Montag, 24. Februar 2025

Corona-PandemieAnstoß zum Neudenken

[14.12.2020] MACH unterstützt öffentliche Einrichtungen auf dem Weg zur digitalen Verwaltung. Wie sich die Kommunen hier in der Corona-Krise aufstellen und welche Trends daraus abgeleitet werden können, erläutert Juri Bender, MACH-Vertriebsberater im Kommunalbereich, im Gespräch mit Kommune21.
Juri Bender

Juri Bender

(Bildquelle: Mach AG / Jakob Boerner)

Herr Bender, wie schätzen Sie aus Sicht der Firma MACH den Entwicklungsstand der Digitalisierung in den Kommunalverwaltungen ein?

Digitalisierung ist eigentlich kein neues Thema – mit der Umsetzung der E-Government-Gesetze und dem Onlinezugangsgesetz (OZG) beschäftigen wir uns schon seit einiger Zeit. Die Kommunen sind also bereits auf dem Weg dorthin. Nun hat die Corona-Pandemie aber den Fokus auf diese Themen verstärkt und zeigt, wer seine Hausaufgaben gemacht hat und wer bislang nur mitgelaufen ist. So wurden trotz voranschreitender Digitalisierung viele Kommunen während des ersten Lockdown im Frühjahr 2020 auf dem falschen Fuß erwischt. Arbeitsplätze waren nicht digital genug eingerichtet, sodass Verwaltungsmitarbeiter, die zur Risikogruppe gehören, zu Hause bleiben mussten, ohne arbeiten zu können. Für viele bei den Kommunen Beschäftigte war Homeoffice eben kein gängiges Modell. Nun verlangte die Pandemie plötzlich eine agile Arbeitsweise, die nicht in der DNA jeder Verwaltung steckt.

Hat das auch positive Seiten?

Ja, denn die Kommunen bemerken jetzt, welche Vorteile es hat, sich bei der Digitalisierung von Prozessen und Arbeitsweisen weiterzuentwickeln. Nach der Pandemie ist es vielleicht nicht mehr unbedingt erforderlich, aus dem Homeoffice oder mobil arbeiten zu können. Selbst dann werden aber hoffentlich viele Einrichtungen die während der Pandemie etablierten Neuerungen beibehalten. Das macht sie auch attraktiver für neue Arbeitskräfte. Denn Kommunen sind im Wettbewerb mit der Wirtschaft auf kompetente Mitarbeiter angewiesen. Diese in Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels zu gewinnen und zu halten, wird zunehmend zur Herausforderung. Ein Vorteil ist hier beispielsweise, dass Kommunen mit digitalen Arbeitsplätzen nicht mehr darauf angewiesen sind, dass ihre Mitarbeiter vor Ort ansässig sind. So könnte beispielsweise eine Arbeitskraft von Bayern aus für die Stadt Lübeck arbeiten. Das wäre letztlich eine Win-win-Situation für beide Seiten.

Was läuft schon gut?

In der Krise zeigte sich: Je weiter die Digitalisierung in den Verwaltungen fortgeschritten war, desto besser läuft es mit der Arbeitsverteilung. Ein gutes Beispiel liefert die Einführung der E-Rechnung oder E-Akte. Ich habe von einem Kunden gehört, der dank E-Rechnung keine Probleme damit hatte, Anfang April sachlich richtige Rechnungen zu schreiben. Das ging einfach von zu Hause aus auf dem Laptop, weil der Prozess schon so weit digital durchdacht und umgesetzt war. Problematisch wurde dies hingegen bei denen, die noch in analogen Prozessen steckten. Mitarbeiter mussten dann zum Teil mehrmals pro Woche in die Verwaltung kommen, um die Rechnungen physisch abzuarbeiten. Insgesamt zeigen die Erfahrungen: Digitalisierung lebt nicht davon, dass man etwas von oben ‚aufdrückt‘. Es geht vielmehr darum, Digitalisierung als Veränderungsprozess zu verstehen, der gemeinsam mit den Mitarbeitern einer Kommune gestaltet und umgesetzt wird.

„Corona zeigt im Brennglas, was wichtig ist.“
Wo besteht Verbesserungsbedarf?

Verbesserungsbedarf sehe ich insbesondere beim mobilen Arbeiten. Hier fällt auf, dass manche Kommunen sich entweder gar nicht verändern wollen oder zum Teil gar nicht verändern können, weil es an grundlegender Ausstattung fehlt. Das fängt beim Laptop an und reicht bis zur Büroausstattung für das Homeoffice, die rudimentär sein kann, aber trotzdem vorhanden sein muss. Problematisch ist außerdem, wenn die Prozesse nur zum Teil digital gedacht werden. Ein Beispiel: Die E-Rechnung wurde zwar eingeführt, die Rechnungen müssen aber trotzdem ausgedruckt und gestempelt werden – einfach, weil man das bisher immer so gemacht hat. Ein entsprechendes Umdenken hat bei vielen Kommunen noch nicht stattgefunden, ist aber essenziell. Es bringt nichts, einen analogen Prozess ins Digitale zu quetschen. Stattdessen muss man den digitalen Prozess eigenständig neu denken, um die Potenziale der Digitalisierung wirklich heben zu können. Digitale Prozesse und digitales Arbeiten erfordern außerdem ein anderes Mindset, als es vielerorts bislang gelebt wurde.

Hat die Corona-Pandemie Auswirkungen auf Smart-City-Entwicklungen?

Corona wird in dieser Hinsicht durchaus als Treiber gesehen. Wir nehmen wahr, dass sich Kommunen vermehrt über das Thema informieren und Beratung anfragen. Viele Anfragen sind aber noch sehr rudimentär und zielen eher darauf ab, was eine Smart City überhaupt auszeichnet. Aber es werden auch konkretere Fragen gestellt, etwa dahingehend, wie es Kommunen gelingt, smarter zu werden. Bei der Smart City handelt es sich um kein Produkt, das gekauft wird und sodann smart macht. Es handelt sich um einen umfangreichen Prozess, der viele verschiedene Aspekte beinhaltet.

Was bedeutet das genau?

Corona kann als Schub für Smart-City-Entwicklungen funktionieren, weil der notwendige Anstoß zum Neudenken gegeben wird. Fest steht aber auch: Verwaltungen, die noch in analogen Denkweisen verharren, werden so schnell nicht zur Smart City. Die Pandemie hat deutlich gezeigt, was passiert, wenn man nicht digital arbeitet. Vor Corona konnte man abwarten und Digitalisierungsprojekte sogar verschieben. Hier und da konnte man sich auch in Sicherheit wiegen, da man etwa bei der OZG-Umsetzung vermeintlich gut mit dabei war. Die Pandemie zeigt nun unter dem Brennglas was wichtig ist und was jetzt zählt: Es reicht für Kommunen nicht aus, einen guten Plan zu haben. Sie müssen diesen auch als ganzheitliches Konzept denken und tatsächlich umsetzen. Punktuelle Veränderungen, die nur einzelne Bereiche oder Arbeitsschritte digitalisieren, bringen nicht die nötigen Verbesserungen. Kommunen, die sich noch nicht an die Digitalisierung gewagt haben, leiden jetzt darunter und arbeiten unter erschwerten Arbeitsbedingungen. Ich denke dennoch, dass diese mitunter unangenehmen Erfahrungen zu einem Umdenken führen werden, das letztendlich auch die Smart-City-Bewegung vorantreiben wird.

Gibt es andere digitale Trends in den Kommunen, die sich durch die Corona-Krise entwickeln oder verstärken?

Das digitalisierte Arbeiten im öffentlichen Gesundheitsdienst ist aktuell natürlich ein großes Thema – bislang werden dort häufig sogar noch Faxgeräte zur Übermittlung der Corona-Infektionszahlen genutzt. Dabei gibt es längst neue, effektivere Lösungen, eine entsprechende Schnittstelle könnte bereits helfen. Viele Kommunen haben im Zuge der Krise entsprechende Vorschläge unterbreitet, sodass das händische Abtippen von Excel-Tabellen der Vergangenheit angehören könnte. Auch der Trend zum digitalen oder mobilen Arbeiten verstärkt sich durch die Pandemie spürbar. Verwaltungsmitarbeiter werden zukünftig nicht mehr darauf angewiesen sein, jeden Tag physisch im Büro zu arbeiten. Viele lernen das nun sehr zu schätzen. Denn das mobiles oder digitale Arbeiten erleichtert es ihnen, ihren Tag zu strukturieren und eine bessere Work-Life-Balance herzustellen. Ich denke, das wird sich auch über die Verwaltung hinaus noch weiter verbreiten.

Interview: Corinna Heinicke

Hintergrund, Kongress Innovatives ManagementDas Kommune21-Interview mit Juri Bender fand im Rahmen des diesjährigen Kongresses Innovatives Management statt. Die MACH-Veranstaltung legte den Fokus insbesondere auf die konstruktiven Lehren aus der Corona-Krise.



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