InterviewAm Ball bleiben
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Gabriele Heinisch-Hosek
(Bildquelle: Astrid Knie)
Frau Bundesministerin, Österreich erreicht bei E-Government-Vergleichsstudien immer wieder einen Spitzenplatz in Europa. Was macht die Alpenrepublik anders als andere Länder?
Österreich hat relativ früh begonnen, das Thema ganzheitlich zu betrachten. Wir haben als Erste in Europa ein umfassendes rechtliches Rahmenwerk geschaffen, um die E-Government-Umsetzung rechtssicher und nachhaltig anzugehen. Getragen wurde das Thema von höchster politischer Ebene und in intensiver Kooperation mit allen Gebietskörperschaften, die nicht nur die Verwaltung, sondern auch Partner aus Wirtschaft, Gesellschaft und weitere wichtige Player umfasst. Es wurden auch nicht isoliert einzelne Services digitalisiert, sondern die benötigten Bausteine modular entwickelt. Der Bundesregierung war es von Anfang an ein großes Anliegen, nicht abzuwarten, was in anderen Ländern passiert, sondern proaktiv zu handeln. Mit dem Portal help.gv.at für Bürgerinnen und Bürger wurde bereits 1997 eine serviceorientierte Informationsplattform geschaffen, welche die Bedürfnisse der Nutzer in den Mittelpunkt stellt. Ich denke, dass gerade die umfassende strategische Vorgehensweise und die Orientierung am Servicegedanken ausschlaggebend dafür waren, dass wir schon früh eine Spitzenposition erreichen und diese dann nachhaltig sichern konnten.
Sind die Voraussetzungen in Österreich günstiger als in anderen Ländern und wenn ja, welche sind es?
Die Koordination und Strategieentwicklung für E-Government sind in Österreich im Bundeskanzleramt angesiedelt und somit Chefsache. Das zeigt, wie wichtig der Bundesregierung eine serviceorientierte und effiziente Verwaltung durch den Einsatz elektronischer Behördendienste ist. Wir profitieren außerdem sehr stark von der Einbindung aller Akteure und der engen Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Nur durch diese erfolgreiche Kooperation aller Partner können vorhandene Ressourcen effizient eingesetzt und Synergieeffekte erzielt werden. Mit E-Government leisten wir daher einen sehr wichtigen Beitrag für die Verwaltungsreform und ermöglichen es – insbesondere in wirtschaftlich angespannten Zeiten – kostenorientiert zu arbeiten.
Was können andere Länder von Österreich lernen?
Der österreichische Weg rückt den partnerschaftlichen Ansatz und die Zusammenarbeit über alle Gebietskörperschaften hinweg in den Mittelpunkt. Das ist mit Sicherheit einer der bedeutendsten Erfolgsfaktoren. Nötig ist zudem der Mut, Dinge zu verändern und Althergebrachtes kritisch zu hinterfragen sowie die Bereitschaft, Prozesse zu vereinfachen. Und es braucht den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. Wichtig war uns beispielsweise immer, dass unsere Lösungen interoperabel, also auch grenzüberschreitend verwendbar und mit dem EU-Rahmen kompatibel sind. Darüber hinaus sind ein Am-Ball-bleiben und ein steter Verbesserungswille vonnöten. Beides wird in Österreich dadurch erreicht, dass eine einzige übergeordnete Strategie zum Wohle aller Beteiligten verfolgt wird.
„Durch strategische Vorgehensweise und Serviceorientierung konnten wir früh eine Spitzenposition erreichen.“
Welche E-Government-Vorhaben setzt die Alpenrepublik aktuell um?
Eine unserer größten Herausforderungen ist die Umsetzung des Unternehmensserviceportals usp.gv.at, durch das Firmen in Zukunft deutlich entlastet werden sollen. Mit einer einzigen Anmeldung mit Bürgerkarte oder Handysignatur sollen alle gesetzlichen Informationspflichten erfüllt werden können. Auch die Verwaltung elektronischer Vollmachten soll über die Bürgerkarte oder die Handysignatur möglich sein. Ein weiterer Schwerpunkt ist unsere Initiative im Bereich Open Government Data (OGD). Mit dem freien Zugang zu den Daten der öffentlichen Hand bieten wir eine solide Basis für eine aktive Teilnahme der Bevölkerung an demokratischen Prozessen und erhöhen die Transparenz der Verwaltung. Nicht zu vergessen ist auch, dass wir aktuell eine österreichische Cybersecurity-Strategie entwickeln. Innovationsthemen wie Cloud Computing, IPv6 oder Service-orientierte Architekturen sind ebenfalls wichtig.
Welche Projekte in Ihrem Land würden Sie als vorbildlich bezeichnen und warum?
Eine Entwicklung, die ich hervorheben möchte, weil sie auch ein Vorzeigeprojekt im europäischen Kontext ist, ist die Handysignatur, also die elektronische Signatur mit dem Mobiltelefon. Damit hat jeder Österreicher ein Instrument für E-Government in der Tasche. Die Freischaltung der elektronischen Signatur lässt sich in dafür vorgesehenen Registrierungsstellen schnell und einfach durchführen. Mit der Handysignatur ist es möglich, sich bei elektronischen Prozessen sicher zu identifizieren und zu unterschreiben. Viele Behördengänge in Österreich können daher vom Antrag bis zur Zustellung vollständig elektronisch abgewickelt werden. Man benötigt dazu keine weitere Infrastruktur, kein Kartenlesegerät oder eine bestimmte Software. Die EU-Kommission hat die Entwicklung sehr unterstützt, und das große internationale Interesse an der Handysignatur bestätigt unseren Weg, dass höchste Sicherheit und Zuverlässigkeit mit Einfachheit und Nutzbarkeit kombiniert werden können.
Deutschland arbeitet aktuell an einem E-Government-Gesetz. Österreich hat bereits eines. Welche Vorteile haben sich dadurch ergeben?
Ein großer Vorteil liegt darin, dass durch den umfassenden Rechtsrahmen Sicherheit und Datenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr gewährleistet sind. Man darf nicht vergessen, dass ein Großteil der E-Government-Verfahren jahrzehntealte Regelungsmuster betrifft. Die Digitalisierung setzt daher auch eine klare rechtliche Einbettung voraus. Darüber hinaus ist die Zugänglichkeit von Informationen und Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung festgehalten. Damit sind verbindliche Vorgaben für die Einhaltung internationaler Standards für Barrierefreiheit getroffen, die es allen Benutzergruppen ermöglicht, die Angebote zu nutzen. Des Weiteren ist die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Kommunikationsarten für die Kontaktaufnahme mit der öffentlichen Verwaltung ein wichtiges Element.
Welchen künftigen Herausforderungen muss sich die öffentliche Hand stellen?
Die öffentliche Verwaltung muss sich – und zwar konsequent – als Dienstleister der Bürger und der Wirtschaft sehen und ihr Vertrauen gewinnen. Die User erwarten mehr Transparenz. In Zeiten, in denen wirtschaftliche Herausforderungen ständig neue Sparziele fordern, ist es unumgänglich, die Potenziale für Kostensenkungen in althergebrachten Verwaltungsabläufen auszumachen und zu nutzen. Neue Technologien und E-Government bieten ein breites Spektrum an Instrumenten, die uns hierbei unterstützen. Damit trägt die österreichische E-Government-Strategie auch dazu bei, dass sich unser Land weiterhin als sicherer Wirtschaftsstandort behaupten kann.
http://data.gv.at
Dieses Interview wird in der August-Ausgabe von Kommune21 veröffentlicht. Das Heft erscheint am 31. Juli 2012. Hier können Sie in Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
http://www.help.gv.at
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