InterviewBarrierefreie IT nützt allen
Frau Professorin Meyer zu Bexten, mit der zunehmenden Digitalisierung gewinnt das Thema Barrierefreiheit in der IT an Bedeutung. Hat sich das etwa bei der Gestaltung von Websites schon herumgesprochen?
In den Ministerien und nachgeordneten Behörden sowie bei den kommunalen IT-Dienstleistern ist das Thema barrierefreie IT schon längst angekommen. Gerade kleinere Gemeinden tun sich aber noch schwer. Wir haben viele Anfragen von Kommunen, die ihre Internet-Auftritte barrierefrei gestalten wollen und dabei Unterstützung benötigen.
Sie sind eine der wenigen Landesbeauftragten für barrierefreie IT in Deutschland. Wie sind Ihre Aufgaben definiert?
Als Landesbeauftragte berate ich nicht nur die Landesregierung, sondern sensibilisiere für das Thema im ganzen Land und sorge dafür, dass Barrierefreiheit in der IT insgesamt mehr Aufmerksamkeit erhält. Mir ist es wichtig zu zeigen, dass barrierefreie Informationstechnik nicht nur für Menschen mit Behinderungen unentbehrlich ist, sondern für alle. Ältere Menschen profitieren davon genauso wie beispielsweise Technik-Laien oder Bürger, die situativ oder temporär eingeschränkt sind.
Wie können Sie den Behörden und Kommunen helfen?
Das Landeskompetenzzentrum Barrierefreie Informationstechnik (LBIT) hat die Aufgabe, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu überwachen. Wir prüfen, ob behördliche Internet-Angebote barrierefrei gestaltet sind. Da die Überwachungsstelle erst nach der Überprüfung der Barrierefreiheit von Behörden-Websites beraten darf, gibt es noch das Landeskompetenzzentrum. Hier beraten wir Behörden und Kommunen, wie sie ihre Websites von Anfang an barrierefrei gestalten können.
Wie ist die digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gesetzlich geregelt?
Die Europäische Union hat die Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites inklusive Dokumente und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen erlassen. Diese Richtlinie verpflichtet öffentliche Stellen, ihre Websites inklusive Dokumente und mobilen Anwendungen barrierefrei zu gestalten. Die EU-Mitgliedstaaten haben diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. In Deutschland geschah dies durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Es regelt die barrierefreie Gestaltung durch öffentliche Stellen des Bundes, der Länder sowie von Unternehmen und Organisationen, die dem öffentlichen Recht unterliegen. Die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) wiederum konkretisiert die Anforderungen an barrierefreie Informationstechnik. Die Durchführungsverordnung schreibt vor, dass jede Website eine Erklärung zur Barrierefreiheit enthalten muss, in der angegeben wird, welche Bereiche noch nicht barrierefrei sind und bis wann dies der Fall sein wird. Außerdem muss jede Website über einen Feedback-Mechanismus verfügen, damit Fehler an die jeweilige Institution gemeldet werden können. In Hessen beispielsweise muss eine Institution dann innerhalb von sechs Wochen reagieren und den Fehler beheben.
„Wichtig ist, dass die Regeln konsequent umgesetzt und eingehalten werden.“
Wie wirken sich die Regelungen auf die digitale Teilhabe aus?
Die BITV stellt sicher, dass digitale Kommunikation für alle Menschen zugänglich ist. Dies kann durch Textalternativen für Bilder, Untertitel für Videos, gut erkennbare Links und Schaltflächen sowie eine klare Strukturierung der Inhalte erreicht werden. Auch öffentliche Dienstleistungen, die online angeboten werden, müssen für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich sein. Nach der BITV müssen Web-Seiten, Online-Formulare und andere E-Government-Dienste barrierefrei gestaltet sein. Damit sind die Regeln klar definiert. Wichtig ist aber, dass die Regeln konsequent umgesetzt und eingehalten werden. Hier arbeiten die Bundesländer eng zusammen.
Welche Arten von Behinderungen erschweren die Nutzung von IT-Systemen und welche Hilfsmittel gibt es?
Es betrifft alle Arten von Behinderungen, die man sich vorstellen kann. Menschen mit Sehbehinderungen haben Schwierigkeiten, kleine Schriften oder visuelle Inhalte auf Bildschirmen zu erkennen. Screenreader, Vergrößerungssoftware oder eine Tastatur, die Informationen auf dem Bildschirm in Brailleschrift anzeigt, können ihnen helfen. Für Menschen mit Hörbehinderungen sind Untertitel, Transkriptionen oder visuelle Hinweise wichtig. Menschen mit motorischen Einschränkungen, die Tastatur oder Maus nicht präzise bedienen können, benötigen sprachgesteuerte oder spezielle barrierefreie Eingabegeräte. Dies sind nur einige Beispiele. Viele Menschen sind auch temporär oder situativ eingeschränkt. Deshalb möchte ich noch einmal betonen, dass letztlich alle Menschen von barrierefreier Informationstechnik profitieren.
Gerade im öffentlichen Sektor geht es jetzt auch darum, barrierefreie Software zu entwickeln. Ist das Know-how dafür überhaupt vorhanden?
Viele Software-Entwickler haben sich dieses Wissen noch nicht angeeignet, da barrierefreie IT noch nicht flächendeckend als Studienfach angeboten wird. Auch in der Ausbildung von Fachinformatikern wird Barrierefreiheit vielleicht angesprochen, aber auch hier wird nicht vermittelt, wie man eine Website oder Dokumente barrierefrei gestaltet. Wir arbeiten übrigens eng mit ekom21 zusammen. Zwei Mitarbeitende des kommunalen IT-Dienstleisters sitzen hier bei uns. Wir beraten ekom21, und das Unternehmen betreut für uns die Kommunen.
Welche Standards und Normen müssen berücksichtigt werden?
Es gibt verschiedene Normen, an denen sich Entwickler orientieren müssen. Die Anforderungen an die Barrierefreiheit digitaler Produkte und Dienstleistungen sind beispielsweise in der Norm EN 301 549 festgelegt. Sie basiert auf den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), einem internationalen Standard des World Wide Web Consortiums. Derzeit arbeiten wir im Landeskompetenzzentrum Barrierefreie Informationstechnik eng mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) zusammen und entwickeln gemeinsam einen Standard-Anforderungskatalog. Dieser soll den Software-Entwicklern eine Hilfestellung geben, welche Anforderungen und Normen zu berücksichtigen sind. Zudem gibt es ein Online-Schulungsmodul auf der Plattform des eGov-Campus zum Thema „Digitale Barrierefreiheit – Teilhabe für alle“. Hier wird von der Sensibilisierung über gesetzliche Rahmenbedingungen bis hin zur Umsetzung umfassendes Wissen vermittelt.
Ist es überhaupt möglich, eine Website oder Software vollständig barrierefrei zu gestalten?
Das ist natürlich sehr schwierig. Wir haben beim Testen noch keine Seite gefunden, die nicht noch Fehler hatte. Aber man kann sagen, dass die Websites in den vergangenen Jahren viel besser geworden sind. Vor ein paar Jahren gab es noch schreckliche Websites, heute muss man schlechte Beispiele mit der Lupe suchen.
Das Interview ist in der Ausgabe Oktober 2023 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Märkischer Kreis: Website modernisiert
[12.12.2024] Im modernen Gewand präsentiert sich ab sofort die Website des Märkischen Kreises. Ein Fokus lag dabei auf einer verbesserten Nutzerfreundlichkeit. Der neue Auftritt löst zugleich die nach dem Hackerangriff aufgesetzte provisorische Not-Homepage ab. mehr...
Fulda: Mängelmelder bleibt
[09.12.2024] Die Testphase des Mängelmelders von Anbieter wer denkt was bei der Stadt Fulda war erfolgreich. Die nordhessische Stadt wird den Service dauerhaft einführen. Dafür wurden auch interne Prozesse optimiert. mehr...
Wuppertal: KI übersetzt Internetseiten
[03.12.2024] Die Internetseiten der Stadt Wuppertal werden mittels Künstlicher Intelligenz in 16 Sprachen übersetzt. Zum Einsatz kommt hierfür das Programm DeepL. mehr...
Portale: Witten rekordverdächtig
[29.11.2024] Gemeinsam mit dem Unternehmen Nolis hat die Stadt Witten in Rekordzeit ein neues Kommunalportal auf die Beine gestellt. Bereits beim Go-live konnte die Kommune 40 Onlinedienstleistungen anbieten. Was waren die Erfolgsfaktoren? mehr...
Kreis Bayreuth: Relaunch gut geplant
[26.11.2024] Der Kreis Bayreuth hat seine Website einem umfassenden Relaunch unterzogen. Zur Nutzerfreundlichkeit des neuen Auftritts trägt unter anderem bei, dass sich die mithilfe der Software Formcycle erstellten Onlineservices mit nur einem Klick integrieren lassen. mehr...
Bochum App: Erfolgreiches erstes Jahr
[25.11.2024] Die Bochum App steht seit einem Jahr als smarter Alltagsbegleiter zur Verfügung. Besonders beliebt sind der Abfall- und der Veranstaltungskalender, der Mängelmelder oder die Möglichkeit, Verwaltungsservices über das Smartphone zu nutzen. Die App soll fortlaufend weiterentwickelt werden. mehr...
Stuttgart: Barrierefreier Stadtführer sucht Unterstützung
[22.11.2024] Stuttgart hat einen barrierefreien Online-Stadtführer, der mobilitätseingeschränkten Menschen Informationen zur Zugänglichkeit öffentlicher Einrichtungen bietet. Jetzt werden Helferinnen und Helfer gesucht, um die Daten aktuell zu halten. mehr...
Halle (Saale): Neues Kitaportal gestartet
[19.11.2024] Ein neues Kitaportal hat jetzt die Stadt Halle (Saale) freigeschaltet. Über die Plattform können Familien ihre Bedarfsmeldungen online einreichen und werden über den Stand des Vergabeprozesses auf dem Laufenden gehalten. mehr...
Darmstadt: Neue Website ist online
[13.11.2024] Darmstadts Website zeigt sich nach Relaunch im modernen Design. Optimiert für Smartphones und mit verbesserter Benutzerführung soll der neue Auftritt schnellen Zugang zu städtischen Informationen bieten. 90 Prozent der Inhalte sind bereits verfügbar. mehr...
Emmerich am Rhein: Neue Stadt-App verfügbar
[07.11.2024] Die Stadt Emmerich am Rhein hat in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Emmerich und der Wirtschaftsförderungs- und Marketinggesellschaft eine umfassende Stadt-App entwickelt. Sie ist ab sofort kostenlos für iOS und Android verfügbar. mehr...
AKDB: Bürgerdienste gezielt optimieren
[07.11.2024] Die AKDB-Plattform FRED unterstützt Kommunen bei der Digitalisierung: Mit Dashboards und Nutzerfeedback ermöglicht sie eine bessere Verwaltung und steigert die Nutzung digitaler Angebote. Ziel ist eine bürgerfreundliche, durchgängig digitale Verwaltung. mehr...
Frankfurt am Main: Modernes Betreuungsplatz-Portal
[05.11.2024] Ihr Portal zur Vergabe von Kita-Betreuungsplätzen modernisiert die Stadt Frankfurt am Main. Die IT-Dienstleister ekom21 und Lecos betreuen die Neuentwicklung, die im Dezember nutzerfreundlicher und mobiloptimiert starten soll. mehr...
Soest: Mit App auf virtueller Stadttour
[01.11.2024] Um Touristen und Einwohnern eine innovative und interaktive Möglichkeit zu bieten, die Geschichte der Stadt Soest zu erleben, wurde von der Firma EVOspark die SoesTour-App entwickelt. Mithilfe von Augmented Reality (AR) werden dabei historische Gebäude und Orte virtuell wieder zum Leben erweckt. mehr...
Karlsruhe: Vielsprachiger Webauftritt
[31.10.2024] Der Webauftritt der Stadt Karlsruhe ist künftig in zehn weiteren Sprachen verfügbar. Die rund 7.000 Seiten werden dabei KI-basiert in Echtzeit übersetzt. mehr...
Münster: Plattform für die Pflegedienst-Suche
[17.10.2024] Um auf den demografischen Wandel und den steigenden Bedarf an Pflegeleistungen zu reagieren, hat die Stadt Münster eine Onlineplattform zur Suche nach einem passenden Pflegedienst entwickelt. Über den Marktplatz können zahlreiche – dort registrierte – Pflegedienste gleichzeitig erreicht werden. mehr...