DigitalisierungAnalyse der Wirkung
Deutschland stehen in den kommenden Jahren massive Investitionen in die digitale Infrastruktur bevor. Im internationalen Vergleich nämlich schneidet die Bundesrepublik hier weiterhin schlecht ab. In einer Studie der EU-Kommission beispielsweise landet die deutsche Verwaltung bei der Online-Interaktion zwischen Behörden und Bürgern auf dem 26. von 28 Plätzen. Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) stehen vor allem die Kommunen unter erheblichem Zugzwang, dies zu ändern. Denn auch bei der Nutzung digitaler Technologien in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge – etwa Mobilität, Gesundheit oder Energie – ist Deutschland international Nachzügler. Wie aber können die Kommunen entsprechende Vorhaben priorisieren und deren Beitrag zur strategischen Zielerreichung analysieren? Das haben die Städte Aachen und Köln, gemeinsam mit dem Unternehmen PD – Berater der öffentlichen Hand anhand von vier Projekten untersucht.
Idealerweise richtet sich Digitalisierung an den strategischen Zielen der Kommunen aus, ermöglicht neue Lösungen für die Daseinsvorsorge und kann damit wiederum Einfluss auf die strategischen Ziele haben. Entscheidungen für digitale Investitionen werden am besten über eine zentrale Stelle getroffen, was Entscheidungen nach dem Zufallsprinzip verhindert. Notwendig ist außerdem die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Bereiche Finanzen, Digitalisierung, Organisation, des IT-Dienstleisters sowie des jeweiligen Fachamts, um der Informations- und Einzellösungsflut Herr zu werden und die Investitionen strategisch sowie in ein Gesamtbild einzuordnen.
Praktikabel und messbar gestalten
Um Digitalisierung nicht nur strategisch auszurichten, sondern auch deren Umsetzung controllen zu können, wollen die Städte Aachen und Köln dieses Vorgehen praktikabel und messbar gestalten. In einem vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBG) geförderten Pilotprojekt haben sie, unterstützt von PD eine Methode entwickelt, um den Wirkungsbeitrag von Digi talisierungsinvestitionen zu den strategischen Zielen zu messen. Vier Investitionsvorhaben haben sie dazu in den Blick genommen. Dazu zählt das Online-Bewerber-Management der Stadt Aachen, womit das Ausschreibungsverfahren der Kommune attraktiv gestaltet und so die Ansprache potenzieller interner und externer Bewerber optimiert werden soll. Das zweite Investitionsvorhaben Aachens betraf Ferienspiele Online, ein digitales Informations- und Buchungsportal zu Ferienangeboten für Kinder und Jugendliche. Das dritte Vorhaben lieferte die Stadt Köln mit der Einführung von PayPal als Bezahlfunktion für einen nutzerorientierten Service für Bürger und Unternehmen. Das vierte Investitionsvorhaben schließlich betraf die Schaffung eines leichteren flurstückscharfen Zugangs zu allen grundstücksrelevanten Informationen in Köln.
Indikatorenauswahl orientiert sich an Wirkungskette
Im Rahmen eines von PD moderierten Workshops haben sich die Projektverantwortlichen die Frage gestellt, wie die vier genannten Vorhaben jeweils auf die strategischen Ziele der Stadt einzahlen. Im Anschluss wurden erste Indikatoren entwickelt, mit denen dieser Wirkungsbeitrag analysiert werden kann. Die Indikatorenauswahl orientierte sich an einer Wirkungskette mit vier Dimensionen. Die erste Dimension umfasst die Ressourcen, also Faktoren, die ein Produkt entstehen lassen, beispielsweise der Aufwand bei der Umsetzung der Ferienspiele-Personalkosten. Die zweite Dimension, der Prozess, bezieht sich auf die Umwandlung von Ressourcen in Produkte oder Leistungen. Die dritte Dimension zeigt auf, welche Leistung die Verwaltung mit dem neuen Produkt erbringt, und am Ende der Kette steht die Wirkung, also das, was das Produkt bei Nutzern und der Gesellschaft auslöst.
Die Wirkungsindikatoren am Ende der Kette wiederum stehen im direkten Zusammenhang mit den strategischen Zielen der Kommune. So zahlt beispielsweise die Online-Buchung von Ferienangeboten darauf ein, diese vor allem sozial benachteiligten Familien zu öffnen. Im Rahmen des Pilotvorhabens ging man davon aus, dass diese Bevölkerungsgruppe eher den digitalen Zugang zu den Angeboten nutzen wird als die bestehenden analogen Zugänge, wie sie etwa Zeitungen bieten. Entsprechende Indikatoren bilden den Teil von Familien aus sozial schwachen Stadtteilen ab, welche die Angebote nutzen, sodass der Erfolg der Investition in Bezug auf dieses Ziel über die kommenden Jahre gemessen werden kann. „Eine faktenbasierte Vorbetrachtung bietet damit die Grundlage für die fortdauernde Überprüfung, ob die mithilfe der Digitalisierungsvorhaben angestrebten Ziele und Effekte auch tatsächlich erreicht werden oder eintreten“, erklärt Annekathrin Grehling, Kämmerin der Stadt Aachen. „Damit wird im Sinne eines Soll-Ist-Vergleichs nachvollziehbar, ob eine Anpassung der Maßnahme – bis hin zum Ersatz durch ein anderes Vorhaben – oder gar des Ziels selbst notwendig wird.“
Spreu vom Weizen trennen
Um die Übersicht über alle Indikatoren zu bewahren, haben die Städte zusammen mit PD als Einstieg ein erstes einfaches Werkzeug entwickelt. In diesem Excel-basierten Steuerungsinstrument werden Indikatoren für eine Investition festgehalten und die Erhebungswerte notiert. Um mehrere Investitionen vergleichen zu können, ist eine Interpretation der Indikatoren und ihrer Messungen erforderlich. Im Steuerungsinstrument kann dafür eine Bewertung in Form von Sternen mit fünf als höchster Punktzahl vorgenommen werden. Je mehr Investitionen beobachtet werden und je mehr Messungen vorliegen, desto besser wird der Überblick für die Entscheidungsträger.
Im Endeffekt ergänzt das im Projekt entwickelte Instrument den doppischen Haushalt, welcher auf einen nachhaltigen und strategischen Mitteleinsatz abzielt. Die Wirkung von Investitionen wird transparent und messbar. Professorin Dörte Diemert, Kämmerin der Stadt Köln, ordnet das Vorhaben deshalb wie folgt ein: „Die Stadt Köln entwickelt ihren wirkungsorientierten Haushalt fort und macht ihn zum Nachhaltigkeitshaushalt. Die Studie verfolgt denselben Denkansatz für unsere Digitalisierungsvorhaben und unterstützt damit eine transparente Zielsetzung und Erfolgsmessung in der Stadtverwaltung.“ Aachen und Köln tun sich durch zügige Fortschritte in der Digitalisierung hervor, sagt die Kämmerin und fasst vor diesem Hintergrund Zielrichtung und Ergebnis des gemeinsamen Vorhabens zusammen: „Künftig wird noch transparenter dargestellt werden, welche Wirkungen unsere Städte mit der Digitalisierung von Verwaltung und Stadtgesellschaft anstreben und erreichen. Dies wird nicht zuletzt nachhaltigen Finanzen zugutekommen.“ Annekathrin Grehling ergänzt: „Dabei geht es nicht allein um die finanzielle und personelle Darstellbarkeit der Vorhaben; sie sollen nicht verhindert oder blockiert werden. Es geht vielmehr darum, die Spreu vom Weizen so zu trennen, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Bürgerinnen und Bürgern der größte Wirkungsvorteil in möglichst kurzer Zeit geboten wird.“ Das im Pilotprojekt entworfene Vorgehen und Instrument soll nun durch die Anwendung in zahlreichen Kommunen weiterentwickelt werden. Aachen, Köln und PD stehen hier für den Erfahrungsaustausch zur Verfügung.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juni 2020 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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