Donnerstag, 21. November 2024

MönchengladbachBIM baut Brücke(n)

[14.06.2024] Der pilothafte Einsatz von Building Information Modelling (BIM) bei einem Brückenneubau in Mönchengladbach zeigt, welche Vorteile die neue Methodik mit sich bringt. In der praktischen Anwendung wurden aber auch die Herausforderungen deutlich.
Neubau der Brücke Bettrather Straße: Visualisierung des Siegerentwurfs.

Neubau der Brücke Bettrather Straße: Visualisierung des Siegerentwurfs.

(Bildquelle: Werner Sobek AG / GRBV Ingenieure)

Wie können mit der Digitalisierung von Planungs- und Arbeitsprozessen im Baubereich Aufwände reduziert und Arbeitsschritte beschleunigt werden? Wie kann die Digitalisierung dazu beitragen, dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen? Wie können sich digitalisierte Daten langfristig positiv auswirken – etwa wenn Informationen und Modelle im Lebenszyklus eines Bauwerks weiter verwendet werden können? Um sich mit diesen Fragen eingehender zu beschäftigen und einen ersten praktischen Schritt zu wagen, hat die Stadt Mönchengladbach ein Infrastruktur-Pilotprojekt mit BIM gestartet. Den ausgelobten Planungswettbewerb für den Neubau der Rad- und Fußwegebrücke Bettrather Straße hat die Arbeitsgemeinschaft der Unternehmen Werner Sobek AG und GRBV Ingenieure im Bauwesen gewonnen. Gefördert wurde das innovative Vorgehen vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Im BIM-Abwicklungsplan (BAP) für den Brückenneubau wurden projektspezifische Anforderungen festgelegt und insgesamt zehn Anwendungsfälle definiert. Letztere bezeichnen den Zweck, für den Daten und Informationen in einem Modell erstellt und verwendet werden. Beim Brückenneubau in Mönchengladbach waren dies unter anderem die Bestandserfassung, die modellbasierte Planerstellung sowie Mengen- und Kostenermittlung, die Koordination der Fachgewerke sowie die digitale Prüfung und Freigabe der Planung durch den Auftraggeber. Kernstück der interdisziplinären und teamübergreifenden Zusammenarbeit im Projekt ist die gemeinsame Daten- und Software-Umgebung. Plattform für Datenablage, -austausch und Archivierung Die im BIM-Vokabular als CDE (Common Data Environment) bezeichnete digitale Plattform dient der gemeinsamen Datenablage, dem Datenaustausch und der Archivierung. Jeder der Projektbeteiligten hat Zugang zur verwendeten webbasierten Autodesk Construction Cloud (ACC). Hier liegen alle Protokolle, Grundlagen, Planungsergebnisse und die aktuellen 3D-Modelle für alle jederzeit und immer greifbar. Planunterlagen der Ingenieurgemeinschaft werden vom Auftraggeber direkt in der CDE geprüft, mit Anmerkungen versehen und im digitalen Freigabeprozess an die Planer zurückgesendet. Nach Überarbeitung wird die angepasste Version erneut in die CDE eingestellt und der nächste Freigabeprozess gestartet. Über die automatische Versionierung der Dateien sind auch im Nachhinein alle einzelnen Prüf-, Bearbeitungs- und Abstimmungsprozesse nachvollziehbar und werden dauerhaft gespeichert. Die BIM-Methode wurde von der Leistungsphase 2 bis zur Leistungsphase 6 nach HOAI, also der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen, eingesetzt. Geplant ist, die Methodik auch in der Bauausführung weiterzuführen und zum Abschluss ein As-built-Modell, also ein digitales Abbild des tatsächlich ausgeführten Bauwerks, zu erhalten, das für die zukünftige Bauwerksunterhaltung und -instandhaltung verwendet werden soll – also für ein datenbasiertes Erhaltungsmanagement. Ein Zwischenstand der Planung wurde an das Team Digitaler Zwilling der Stadt Mönchengladbach übergeben, um zu testen, inwiefern Schnittstellen oder Datenverlust künftig eine Rolle spielen. Der erste Test verlief problemlos, konnte bereits in ersten Ausschüssen angewendet und somit der Planstand transparent weitergegeben werden. Ein Lernprozess, der sich auszahlt Da der Umgang mit BIM für viele Beteiligte noch neu ist, ist im Lernprozess ein hohes Maß an Motivation, Kommunikation und Verständnis nötig. Es ist nicht immer leicht, beim Einrichten und dem ersten Durchführen eines neuen Prozesses einen höheren Aufwand zu betreiben, nur weil man damit beim zweiten Mal Aufwand und Zeit spart oder an Qualität gewinnt. Je länger jedoch die Zusammenarbeit im BIM-Projekt andauerte, desto mehr lernten ausnahmslos alle Beteiligten den Mehrwert schätzen. Für die Stadt Mönchengladbach als Auftraggeber waren dies vor allem die geordnete zentrale Datenablage und die automatisierten Prüfabläufe, welche die Zusammenarbeit und die Abstimmung mit den Planern – aber auch im eigenen Haus – erheblich vereinfachten. Durch die regelmäßige Ablage der Modelle in der CDE, welche der Bauherr über einen integrierten Viewer jederzeit anschauen konnte, wurde er intensiver in den Planungsverlauf einbezogen und konnte bestimmte Problemstellungen schneller und besser nachvollziehen. Für die Planer bestanden die größten Vorteile in der hohen Qualität der erzeugten Planung und der transparenten und damit einfachen Erklärbarkeit dieser gegenüber dem Auftraggeber. Durch die dreidimensionale Modellierung des geometrisch anspruchsvollen Bauwerks konnten viele Details schnell, aber eben auch stimmig entwickelt und dargestellt werden. Auch gegenüber dem Fördergeber konnten wichtige Plandetails transparenter vermittelt werden. An Erfahrungen anknüpfen Hürden der BIM-Methode liegen neben der Bereitschaft der Beteiligten, sich auf den neuen Prozess einzulassen, in den nach wie vor höheren finanziellen Aufwänden, insbesondere in den ersten Leistungsphasen. Mehraufwendungen verursacht dabei gar nicht so sehr die dreidimensionale Modellierung, sondern eher das Drumherum – einen erheblichen Anteil hat etwa die Einrichtung, Miete und Pflege der CDE über die gesamte Projektzeit hinweg. Zudem benötigen die Weiterbildung der noch nicht geübten Mitarbeiter und die Abstimmung einfachster Prozesse oft viele Arbeitsstunden, weil Vorlagen und Vorgaben noch fehlen. Dem gegenüber stehen Einsparungen, weil Planungsfehler, Nachträge in der Bauphase und Baumängel vermieden werden. Gleichzeitig wird eine hochwertige Datengrundlage für den späteren Betrieb geschaffen. Für die Stadt Mönchengladbach gilt es jetzt, an die gewonnenen Erfahrungen anzuknüpfen und zu prüfen, wie sich die Planungsmethode BIM fachbereichsübergreifend einsetzen lässt. Es müssen Geo-Informatiker, Planer und Ausführende zusammengebracht und unterschiedlichste Gewerke wie Hochbau, Straßenbau und Brückenbau in einem System verortet werden. Sukzessive zu klären und umzusetzen sind auch folgende Fragen: Wie geht man mit Bestandsbauwerken um? Wie kommen diese kostengünstig in ein BIM-Modell? Wie können Bauwerksprüfungen oder Straßenkontrollen in BIM abgebildet werden? Zu beantworten ist zudem, inwieweit die dreidimensionalen Planungs- und Gebäudedaten in den bereits im Aufbau befindlichen Digitalen Zwilling der Stadt einfließen können, sollen und dürfen. All das macht BIM zu einer der spannendsten und intensivsten Aufgaben, die auf die Stadt Mönchengladbach in den kommenden Jahren zukommt.

Christian Lambracht ist Leiter des Fachbereichs Straßenbau und Verkehrstechnik der Stadt Mönchengladbach; Andreas Malcher ist Teamleiter Brückenbau beim Ingenieurbüro Werner Sobek Berlin; Christoph von der Haar ist Mitarbeiter bei GRBV Ingenieure im Bauwesen.




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