MannheimBessere Beteiligungskultur
Bürgerbeteiligung ist in Mannheim vielfältig: Angefangen bei der Bürgersprechstunde mit dem Oberbürgermeister über quartiersbezogene Verfahren in den Stadtteilen bis hin zu stadtweiten Angeboten. In den vergangenen Jahren hat vor allem die Zahl der informellen Beteiligungsangebote zugenommen, wodurch der soziale Zusammenhalt und die Akzeptanz in der Stadt gesteigert werden konnten. Das ist wichtig, da ein wachsender Vertrauensverlust in die Demokratie und ihre Institutionen eine ernstzunehmende Gefahr ist. Bei aller Begeisterung muss allerdings kritisch hinterfragt werden, was Bürgerbeteiligung eigentlich leisten kann. Für den Erfolg informeller Partizipationsangebote bedeutsam ist die Schaffung eines festgelegten Regelungsrahmens, der zur Qualifizierung des Verfahrens beiträgt. Früher hat die Diskussion über das Verfahren häufig einen größeren Raum eingenommen als die inhaltliche Auseinandersetzung. Im Frühjahr 2017 wurde in Mannheim deshalb nach einjähriger Arbeit das Regelwerk Bürgerbeteiligung vorgestellt. Bei der Arbeit hieran hat die Stadt einen Sonderweg eingeschlagen: Um falsche Erwartungen und Frust bei der Bürgerschaft zu minimieren, hat eine Arbeitsgruppe aus Politik und Verwaltung ihre Rollen und ihr Commitment zunächst klar definiert. Bei dem Regelwerk handelt es sich um einen Rahmen, der nicht nur eine klare Rollenaufteilung zwischen Verwaltung und Politik vornimmt, sondern auch Regeln der Prozesse festlegt. Der wichtigste Grundsatz besagt, dass der Gemeinderat die finale Entscheidungshoheit sowohl bei der Einleitung der Prozesse als auch beim Umgang mit den Resultaten hat. Das muss fortdauernd kommuniziert werden, da Bürgerbeteiligung in der repräsentativen Demokratie nicht bedeutet, dass die Entscheidungshoheit auf neue Akteure übertragen wird.
Konzeptionelles Vorgehen
Für die Planung und Umsetzung der Beteiligungsprozesse ist die Verwaltung verantwortlich. Sie ist mit der Einbindung der relevanten Stakeholder betraut, um ein hohes Maß an Transparenz sicherzustellen. Das gelingt ihr, indem sie kontinuierlich dokumentiert und informiert. Neuentwickelte Maßnahmen und hohe Qualitätskriterien, an denen jede Beteiligung zu messen ist, sollen in Mannheim die Zufriedenheit erhöhen. Der Beteiligungsbeirat, der aus Verwaltung, Politik, Experten und Bürgerschaft zusammengesetzt ist, bewertet prozessübergreifend die Beteiligung und entwickelt das Regelwerk weiter. Eine zentrale Koordinierungsstelle begleitet die Bürgerbeteiligung, indem sie die Angebote und Maßnahmen in der Pilotphase anwendet, um deren Erfolg zu gewährleisten. Jedem konkreten Beteiligungsangebot liegt ein Konzept zugrunde, das Fragen zur Vorgehensweise und Zielsetzung im Vorfeld klärt. Erstellt wird das Konzept von einer Projektbegleitgruppe, die aus Politik, Verwaltung und relevanten Stakeholdern zusammengesetzt und im Verbund für die Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens zuständig ist. Damit die Bürgerbeteiligungsangebote tatsächlich zu einer Stärkung des demokratischen Bewusstseins vor Ort führen, muss bereits im Vorfeld sorgfältig geprüft werden, wo eine Aktivierung der Bürgerschaft sinnvoll ist. Das Regelwerk der Stadt Mannheim formuliert dafür vier Punkte. Erst wenn diese Kriterien erfüllt sind, soll ein Bürgerbeteiligungsprozess durchgeführt werden. Die Bürgerschaft zu beteiligen, obwohl sämtliche Entscheidungen zur Gestaltung bereits getroffen worden sind, ist ebenso kontraproduktiv wie die Durchführung eines Beteiligungsprozesses ohne das Vorhandensein der für den Prozess notwendigen finanziellen und zeitlichen Ressourcen. Weiterhin ist es nur dann ratsam, die Bürgerschaft einzubinden, wenn das geplante Vorhaben in absehbarer Zeit realisiert werden soll und die Bürgerschaft entweder ein Interesse daran formuliert oder davon betroffen ist.
Portal sorgt für Transparenz
Die Mannheimer Bürgerbeteiligung hat den Anspruch, so inklusiv und repräsentativ wie möglich zu sein. Hierzu müssen die Eckdaten des Beteiligungsprozesses selbst sowie das notwendige fachliche Hintergrundwissen der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Auch ist darauf zu achten, dass die Einzelheiten im Vorfeld und im Laufe des Prozesses regelmäßig kommuniziert werden. Dabei muss bedacht werden, dass die Zielgruppen von Bürgerbeteiligung hoch divergent sind. Will man beispielsweise solche Bürger zur Partizipation ermutigen, die sich normalerweise nicht zu Wort melden – genannt seien hier Kinder und Jugendliche, Migranten oder Menschen mit Behinderung –, muss man diese in einer besonders geeigneten Form ansprechen. Die Transparenz, die vor allem bei der informellen Bürgerbeteiligung eine herausragende Rolle spielt, beschränkt sich außerdem nicht nur auf die Anfangs- und Durchführungsphase des Prozesses. Auch nach Abschluss ist die Bürgerschaft über die Ergebnisse ihrer Beteiligung in Kenntnis zu setzen. Bei Nichtberücksichtigung der Anliegen muss darüber hinaus die Begründung über viele Kanäle kommuniziert werden. Einen zentralen Stellenwert im Bestreben der Stadt, die Transparenz bei Beteiligungsprozessen zu erhöhen, hat die Einführung eines digitalen Beteiligungsportals. Es bündelt alle Informationen, die für die politische Partizipation relevant sind, verbessert so die Information und Kommunikation und stärkt damit den Beteiligungswillen. Neben den Konzepten ist im Portal auch die Vorhabenliste als zweiter großer Bestandteil der Pilotmaßnahmen zu finden; diese benennt sämtliche vom Gemeinderat beschlossenen Vorhaben der Stadt und hebt diejenigen mit Beteiligungscharakter hervor. Das Beteiligungsportal soll im Frühjahr 2018 online aufrufbar sein. Dann können auf der Plattform beispielsweise die Bebauungspläne und die Ergebnisse vergangener Prozesse eingesehen und Ideen aus der Bürgerschaft zu aktuellen städtebaulichen Vorhaben oder Prozessen eingebracht werden.
18-monatige Pilotphase
Das Mannheimer Regelwerk wird in einem Zeitraum von 18 Monaten getestet. Nach Abschluss dieser Pilotphase möchte es die Stadt aufgrund der gewonnenen Eindrücke verbessern und weiterentwickeln, sodass es ab dem Jahr 2019 den Rahmen für alle städtischen Beteiligungsvorhaben bildet. Zum Ende des ersten Projekts lässt sich sagen, dass eine diversifizierte Kommunikation, die Qualität der Moderation und zielgruppengerechte Veranstaltungsformate einen hohen Einfluss auf den Grad der Inklusivität haben. Diese Erkenntnisse werden beim zweiten Pilotprojekt in Mannheim entsprechend miteinbezogen.
Dieser Beitrag ist in der Februar-Ausgabe von Kommune21 im Schwerpunkt E-Partizipation erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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