Smart CityBonn auf dem richtigen Weg?
Für den Begriff Smart City gibt es keine eindeutige Definition. Je nachdem, wen man fragt, erhält man eine andere Antwort. Zum einen, weil das Phänomen Smart City sehr facettenreich ist, zum anderen, weil die befragten Akteure unterschiedliche Interessen mit ihren Antworten verbinden. Sucht man im Internet nach dem Thema Smart City, werden mehrere Millionen Fundstellen gelistet. Synonyme wie Digital City, Intelligent City, Ubiquitous City, Connected City, Sustainable City oder Green City sind dabei nicht mitgezählt. Die Wiener Stadtwerke, die sich seit einigen Jahren mit dem Smart-City-Thema beschäftigen, haben sich für diese Definition entschieden: „Smart City bezeichnet eine Stadt, in der systematisch Informations- und Kommunikationstechnologien sowie ressourcenschonende Technologien eingesetzt werden, um den Weg hin zu einer postfossilen Gesellschaft zu beschreiten, den Verbrauch von Ressourcen zu verringern, die Lebensqualität der BürgerInnen und die Wettbewerbsfähigkeit der ansässigen Wirtschaft dauerhaft zu erhöhen, – mithin die Zukunftsfähigkeit der Stadt zu verbessern. (…) Wesentlich sind dabei eine umfassende Integration sozialer Aspekte der Stadtgesellschaft sowie ein partizipativer Zugang.“ Als etwas einfachere Formulierung wäre folgende Definition denkbar: Eine Smart City ist eine Stadt, die ihre Ziele der Stadtentwicklung mit dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) verfolgt.
Digitales Bonn
Zahlreiche Städte nutzen den Begriff Smart City, um ihre Bemühungen in Sachen Digitalisierung der Öffentlichkeit zu erläutern. Für Januar bis April 2016 meldete Google 227 Artikel auf deutschen Homepages zum Stichwort Smart City. Darin wurden 20 deutsche Kommunen erwähnt, die den Begriff nutzen. Die Spanne reicht von Berlin über Hamburg, München, Oerlinghausen und Finsterwalde bis hin zu Burglengenfeld. Auch in Bonn beschäftigt sich eine Vielzahl von Akteuren mit dem Thema Smart City. Eine aktive digitale Szene mischt sich in zahlreichen Veranstaltungen und durch die Schaffung von Orten wie Co-Working Spaces oder Diskussionsforen in Fragen der Stadtentwicklung im weiteren Sinne ein. Die Stadtverwaltung ist seit einigen Jahren mit dem Bereich IT-Anwendungen besonders im Feld Open Data tätig und gehört bundesweit zu den Vorreitern auf diesem Gebiet. Seit diesem Jahr gibt es zudem eine von der Stadt angestoßene Initiative Digitales Bonn, die Projekte identifizieren will, mit der die Digitalisierung der Stadt vorangetrieben werden kann. Sie stützt sich auf ein Bündel von Akteuren aus privaten Unternehmen, der Universität Bonn, der Hochschule Bonn Rhein-Sieg, der Stadt, des Rhein-Sieg-Kreises, der IHK sowie einigen Stiftungen und sonstigen Organisationen, die unentgeltlich ihre jeweils eigenen Interessen in Arbeitskreise einbringen, um Projektideen zu erarbeiten. Ende 2016 will die Initiative einen Bericht vorlegen.
Möglichkeiten nutzen
Die vorgeschlagene Definition, eine Smart City bringe die Ziele der Stadtentwicklung mit dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie voran, impliziert, dass die Stadt Ziele der Stadtentwicklung definiert hat, die sie dann mit den mannigfaltigen Instrumenten der IKT umsetzen kann. Weder die erwähnte digitale Szene Bonns noch der Bereich IT-Anwendungen der Stadt oder die Initiative Digitales Bonn beziehen sich explizit auf Ziele der Stadtentwicklung. Stattdessen werden Aktivitäten, die in Richtung Smart City zielen, im Wesentlichen aus den Möglichkeiten der Digitalisierung selbst entwickelt und nicht mit Blick auf Ziele der Stadt(entwicklung). In der letzten Pressemitteilung der Stadt zum Thema Digitales Bonn werden drei bereits entwickelte Themen genannt: Ein Digital Hub, „an dem sich Wissenschaftler, Studenten, Entrepreneure, Technologen, Start-ups, Investoren und die regionale Wirtschaft vernetzen können“. Das Projekt Smart lighting, in dem mehrere Partner neue Geschäftsmodelle für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Straßenlaternen entwickeln wollen. Und drittens eine Beethoven-App, mit der Touristen eine virtuelle Stadtführung mit Informationen zum Leben des Komponisten Ludwig van Beethoven erhalten. Das Projekt läuft bis zum Jahresende. Weitere Themen können noch hinzukommen.
Aktivitäten abstimmen
In Bonn – wie auch in anderen Städten Deutschlands – ist eine strategische Ausrichtung der Aktivitäten zur Digitalisierung kaum erkennbar. Klare Ziele und integrierte Konzepte fehlen oft, lautet das Fazit einer deutschlandweiten Studie, die das Geographische Institut der Universität Bonn gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) durchgeführt hat. Kritiker des Smart-City-Konzepts und einer Digitalisierung um der Digitalisierung Willen fordern schon seit Langem, dass es darum gehen muss, die gesellschaftlichen Herausforderungen der Städte in den Mittelpunkt zu stellen, statt technologie- und geschäftsmodellorientierte Lösungen für zweitrangige Probleme zu entwickeln. Stephan Reiß-Schmidt, Leiter der Stadtentwicklungsplanung in München, formulierte im Juni dieses Jahres auf einer Tagung des Vereins Urbanicom pointiert: „Die Idee der Smart City ist ein Irrweg.“ Damit verwarf er keinesfalls grundsätzlich die IKT-Nutzung, um stadtentwicklungspolitische Ziele zu erreichen, sondern die Hybris mancher Akteure, beispielsweise durch die automatisierte Auswertung von Mobilfunkdaten Strukturen von Städten ad hoc ändern zu wollen. Die Studie der Universität Bonn und von PwC kommt zu dem Schluss, dass es in den Kommunen einen Kümmerer geben muss, bei dem die Aufgaben der Digitalisierung gebündelt werden. Eine solche Stelle könnte die zahlreichen Aktivitäten unterschiedlicher Akteure abstimmen und dabei immer wieder deren Bezug zu Zielen der Stadtentwicklung hinterfragen. Eine solche zentrale Instanz wäre bei entsprechender Ausstattung in der Lage, die Ziele der Stadt im Einklang mit oder auch gegen die Interessen anderer Akteure zu formulieren.
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