Kreis HaßbergeAus vier wird eins
Im Jugend- und Sozialamt des Landkreises Haßberge soll künftig eine einzige Lösung an die Stelle von bislang vier Verfahren rücken: OK.JUS, die Software für Jugend und Soziales der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB). Seit Januar 2019 ist die Lösung im Bereich Unterhaltsvorschuss und Jugendgerichtshilfe im Einsatz. Fragt man Markus Deißler, warum sich das Jugend- und Sozialamt für die Komplett-Software entschieden hat, muss er bis ins Jahr 2014 ausholen. Denn die Einführung der neuen Anwendung ist fester Bestandteil eines ambitionierten Projekts. Das Ziel: ein agiles, vollkommen digitalisiertes Jugend- und Sozialamt. „Schon damals hieß unsere Mission: mehr Bürgerfreundlichkeit durch mehr Digitalisierung“, sagt der Bereichsleiter im Sozialamt, der zusammen mit Christina Schnös und Anja Utzmann vom Jugendamt das Vorhaben federführend begleitet. „Wir haben dem Projekt den Namen ‚neues Sozialwesen‘ gegeben. Die betroffenen Bereiche sind Personal, Organisation, IT und Netzwerke. In Zukunft soll es zum Beispiel eine Clearing-Stelle im Jugend- und Sozialamt geben. Hier können Bürger Anträge für alle Leistungsbereiche an einer Stelle abgeben. Gleichzeitig sollen die Mitarbeiter entlastet werden. Weniger Administration, mehr Sacharbeit. So lautete die Devise.“
Herausforderungen gemeistert
Nach konsequenter Planung des Großprojekts führte das Jugend- und Sozialamt im Jahr 2015 ein Dokumenten-Management-System (DMS) und später eine digitale Akte ein. Bis Ende 2021 sollen die vier bisherigen Fachanwendungen mit ihren unterschiedlichen Benutzeroberflächen und Schnittstellen durch das SYNERGO-Verfahren OK.JUS ersetzt werden. Die Software bildet sämtliche Prozesse im Jugend- und Sozialamt ab. Um sich nicht zu überfordern, startete die Kommune erst einmal mit der Einführung des OK.JUS-Moduls Unterhaltsvorschuss. „Das Jugend- und Sozialamt hat viele Bereiche, da wollten wir mit einem überschaubaren beginnen“, erklärt Deißler. „Hier arbeiten nur vier der insgesamt fast 80 Beschäftigten und es gab ohnehin dringenden Handlungsbedarf.“ Fachwirtin Christina Schnös ergänzt: „Seit dem 1. Juli 2017 sind Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr anspruchsberechtigt. Seitdem hat sich die Fallzahl verdoppelt. Heute bearbeiten wir 520 Fälle im Landratsamt.“
Die Umstellung auf das Modul Unterhaltsvorschuss startete im August 2018. Als erstes wurde das Programm installiert. „Dann wurden wir drei Administratoren geschult“, erzählt Schnös. „Anschließend führten wir Workshops mit den Sachbearbeitern durch, um die Arbeitsprozesse beim Unterhaltsvorschuss zu definieren. Schließlich haben wir die vielen Word-Dokumente eingebunden. Nach Überprüfung und Abnahme der Prozesse durch die AKDB wurden die Sachbearbeiter geschult. Und zum 18. Dezember 2018 war das Unterhaltsvorschuss-Modul einsatzbereit.“ Was sich leicht anhört, war nicht ohne Tücken: „Wir mussten einige Arbeitsschritte trennen. Etwa den Antrag auf der einen und das Widerspruchsverfahren auf der anderen Seite. Dabei haben wir sehr eng mit der AKDB zusammengearbeitet.“ Auch die Migration der Daten aus dem Altverfahren stellte sich als recht komplex heraus. Daten, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten, mussten bereinigt, Formulare eingebunden, angepasst und überprüft werden. Christina Schnös ist überzeugt: Ohne stetigen Austausch auf Augenhöhe hätte die Umstellung nicht so reibungslos geklappt.
Übersicht und Qualität optimiert
Damit die Programmfunktionen exakt den Arbeitsschritten im Amt entsprechen, wurden individuelle Anpassungen vorgenommen. Eine bessere Datenqualität zählt zu den Ergebnissen. „Wir müssen zwar mehr Daten eingeben als früher. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass wir am Ende des Jahres viel präzisere Statistiken erstellen können. Und zwar auf Knopfdruck. Früher haben wir umständliche Excel-Tabellen befüllt. Das ist jetzt vorbei.“ Markus Deißler schätzt die logisch und überschaubar angeordnete Datenfülle. Jede einzelne Fallhistorie ist jetzt detaillierter nachvollziehbar. „Ich sage zu den Kollegen immer: Irgendwann müsst ihr gar nicht mehr in den Akten nachschauen, denn alle Schritte zu einem Fall sind schon in OK.JUS in den Masken dokumentiert: Wann ist der Antrag gestellt worden? Wann war die Bewilligung? Welche Gelder sind ausgezahlt worden? Wann war die Inverzugsetzung? Wann ging das Anhörungsschreiben raus? Diese Fragen werden dann von der Software beantwortet.“
Ein weiterer Vorteil von OK.JUS ist die digitale Anbindung an das bayerische Landesamt für Finanzen. Die vom Jugendamt veranlasste Sollstellung wird im Programm über die Schnittstelle zum Integrierten Haushalts- und Kassenverfahren (IHV) beim Landesamt für Finanzen weitergeleitet. Diese Schnittstelle ist bidirektional, sodass Informationen zu den Ist-Einnahmen vom IHV ans Amt zurückgeschickt werden können. Das Jugendamt des Kreises Haßberge ist somit das erste in Bayern, das über eine digitale Schnittstelle mit dem integrierten Haushalts- und Kassenverfahren verbunden ist.
Das Jugendamt der Zukunft
Im Jugend- und Sozialamt des Kreises ist viel erreicht worden. Trotzdem steht noch Arbeit bevor, kündigt Markus Deißler an: „Bald werden die Module Beistandschaften und Vormundschaften eingesetzt, danach folgt die Einführung im Bereich Beurkundungen. Im zweiten Halbjahr stehen die Bereiche Wirtschaftliche Jugendhilfe und Allgemeiner Sozialer Dienst an. Erst später die Module Sozialhilfe und Wohngeld.“ Der Jugend- und Sozialbereich ist ein weit verästeltes Arbeitsgebiet mit vielen unterschiedlichen Aufgaben- und Verantwortungsbereichen, sagt Deißler. „Toll ist, dass OK.JUS alle Prozesse in ihrer Gesamtheit abbildet. Inklusive E-Akte, Auswertungen und Statistiken.“
Der Verwaltungsfachwirt hat klar vor Augen, wie das Jugend- und Sozialamt der Zukunft aussehen soll. Einerseits sollen die Bürger von einem besseren und schnelleren Service profitieren – zum Beispiel durch immer mehr Online-Dienstleistungen. Andererseits sollen die Mitarbeiter sich ausschließlich auf ihre Fälle konzentrieren können. Damit dieser Wunsch Realität wird, entstehen neue Berufsbilder: „Wir werden ein Service-Team Soziales aufbauen. Das sind vier bis fünf Leute, die sich ausschließlich um Statistiken, Controlling, Förderangelegenheiten, Haushaltsplanung und die Betreuung der Software OK.JUS kümmern.“ Markus Deißler ist seit 30 Jahren im Landratsamt tätig. Er weiß: Es ist gerade sehr viel im Umbruch. Umso mehr wissen er und seine Kolleginnen die Zusammenarbeit mit dem Projekt- und Entwicklungsteam des IT-Dienstleisters zu schätzen: „Dass die AKDB bei der Software-Entwicklung nicht nur auf unsere Wünsche und Bedürfnisse eingeht, sondern uns engmaschig begleitet, schult und berät, ist in unseren Augen ausschlaggebend für den Erfolg unseres Plans: das Sozialwesen im Landratsamt Haßberge zukunftsfähig zu machen.“
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2019 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Kitalösungen: Freiräume geschaffen
[29.11.2024] Die Stadt Nürnberg arbeitet seit rund einem Jahr mit dem Fachverfahren adebisKITA. Über Schnittstellen zum Kitaportal und zur Software SAP HCM können insbesondere die Kitaleitungen entlastet werden; und das manuelle Erfassen von Daten ist obsolet geworden. mehr...
Schwerin: Wohnsitz online anmelden möglich
[29.11.2024] In Schwerin können Bürgerinnen und Bürger ihren Wohnsitz ab sofort digital anmelden. Mit der Elektronischen Wohnsitzanmeldung (eWA) entfällt der Behördengang. Der Service wurde nach dem EfA-Prinzip entwickelt und wird von immer mehr Kommunen nachgenutzt. mehr...
ITEBO: Virtuelles Bauamt rege genutzt
[28.11.2024] Mehr als 250.000 elektronische Baugenehmigungen sind in den vergangenen Jahren über das virtuelle Bauamt ITeBAU von Anbieter ITEBO abgewickelt worden. In diesem Jahr wurde die Integration der Standards XBau 2.3.1 und XTA2 für die Bauaufsichtsbehörden umgesetzt. mehr...
Kreis Saarlouis: Minister informiert sich über digitalen Bauantrag
[27.11.2024] Im Saarland ist der Digitale Bauantrag Anfang Juli in den Silent-Go-live-Betrieb gestartet. Nun hat sich Digitalminister Jürgen Barke im pilotierenden Landkreis Saarlouis über den Projektfortschritt informiert. mehr...
Neu Wulmstorf: Kundenorientiertes Meldewesen
[22.11.2024] Um den Bürgerservice im Meldewesen kundenorientierter zu gestalten, setzt Neu Wulmstorf eine Software zur Terminverwaltung, -buchung und Besucherlenkung ein. Ein per Schnittstelle integriertes Selbsterfassungssystem für Passfoto und Unterschrift steht ebenfalls zur Verfügung. mehr...
Berlin: SoFinData im Probe-Echtbetrieb
[18.11.2024] Mit SoFinData steht in Berlin eine neuartige landesweite Planungs- und Steuerungsgrundlage für die Sozial- und Finanzplanung zur Verfügung. Die vorrangig auf Open-Source-Lösungen basierende Plattform ist seit November im Probe-Echtbetrieb. mehr...
Essen: Einbürgerungsbehörde startet E-Verfahren
[14.11.2024] Die Einbürgerungsbehörde der Stadtverwaltung Essen stellt auf ein digitalisiertes Antragsverfahren um. Das Verfahren soll so von bislang 1,5 Jahren auf vier Monate verkürzt werden. mehr...
NRW: Die digitale Baugenehmigung startet
[13.11.2024] Die Stadt und der Kreis Borken sowie der Märkische Kreis haben jetzt gemeinsam mit dem Unternehmen Prosoz Herten den vollständig digitalen Baugenehmigungsprozess eingeführt. Das neue System soll den Weg für eine landesweite Digitalisierung im Bauwesen in Nordrhein-Westfalen ebnen. mehr...
Rheingau-Taunus-Kreis: Pilot für digitale Baugenehmigung
[07.11.2024] Nach erfolgreicher Testphase bietet der Rheingau-Taunus-Kreis nun als Pilotkommune den digitalen Bauantrag über das Bauportal Hessen an. Das digitale Verfahren soll zum Standard im Land werden. mehr...
Baindt: Digitaler Gewerbesteuerbescheid kommt
[06.11.2024] Die Gemeinde Baindt übermittelt als erste Kommune in Baden-Württemberg digitale Gewerbesteuerbescheide. Der neue Prozess spart Zeit und Kosten für Verwaltung und Unternehmen und markiert einen Fortschritt in der OZG-Umsetzung. mehr...
Nürnberg: Digital vorbereiten mit dem Traukalender
[06.11.2024] Ein digitaler Traukalender unterstützt in der Stadt Nürnberg jetzt bei wichtigen Schritten rund um das Thema Heiraten. Begleitet wird der Service von einem Video, mehreren Onlinediensten und einem neuen Internetauftritt. mehr...
Herdecke: Kitaportal im Eilverfahren realisiert
[06.11.2024] Die Stadt Herdecke setzt auf ein modernes Kitaportal von Anbieter Nolis und hat dieses im Eiltempo realisiert: Zwischen Beauftragung und Freischaltung lagen nur acht Wochen. mehr...
Kreis Heilbronn/Karlsruhe: Bauanträge bald nur noch digital
[01.11.2024] Bauanträge können beim Landratsamt Heilbronn ab dem kommenden Jahr nur noch in digitaler Form eingereicht werden. Auch die Stadt Karlsruhe stellt ab Januar auf den digitalen Bauantrag um mehr...
Fachveranstaltung: Ende-zu-Ende-Digitalisierung in der Praxis
[31.10.2024] Am 19. November 2024 stellen das Innenministerium Baden-Württemberg und die Sächsische Staatskanzlei auf der Fachveranstaltung „Vom OZG-Hub bis ins Fachverfahren – Ende-zu-Ende-Digitalisierung in der Praxis“ in Berlin neue Praxislösungen für die vollständige Digitalisierung kommunaler Antragsprozesse vor. mehr...
Bayern: eWA-Pilotprojekt abgeschlossen
[29.10.2024] Erfolgreich haben München, Nürnberg und Augsburg die elektronische Wohnsitzanmeldung (eWA) für Bayern pilotiert. Das Verfahren wird nun flächendeckend im Freistaat eingeführt. mehr...