VergabeunterlagenBei Bereitstellung beachten
Seit Herbst vergangenen Jahres ist die E-Vergabe oberhalb der Schwellenwerte verpflichtend. Durch den Einsatz von Vergabe-Management-Lösungen bei den öffentlichen Auftraggebern werden seither auch deutlich mehr Vergaben mit elektronischer Angebotsabgabe unterhalb der Schwellenwerte durchgeführt. Um dies jedoch zu ermöglichen, muss die Vergabestelle ein Bündel gesetzlicher Anforderungen erfüllen. Denn die Vergabeunterlagen müssen nach § 41 Abs. 1 Vergabeverordnung (VgV) vom Bieter unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können.
Auftraggebern, die eine elektronische Vergabeplattform nutzen, ist daher ein kritischer Umgang mit den Anforderungen der Vergabeverordnung zu empfehlen. Diese gesetzlichen Vorgaben sind nämlich nur vermeintlich eindeutig.
Unentgeltliche Bereitstellung
Die Bereitstellung der Unterlagen muss zunächst unentgeltlich sein. Das ist der Fall, wenn ein Bieter für das Auffinden, den Empfang und das Anzeigen von Vergabeunterlagen kein Entgelt zahlen muss – weder dem öffentlichen Auftraggeber noch einem Anbieter einer Vergabeplattform. Eventuell entstehende Kosten muss immer die Vergabestelle tragen. In der Begründung zu § 41 VgV wird durch den Gesetzgeber klargestellt, dass die Unentgeltlichkeit für sämtliche Funktionen, nach dem aktuellen Stand der Technik, gelten, um auf Vergabeunterlagen zugreifen zu können (BR-Drs. 87/16, S. 195). Entgeltpflichtige Dienste sind allerdings dann zugelassen, wenn die genannten Funktionen (Auffinden, Empfang und Anzeigen von Vergabeunterlagen) um weitere Services ergänzt werden. So können beispielsweise Benachrichtigungen an einen Bieter zu neuen Ausschreibungen anhand hinterlegter Angaben in einem Suchprofil entgeltlich angeboten werden, da sie über die Basisleistungen hinausgehen.
Uneingeschränkt abrufbar
Uneingeschränkt abrufbar sind Vergabeunterlagen insbesondere dann, wenn diese ohne wesentliche Zwischenschritte und ohne wesentlichen Zeitverlust aufgerufen werden können. Im Rahmen der E-Vergabe also ohne Registrierung. Von Bietern dürfen daher weder Namen noch E-Mail-Adressen verlangt werden, um sich über Bekanntmachungen zu informieren beziehungsweise Vergabeunterlagen abzurufen. Auch hier gibt es ein Aber. In der Verordnung BR-Drs. 87/16, S. 195 wird darauf hingewiesen, dass aus dieser Freiheit für den Bieter die Pflicht zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Nachfrage an die Vergabestelle resultiert. Nur so kann sich der Bieter beispielsweise über Nachschreiben, etwaige Antworten zu Bieterfragen oder nachträglich zu den Vergabeunterlagen hinzugefügten Dokumenten informieren. Es besteht also für den Bieter eine Holschuld bezüglich der Informationen. Kommt er dieser nicht nach, besteht keine Möglichkeit, ihm diese Informationen zukommen zu lassen. Dieses Dilemma lässt sich jedoch vermeiden, wenn sich die Bieter (freiwillig) registrieren. In diesem Fall ist die Vergabestelle verpflichtet, elektronisch – beispielsweise per E-Mail oder über die Vergabeplattform – über eine Änderung oder Ergänzung der Vergabeunterlagen zu informieren.
Vollständigkeit der Unterlagen
Die dritte Anforderung nach der Vollständigkeit erfüllen öffentliche Auftraggeber, wenn sie in der Bekanntmachung einen Link zu sämtlichen Vergabeunterlagen und nicht nur zu Teilen nennen. Dem Bieter muss es möglich sein, ohne wesentliche Zwischenschritte und ohne wesentlichen Zeitverlust mit elektronischen Mitteln an die Vergabeunterlagen zu gelangen. In der Praxis bedeutet dies, dass es unzulässig ist, beispielsweise in einem Formblatt einen weiteren Link zu nennen, um auf zusätzliche Dokumente oder ausführende Angaben zu verweisen.
Direkter Zugriff
Im Text der Bekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung muss der öffentliche Auftraggeber die Internet-Adresse nennen, über die die zugehörigen Unterlagen abrufbar sind. In der Praxis geben manche allerdings einen Surface Link an. Damit verweisen die Auftraggeber auf die Eingangsseite einer Internet-Präsenz. Um der Anforderung nach dem direkten Zugriff auf die Vergabeunterlagen nachzukommen, sollten öffentliche Auftraggeber dies unterlassen. Es ist vergaberechtlich unzulässig, wenn sich Bieter aufwendig durchklicken müssen, um die vollständigen Unterlagen zu erhalten. Der rechtssichere Weg ist der Verweis durch einen Deep Link direkt auf die Vergabeunterlagen.
White-Label-Lösungen
Einige Vergabeplattform-Anbieter stellen den Auftraggebern zur Erfüllung aller Anforderungen nach § 41 Abs. 1 VgV eine so genannte White-Label-Lösung zur Verfügung. Hierbei werden die Ausschreibungen einer Vergabestelle automatisiert neben der Vergabeplattform auch auf einer Internet-Seite ihrer Wahl veröffentlicht. Die Bieter erhalten über diese einen kostenfreien und direkten Zugriff auf die vollständige Bekanntmachung. In der Bekanntmachung wird ein Link zum kostenfreien Download der Vergabeunterlagen genannt. Bieter können so ohne Registrierung direkt auf die vollständigen Unterlagen zugreifen – mit den genannten Konsequenzen.
Öffentliche Auftraggeber können folglich Vergabeplattformen nutzen, die eine Registrierung erforderlich machen. Der Vorteil einer automatisierten Benachrichtigung bei Änderungen der Unterlagen eines laufenden Verfahrens sollte den Bietern verdeutlicht werden. Vergabeplattformen stellen für die Bieter durch Suchmasken, Benachrichtigungen und mit der meist angebotenen Software zur Teilnahme an der E-Vergabe – der elektronischen Angebotsabgabe – einen deutlichen Mehrwert dar, der über das einfache Auffinden von Vergabeunterlagen hinausgeht. Um aber auch den Bietern gerecht zu werden, die diese Vorteile nicht nutzen möchten, bietet sich das zusätzliche Veröffentlichen von Ausschreibungen über White-Label-Lösungen an.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juli 2019 von Kommune21 im Schwerpunkt Einkauf erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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