Kreis HaßbergeAus vier wird eins

Kreis Haßberge will Sozialwesen zukunftsfähig machen.
Markus Deißler, Bereichsleiter im Sozialamt Haßberge, und seine Mitarbeiterin Christina Schnös
(Bildquelle: Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB))
Im Jugend- und Sozialamt des Landkreises Haßberge soll künftig eine einzige Lösung an die Stelle von bislang vier Verfahren rücken: OK.JUS, die Software für Jugend und Soziales der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB). Seit Januar 2019 ist die Lösung im Bereich Unterhaltsvorschuss und Jugendgerichtshilfe im Einsatz. Fragt man Markus Deißler, warum sich das Jugend- und Sozialamt für die Komplett-Software entschieden hat, muss er bis ins Jahr 2014 ausholen. Denn die Einführung der neuen Anwendung ist fester Bestandteil eines ambitionierten Projekts. Das Ziel: ein agiles, vollkommen digitalisiertes Jugend- und Sozialamt. „Schon damals hieß unsere Mission: mehr Bürgerfreundlichkeit durch mehr Digitalisierung“, sagt der Bereichsleiter im Sozialamt, der zusammen mit Christina Schnös und Anja Utzmann vom Jugendamt das Vorhaben federführend begleitet. „Wir haben dem Projekt den Namen ‚neues Sozialwesen‘ gegeben. Die betroffenen Bereiche sind Personal, Organisation, IT und Netzwerke. In Zukunft soll es zum Beispiel eine Clearing-Stelle im Jugend- und Sozialamt geben. Hier können Bürger Anträge für alle Leistungsbereiche an einer Stelle abgeben. Gleichzeitig sollen die Mitarbeiter entlastet werden. Weniger Administration, mehr Sacharbeit. So lautete die Devise.“
Herausforderungen gemeistert
Nach konsequenter Planung des Großprojekts führte das Jugend- und Sozialamt im Jahr 2015 ein Dokumenten-Management-System (DMS) und später eine digitale Akte ein. Bis Ende 2021 sollen die vier bisherigen Fachanwendungen mit ihren unterschiedlichen Benutzeroberflächen und Schnittstellen durch das SYNERGO-Verfahren OK.JUS ersetzt werden. Die Software bildet sämtliche Prozesse im Jugend- und Sozialamt ab. Um sich nicht zu überfordern, startete die Kommune erst einmal mit der Einführung des OK.JUS-Moduls Unterhaltsvorschuss. „Das Jugend- und Sozialamt hat viele Bereiche, da wollten wir mit einem überschaubaren beginnen“, erklärt Deißler. „Hier arbeiten nur vier der insgesamt fast 80 Beschäftigten und es gab ohnehin dringenden Handlungsbedarf.“ Fachwirtin Christina Schnös ergänzt: „Seit dem 1. Juli 2017 sind Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr anspruchsberechtigt. Seitdem hat sich die Fallzahl verdoppelt. Heute bearbeiten wir 520 Fälle im Landratsamt.“
Die Umstellung auf das Modul Unterhaltsvorschuss startete im August 2018. Als erstes wurde das Programm installiert. „Dann wurden wir drei Administratoren geschult“, erzählt Schnös. „Anschließend führten wir Workshops mit den Sachbearbeitern durch, um die Arbeitsprozesse beim Unterhaltsvorschuss zu definieren. Schließlich haben wir die vielen Word-Dokumente eingebunden. Nach Überprüfung und Abnahme der Prozesse durch die AKDB wurden die Sachbearbeiter geschult. Und zum 18. Dezember 2018 war das Unterhaltsvorschuss-Modul einsatzbereit.“ Was sich leicht anhört, war nicht ohne Tücken: „Wir mussten einige Arbeitsschritte trennen. Etwa den Antrag auf der einen und das Widerspruchsverfahren auf der anderen Seite. Dabei haben wir sehr eng mit der AKDB zusammengearbeitet.“ Auch die Migration der Daten aus dem Altverfahren stellte sich als recht komplex heraus. Daten, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten, mussten bereinigt, Formulare eingebunden, angepasst und überprüft werden. Christina Schnös ist überzeugt: Ohne stetigen Austausch auf Augenhöhe hätte die Umstellung nicht so reibungslos geklappt.
Übersicht und Qualität optimiert
Damit die Programmfunktionen exakt den Arbeitsschritten im Amt entsprechen, wurden individuelle Anpassungen vorgenommen. Eine bessere Datenqualität zählt zu den Ergebnissen. „Wir müssen zwar mehr Daten eingeben als früher. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass wir am Ende des Jahres viel präzisere Statistiken erstellen können. Und zwar auf Knopfdruck. Früher haben wir umständliche Excel-Tabellen befüllt. Das ist jetzt vorbei.“ Markus Deißler schätzt die logisch und überschaubar angeordnete Datenfülle. Jede einzelne Fallhistorie ist jetzt detaillierter nachvollziehbar. „Ich sage zu den Kollegen immer: Irgendwann müsst ihr gar nicht mehr in den Akten nachschauen, denn alle Schritte zu einem Fall sind schon in OK.JUS in den Masken dokumentiert: Wann ist der Antrag gestellt worden? Wann war die Bewilligung? Welche Gelder sind ausgezahlt worden? Wann war die Inverzugsetzung? Wann ging das Anhörungsschreiben raus? Diese Fragen werden dann von der Software beantwortet.“
Ein weiterer Vorteil von OK.JUS ist die digitale Anbindung an das bayerische Landesamt für Finanzen. Die vom Jugendamt veranlasste Sollstellung wird im Programm über die Schnittstelle zum Integrierten Haushalts- und Kassenverfahren (IHV) beim Landesamt für Finanzen weitergeleitet. Diese Schnittstelle ist bidirektional, sodass Informationen zu den Ist-Einnahmen vom IHV ans Amt zurückgeschickt werden können. Das Jugendamt des Kreises Haßberge ist somit das erste in Bayern, das über eine digitale Schnittstelle mit dem integrierten Haushalts- und Kassenverfahren verbunden ist.
Das Jugendamt der Zukunft
Im Jugend- und Sozialamt des Kreises ist viel erreicht worden. Trotzdem steht noch Arbeit bevor, kündigt Markus Deißler an: „Bald werden die Module Beistandschaften und Vormundschaften eingesetzt, danach folgt die Einführung im Bereich Beurkundungen. Im zweiten Halbjahr stehen die Bereiche Wirtschaftliche Jugendhilfe und Allgemeiner Sozialer Dienst an. Erst später die Module Sozialhilfe und Wohngeld.“ Der Jugend- und Sozialbereich ist ein weit verästeltes Arbeitsgebiet mit vielen unterschiedlichen Aufgaben- und Verantwortungsbereichen, sagt Deißler. „Toll ist, dass OK.JUS alle Prozesse in ihrer Gesamtheit abbildet. Inklusive E-Akte, Auswertungen und Statistiken.“
Der Verwaltungsfachwirt hat klar vor Augen, wie das Jugend- und Sozialamt der Zukunft aussehen soll. Einerseits sollen die Bürger von einem besseren und schnelleren Service profitieren – zum Beispiel durch immer mehr Online-Dienstleistungen. Andererseits sollen die Mitarbeiter sich ausschließlich auf ihre Fälle konzentrieren können. Damit dieser Wunsch Realität wird, entstehen neue Berufsbilder: „Wir werden ein Service-Team Soziales aufbauen. Das sind vier bis fünf Leute, die sich ausschließlich um Statistiken, Controlling, Förderangelegenheiten, Haushaltsplanung und die Betreuung der Software OK.JUS kümmern.“ Markus Deißler ist seit 30 Jahren im Landratsamt tätig. Er weiß: Es ist gerade sehr viel im Umbruch. Umso mehr wissen er und seine Kolleginnen die Zusammenarbeit mit dem Projekt- und Entwicklungsteam des IT-Dienstleisters zu schätzen: „Dass die AKDB bei der Software-Entwicklung nicht nur auf unsere Wünsche und Bedürfnisse eingeht, sondern uns engmaschig begleitet, schult und berät, ist in unseren Augen ausschlaggebend für den Erfolg unseres Plans: das Sozialwesen im Landratsamt Haßberge zukunftsfähig zu machen.“
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2019 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Mannheim: Ein Jahr virtuelles Bauamt
[04.04.2025] Seit einem Jahr werden in Mannheim Baugenehmigungen vom Antrag bis zur Genehmigung ausschließlich elektronisch eingereicht und weiterbearbeitet. Auch die fertigen Bescheide können mittlerweile elektronisch übermittelt werden. Als nächstes soll die Bauamtsplattform an das städtische Fachverfahren angebunden werden. mehr...
Little Bird: Jobbörse gestartet
[03.04.2025] Die jetzt freigeschaltete Jobbörse von Anbieter Little Bird möchte Kindertagesstätten, Schulen und andere pädagogische Einrichtungen dabei unterstützen, qualifiziertes Personal zu finden. mehr...
Jena: Neue Software im Fachdienst Bürgerdienste
[01.04.2025] Die Stadt Jena stellt ihren Fachdienst Bürgerdienste auf die Software VOIS | MESO um, um Verwaltungsprozesse zu optimieren und die Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten. Die technische Migration erfolgt im laufenden Betrieb und umfasst die Übertragung von über 115.000 Datensätzen. mehr...
Gütersloh: Vom Bürgerportal ins Trauzimmer
[21.03.2025] Die Stadt Gütersloh führt die EfA-Leistung Ehe ein. Paare können ihre Eheschließung dann online an- oder voranmelden, ein Ehefähigkeitszeugnis beantragen, ihre Ehe nachbeurkunden lassen oder Ehe- und Lebenspartnerschaftsurkunden beantragen, bestellen und bezahlen. mehr...
Stuttgart: Bau‐Ermöglichungsämter statt langer Wartezeiten
[19.03.2025] Stuttgart will seine Bauverfahren beschleunigen und setzt sich ambitionierte Ziele. So sollen Bauanträge künftig in 65 Tagen entschieden werden. Dafür setzt die Stadt auf mehr Personal, optimierte Prozesse und Digitalisierung. Ein erster Schritt: Online-Terminbuchungen im Baurechtsamt. mehr...
OZG: Minden testet Online-Wohnsitzanmeldung
[19.03.2025] Das nordrhein-westfälische Minden erweitert seine Dienstleistungen um die digitale Wohnsitzanmeldung. Der Service kommt ganz ohne Besuch beim Amt aus. Nun sucht die Stadt Testpersonen, die kürzlich umgezogen sind und den Onlinedienst ausprobieren wollen. mehr...
AKDB: eWaffe in 100 Kommunen
[18.03.2025] Mit dem Kreis Kulmbach setzen jetzt 100 Kommunen den OZG-Dienst eWaffe ein. 213 Kommunen in insgesamt 13 Bundesländern befinden sich im Roll-out-Prozess, 83 weitere wollen bald nachziehen. mehr...
Baugenehmigungsverfahren: In Frankfurt ab April komplett digital
[17.03.2025] Ab April wird das Baugenehmigungsverfahren bei der Stadt Frankfurt am Main vollständig digital abgewickelt. Vom Bauportal über eine zentrale Scanstelle bis hin zur Softwareaktualisierung hat die Mainmetropole mit zahlreichen Maßnahmen den Weg dahin bereitet. mehr...
OWL-IT: Dresden über ITP informiert
[14.03.2025] Die Stadt Dresden plant, künftig auch den Integrierten Teilhabeplan (ITP) über die Fachsoftware FMG.soz abzubilden. Vertreter von OWL-IT haben in der sächsischen Landeshauptstadt den Prozess für ein entsprechendes Einführungsprojekt vorgestellt. mehr...
Frankfurt am Main: Weniger Papier im Wohnungswesen
[13.03.2025] Das Frankfurter Amt für Wohnungswesen ermöglicht ab sofort die digitale Erhebung der Fehlbelegungsabgabe. Mieter von Sozialwohnungen können ihre Unterlagen nun online einreichen, wodurch Kosten und Papierverbrauch gesenkt werden. mehr...
Hanau: Digitaler Bauantrag jetzt Standard
[11.03.2025] Nach einer einjährigen Testphase wird der digitale Bauantrag in Hanau jetzt zum Standard. Damit gehört die Stadt in Hessen zu den Vorreitern. mehr...
PD-Whitepaper: Low Code in der Praxis
[10.03.2025] Wie sieht der mit vielen Erwartungen verbundene Einsatz von Low-Code-Technologien in der kommunalen Praxis tatsächlich aus? Das Beratungshaus PD hat nun einen Praxisleitfaden vorgelegt, der alle Aspekte dieses Themas beleuchtet. mehr...
VOIS|HUND: Fachverfahren ab 2026 verfügbar
[07.03.2025] An der Entwicklung des Fachverfahrens VOIS|HUND arbeitet aktuell die KDO. Im ersten Quartal 2026 soll die neue Software zunächst in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Brandenburg eingeführt werden. mehr...
Ulm: Beim virtuellen Bauamt vorne dabei
[27.02.2025] Die Stadt Ulm ist eine von zwei Kommunen im Land, deren Baurechtsbehörde ihre Fachverfahren bereits vollständig an das Virtuelle Bauamt Baden-Württemberg (ViBa-BW) angebunden hat. mehr...
Kreis Fulda: Kommunale Bauämter werden digital
[24.02.2025] Mittel des Landes Hessen haben Kommunen im Landkreis Fulda die Umstellung auf die digitale Bearbeitung von Bauanträgen ermöglicht. Ziel des Vorhabens war medienbruchfreies Arbeiten zwischen angehörigen Kommunen und Landkreis, das auch als die Basis für weitere Onlineangebote dient. mehr...