Den Kommunen kommt im Rahmen des Förderprogramms eine entscheidende Rolle zu: Die lokale Expertise der kommunalen Vertreter vor Ort ist unersetzlich. Sie kennen die Gegebenheiten am besten – beispielsweise Grundstückseigentümer potenzieller Maststandorte – und tragen so zum Erfolg der Förderprojekte bei. Dabei können sich die Kommunen der direkten Unterstützung des Landes sicher sein, denn Hessen flankiert das Förderprogramm mit zahlreichen Unterstützungsformaten. So wurde beispielsweise ein Leitfaden erarbeitet, der Schritt für Schritt Orientierung im Förderprozess bietet, und mit zahlreichen kommunalen Vertretern wurden bereits Online-Seminare durchgeführt. Der Leitfaden, ein Film zu den wichtigsten Schritten im Förderverfahren sowie alle weiteren wichtigen Informationen und relevanten Ansprechpartner finden sich gebündelt auf einem neu eingerichteten zentralen Mobilfunkportal.
Um bei der Verbesserung der Mobilfunkversorgung in Hessen keine Zeit zu verlieren, können die betroffenen Kommunen ab sofort die ersten Schritte im Förderprozess gehen. Als wichtige Voraussetzung für die Förderfähigkeit einer Kommune ist zunächst zu klären, ob sie überhaupt in einem so genannten weißen Fleck liegt. Das kann mithilfe einer digitalen Weiße-Flecken-Karte auf dem Mobilfunkportal vorab geprüft werden. Basis für diese Karte ist die Sprachmobilfunk-Versorgung (2G). Gefördert werden darf nur, wenn keiner der drei Mobilfunknetzbetreiber vor Ort nicht wenigstens mit einem 2G-Netz verfügbar ist – und wenn die Mobilfunknetzbetreiber auch in den nächsten drei Jahren keinen Ausbau planen. Um das herauszufinden, ist in einem der ersten Schritte ein Markterkundungsverfahren durchzuführen. Mit der beim Breitbandbüro Hessen angesiedelten Kompetenzstelle Mobilfunk wurde landesseitig eine entsprechende Anlaufstelle geschaffen, die den interessierten Kommunen bei Rückfragen zur Verfügung steht und sie vom ersten Tag an tatkräftig unterstützt.
Positive Entwicklung wird fortgesetzt
Initiativen wie die Änderung der Hessischen Bauordnung oder die Konzeption eines umfassenden Mobilfunkförderprogramms sind in Hessen keine Einzelmaßnahmen. Sie folgen einer langfristigen und nachhaltigen Strategie. So ist die Weiterentwicklung der Mobilfunkinfrastruktur neben den Bereichen Festnetz und WLAN eines der drei zentralen infrastrukturellen Ziele der im Jahr 2018 veröffentlichten Gigabitstrategie für Hessen. Bereits wenige Monate später wurde gemeinsam mit den drei großen Mobilfunknetzbetreibern Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica ein Maßnahmenpaket „Zukunftsfähige Mobilfunkversorgung in Hessen“ (Mobilfunkpakt Hessen) geschlossen, das zehn konkrete Vorhaben zur Incentivierung des eigenwirtschaftlichen Ausbaus beinhaltet. In diesem wurden unter anderem die Modernisierung von 4.000 Mobilfunkstandorten sowie die Neuerrichtung von weiteren 800 Masten vereinbart. Bis zum dritten Quartal 2020 wurden bereits 276 neue Masten gebaut und weitere 3.753 Masten modernisiert. Jeden Tag werden somit irgendwo in Hessen mehr als fünf Mobilfunkstandorte neu errichtet oder modernisiert.
Das nun startende Mobilfunkförderprogramm wird diese positive Entwicklung weiter unterstützen. Die weißen Flecken werden somit nach und nach verschwinden und insbesondere die Kommunen im ländlichen Raum angebunden werden.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Februar 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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