Dienstag, 7. Januar 2025

KielBescheide wie am Fließband

[06.01.2025] Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel setzt auf die automatisierte Bescheiderstellung über das Vorlagenmanagementsystem SmartDocuments, was eine enorme Zeitersparnis mit sich bringt. Erster vollautomatisierter Prozess ist das mobile Halteverbot.
Blick von schräg oben über das Kieler Stadtzentrum.

Stadt Kiel setzt auf vollautomatisierte Antragsprozesse.

(Bildquelle: uslatar/stock.adobe.com)

Das 2017 in Kraft getretene Onlinezugangsgesetz (OZG) war der Startschuss für einen nachhaltigen Wandel der öffentlichen Verwaltung. Das OZG fokussierte sich in seiner Ausrichtung auf die Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen. Dementsprechend war die Vorgabe, bis Ende 2022 sämtliche Verwaltungsleistungen online zur Verfügung zu stellen. Die gesetzliche Aufgabe galt als erfüllt, wenn der Antragsprozess digitalisiert ist.
Schnell wurde klar, dass es sich hierbei um ein sehr sportliches Ziel handelt, denn noch immer stehen bundesweit nicht alle Verwaltungsleistungen digital zur Verfügung. Einer der Gründe: Das OZG betrachtete ausschließlich den Prozess der Antragstellung, jedoch nicht vor- oder nachgelagerte Prozesse. Um einen wirklichen Mehrwert für alle Beteiligten – Bürger, Unternehmen sowie Verwaltungsmitarbeitende – zu schaffen, müssen Prozesse jedoch vollständig analysiert und digitalisiert werden. Das nimmt bei insgesamt 575 Verwaltungsleistungen deutlich mehr Zeit in Anspruch. Dennoch gibt es bereits zahlreiche Best-Practice-Beispiele, in denen eine vollständig automatisierte – oder, falls nicht anders möglich, auch teilautomatisierte – digitale Antragsabwicklung umgesetzt wurde.
Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel ist die Zufriedenheit der Bürger mit den städtischen Dienstleistungen sehr wichtig. Gleichzeitig wird großer Wert darauf gelegt, die eigenen Mitarbeitenden zu entlasten. „Die reine Bereitstellung von Onlineformularen macht vielleicht den ein oder anderen Bürger glücklich, aber wenn die Sachbearbeitung im Hintergrund dadurch mehr Aufgaben hat oder deutlich länger für die eigentliche Bearbeitung des Antrags benötigt, sind am Ende des Tages wieder beide Parteien frustriert“, stellt Christoph Steuber, E-Government-Manager der Stadt Kiel, klar. „Das Ziel lautet daher: Einfache Prozesse für Bürger und Verwaltung.“

Paradebeispiel Halteverbot

Um das zu erreichen, hat die Landeshauptstadt die Stabsstelle Digitalisierung ins Leben gerufen. Getreu dem Motto „Neues einfach machen!“ treibt Kiel den digitalen Wandel in unterschiedlichen Formaten voran. So beteiligte sich die Kommune in den Jahren 2022 und 2023 am so genannten Landeshackathon. Dabei galt es, innovative, kreative und nützliche Softwareprodukte und Lösungen für vorgegebene Herausforderungen zu finden. Im Rahmen des ersten OZG-Verwaltungshackathon Schleswig-Holstein konnte Kiel bereits 46 digitale Anträge für die Stadtverwaltung entwickeln. Während der Fokus im Juli 2022 auf der Gestaltung von Onlinediensten lag – sprich: Die Sicht der Bürgerinnen und Bürger in Form von intelligenten Antragsassistenten verbessert wurde –, stand im September 2023 die Abarbeitung der Anträge im Mittelpunkt. Ziel des zweiten SH:digital-Hackathons war es daher, den gesamten Verwaltungsprozess, über Onlineanträge hinaus, zu digitalisieren.
Hinsichtlich der Fragen „Was kann automatisiert werden?“ und „Was erfordert die meiste Handarbeit?“ wurde das Paradebeispiel schnell gefunden: das mobile Halteverbot. Die Kieler Straßenverkehrsbehörde besteht aus vier Mitarbeitenden. Für den Onlinedienst „Mobiles Halteverbot“ gehen jährlich etwa 7.000 Anträge ein, Tendenz steigend. Die Abarbeitungszeit pro Antrag betrug bisher etwa sieben bis zehn Minuten. Das Erstellen der Bescheide war äußerst aufwendig: Datenübernahme, Stempel, Unterschrift, das Ganze einscannen und per E-Mail an die antragstellende Person zurücksenden. Die Lösung: Ein digitaler Bescheid muss her, am besten voll automatisiert.

Bescheiderstellung per Knopfdruck

Gesagt, getan. Der neue Verwaltungsprozess läuft nun wie folgt ab: Die antragstellende Person meldet sich mit dem eigenen Account beim Servicekonto Schleswig-Holstein an und stellt den Onlineantrag auf „Mobiles Halteverbot“. Nachdem der Antrag abgesendet wurde, landet dieser im Posteingang der Allgemeinen Fachanwendung (Alfa) innerhalb der OZG-Cloud. Im Anschluss folgt die Prüfung auf Vollständigkeit sowie Richtigkeit. Bei fehlenden Unterlagen wird die antragstellende Person über das Servicekonto informiert, sodass diese online nachgereicht werden können. Diese Prüfung ist derzeit seitens der Fachabteilung noch gewünscht, kann in einem weiteren Schritt jedoch auch entfallen. Sind alle Angaben und Unterlagen vollständig und korrekt, wird per Knopfdruck der Bescheid erstellt und wieder in das Postfach des Servicekontos der antragstellenden Person zurückgespielt.
Für die Umsetzung des digitalen Verwaltungsprozesses kommen die Komponenten OZG-Cloud, die Allgemeine Fachanwendung Alfa, das Antragsmanagement von Form-Solutions sowie das Vorlagenmanagementsystem SmartDocuments zum Einsatz. Die OZG-Cloud ist eine verwaltungsseitige IT-Systemlandschaft für Kommunen und öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Anstalten. Sie wurde von Kommunen ins Leben gerufen und wird seit 2022 von einer breiten Initiative des Landes Schleswig-Holstein, des ITV.SH, der schleswig-holsteinischen Kommunen und der Projektleitung von Dataport vorangetrieben.

Pro Antrag knapp eine Minute

Die OZG-Cloud ist für eine medienbruchfreie und digitale Sachbearbeitung von Verwaltungsleistungen konzipiert. Sie besteht aus der webbasierten Allgemeinen Fachanwendung Alfa, die in einer Cloudumgebung läuft. Mit Alfa können Kommunen sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten Anträge sowie Anfragen von Bürgern und Unternehmen mit digital gestützten Workflows einfach bearbeiten.
Die mit dem Antragsassistenten eingereichten Daten werden von Alfa weiterverarbeitet und via Webservice-Schnittstelle an SmartDocuments übergeben. Über das zentrale Vorlagenmanagementsystem wird im Hintergrund die Vorlage für den Bescheid des „Mobilen Haltverbots“ aufgerufen. Diese wird mit den erforderlichen Daten aus der Fachanwendung befüllt, der Bescheid generiert und an Alfa zurückgespielt.
Mit dem neuen vollautomatisierten Prozess wird pro Antrag nur noch knapp eine Minute Bearbeitungszeit benötigt. Das bedeutet eine Zeitersparnis von etwa vier Monaten pro Jahr. Die Straßenverkehrsbehörde sieht das als Chance, sich zeitraubende Standardarbeiten vom Hals zu halten und sich lieber aufwendigeren, komplexeren Themen und Projekten zu widmen.
Mit dem Erfolg des ersten vollautomatisierten Prozesses ließ die Umsetzung weiterer Szenarien nicht lange auf sich warten. Neben zahlreichen internen Prozessen wird in Kiel derzeit an der Verkehrsrechtlichen Anordnung, dem Begleitschreiben für die Urkundenbestellung sowie dem Wohnberechtigungsschein gearbeitet. „Die Bescheiderstellung läuft bei uns wie am Fließband. Wir blicken optimistisch in die Zukunft und freuen uns, unseren Kolleginnen und Kollegen die Arbeit jeden Tag ein bisschen einfacher zu machen“, fasst Christoph Steuber zusammen.

Frederike Harder ist E-Government-Managerin in der Stabsstelle Digitalisierung bei der Stadt Kiel; Juliane Buch ist im Bereich Marketing & PR der SmartDocuments Deutschland GmbH tätig.




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