GenossenschaftenAufbruch als Alternative
Droht Deutschland den Anschluss zu verlieren? Alle reden von Industrie 4.0. Viele halten aber die bisherigen Bemühungen von Wirtschaft und Politik, Strukturen und Standortfaktoren an die Bedürfnisse der digitalen Wertschöpfung anzupassen, für unzureichend. Ohne leistungsfähige Datenleitungen geht jedenfalls nichts. Glasfaserleitungen mit Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) sind für einen modernen Wirtschaftsstandort ebenso wichtig wie eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur. Der Bund setzt mit der Präferenz von Kupferkabeln allerdings auf eine nicht zukunftsträchtige Technologie. Mit der Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA), der Deutschen Telekom den Ausbau mit veralteter Vectoring-Technik zu ermöglichen, gerät der Glasfaserausbau ins Hintertreffen. Glasfasernetze, bei denen die Glasfaser bis zum Endkunden verlegt wird – so genannte Fibre-to-the-Building-Lösungen (FTTB) – bieten gegenüber der Telekom-Technologie Fibre-to-the-Curb (FTTC) – hier werden Glasfaser nur bis zum Kabelverzweiger verlegt – die notwendige Performance, um die digitalen Anwendungen der Zukunft auch umzusetzen. Die wesentlichen Vorteile liegen in der frei skalierbaren symmetrischen Datenrate der Netze – hier sind Up- und Download-Geschwindigkeit gleich groß – und in den geringen Latenzzeiten. Die Vectoring-Technik stößt allein schon aus physikalischer Sicht an ihre Leistungsgrenze und gilt daher nur als Brückentechnologie hin zum Glasfasernetz. Für die Außenbereiche stellt Vectoring-Technik somit keine Lösung dar.
Zwei genossenschaftliche Modellregionen
Kleine und mittlere Unternehmen sowie Kommunen im ländlichen Raum werden eigene Lösungen entwickeln müssen. Wie bei der Energiewende können hier Genossenschaften eine wichtige Rolle spielen. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen versucht nun politisch nachzusteuern, indem sie die Beantragung von Fördergeldern für den Ausbau von Gewerbegebieten beschleunigt. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Derzeit gibt es in Nordrhein-Westfalen zwei genossenschaftliche Modellregionen in Hagen und im Kreis Paderborn, wo einerseits eine privatwirtschaftliche und andererseits eine kommunale Initiative den Breitband-Ausbau forcieren. In Hagen planen 220 Unternehmen, sich zu einer Genossenschaft zusammenzuschließen, um den Breitband-Ausbau im Gewerbegebiet Lennetal gemeinschaftlich anzugehen. Die Genossenschaft baut das Breitband-Netz und ist Netzeigentümerin. Unternehmen, Privathaushalte und Kommune können Mitglied der Breitbandgenossenschaft Hagen werden, um so die Genossenschaft mit dem notwendigen Eigenkapital zu versorgen. Die Genossenschaft vermietet das Netz an einen technischen Betreiber oder Provider und erzielt Leistungsentgelte zur Refinanzierung der Kredite und für eine mögliche Gewinnausschüttung an ihre Mitglieder. Auch der Kreis Paderborn musste feststellen, dass der Netzausbau im ländlichen Bereich für Telekommunikationsunternehmen oft nicht interessant ist. Aufgrund der langen Überlandstrecken ist die Wirtschaftlichkeit häufig nicht gegeben, sodass es hier zum Marktversagen kommt. Insbesondere die Gewerbegebiete im Kreis Paderborn sind deutlich unterversorgt. Die Genossenschaft ist so angelegt, dass die Kommunen ihre Netzinfrastruktur in sie einbringen, dabei verbleiben 30 Prozent des Werts als Eigenkapitalanteil in der Genossenschaft und 70 Prozent werden sofort über die Genossenschaft refinanziert. Der Mehrwert der Genossenschaft liegt in der Liquiditätssteigerung der Kommunen. Die Handlungsfähigkeit der Genossenschaft wäre auch bei einem Beitritt angrenzender Kreise sofort gegeben. Ziel des Kreises Paderborn ist es, die Genossenschaft wirtschaftlich tragfähig zu betreiben und eine schwarze zu erreichen. Dazu werden unter Ausnutzung von Fördermitteln Ertragsverbesserungen durch die gebündelte Vermarktung von Netzen angestrebt. Durch Mitverlegung oder Leerrohrnutzung werden zudem Synergien genutzt und die Tiefbaukosten reduziert.
Größenvorteile nutzen
Beim Breitband-Ausbau in Gewerbegebieten ist die Genossenschaftsform vor allem deshalb zu empfehlen, weil in der Gemeinschaft Größenvorteile genutzt werden können, ohne dass die beteiligten Unternehmen und Kommunen ihre Selbstständigkeit aufgeben müssen. Durch die demokratische Unternehmensverfassung einer eingetragenen Genossenschaft ist stets eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gewährleistet. Da der Zweck einer solchen Genossenschaft mit der Zurverfügungstellung einer Breitband-Infrastruktur in der direkten Förderung der Mitglieder liegt, werden die Entscheidungen immer im Interesse und zum Vorteil der beteiligten Unternehmen oder Kommunen getroffen. Das wiederum unterstützt eine nachhaltige Unternehmensstrategie. Kurzum: Die übereinstimmende Identität von Kunde und Anteilseigner bremst die Gefahr bei der eingetragenen Genossenschaft, einseitigen Interessen nachzugehen. Deshalb ist es in einer Genossenschaft leichter, dem Handeln eine langfristige Ausrichtung zu geben. In einer Kapital- oder Aktiengesellschaft, wo Märkte oder Marktmacher bisweilen nur schnelle Gewinne erzielen wollen, sieht das gelegentlich ganz anders aus. Auch lassen sich mit dem genossenschaftlichen Modell Geschäftsmodelle kommunaler Stadtwerke kombinieren, wenn diesen der Breitband-Ausbau in der Region übertragen wurde. Das betrifft vor allem Geschäftsmodelle zur Bürgerbeteiligung. Interessant wäre es in diesem Zusammenhang auch, Bürger an der gesamten Infrastruktur der Gemeinde, bestehend aus Strom-, Gas- und Breitband-Netzen, zu beteiligen. Durch den Einbau zusätzlicher genossenschaftlicher Rückvergütungsmodelle in die Satzung, ließe sich auch für die Nicht-Breitband-Geschäftsfelder ein enormes Kundenbindungspotenzial generieren und somit vielleicht der Abwanderungsprozess hin zu den Online-Strombörsen entschleunigen.
Auf den richtigen Mix kommt es an
Die Genossenschaft erfüllt alle Voraussetzungen für eine kommunale Beteiligung nach der Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Der Erfolg eines genossenschaftlichen Breitband-Modells in der Kommune ist immer dann gewährleistet, wenn es den Kommunen gelingt, neben den teilweise unwirtschaftlichen ländlichen Gebieten auch die städtische Versorgung in ein solches Modell zu überführen. Letztendlich kommt es auf den richtigen Mix der Netzinfrastruktur an. Dabei sollten die Kommunen insbesondere auf einen zukunftsträchtigen Ausbau ihrer Netze Wert legen. Eine Brückentechnologie, die aufgrund des stetig steigenden Bedarfs an Breitband-Raten in wenigen Jahren physikalisch an ihre Grenze stößt, ist hier nicht hilfreich. Der Rückgriff auf eine solche würde schlichtweg eine Fehlallokation von Steuermitteln bedeuten. Denn die Kommunen würden in kürzester Zeit vor den gleichen Herausforderungen wie heute stehen und müssten ein komplettes Neuinvestment aufsetzen, um die steigenden Anforderungen erfüllen zu können.
Dieser Beitrag ist in der Oktober-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt Breitband erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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