HeidelbergBürger werden gehört
Der Medienkonsum hat sich gerade bei jungen Erwachsenen erheblich verändert: Sie schauen nur noch selten Nachrichten im Fernsehen und lesen kaum Zeitung. Viel lieber chatten sie mit ihren Freunden in sozialen Netzwerken oder widmen sich anderen Interessen. Politik bewegt die Gruppe der jungen Wahlberechtigten höchstens am Rande – so scheint es. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch ein differenzierteres Bild: Anders als ihre Eltern und Großeltern verschreiben sie sich zwar seltener einer klar definierten politischen Richtung – aber junge Menschen sind alles andere als politisch desinteressiert. Sie haben demokratische Werte verinnerlicht und vertreten klar ihre Meinung. Das haben Bürgermeister Eckart Würzner und sein Team für die Stadt Heidelberg eindeutig festgestellt.
Stimmungstrends identifizieren
Rund 150.000 Menschen leben in der Stadt am Neckar – und die große Mehrheit von ihnen sehr gern. Neun von zehn Bürgern fühlen sich in ihrer Stadt ausgesprochen wohl, über zwei Drittel sind Heidelberg stark verbunden. Damit Bürgermeister und Stadtrat die Anliegen und Bedürfnisse ihrer Bürger noch besser verstehen können, müssen sie wissen, was sie bewegt und was sie sich wünschen. Allerdings besteht zunehmend weniger Gelegenheit zum direkten Dialog; die Beteiligung an öffentlichen Sitzungen etwa geht immer weiter zurück. Auch über klassische Medien wie Zeitung oder Radio sind die Menschen immer seltener zu erreichen. Gerade die jüngeren Bürger nutzen eher Social-Media-Kanäle, um sich zu informieren. Ihre Meinungen äußern sie nicht im Rathaus oder auf Parteiveranstaltungen, sondern online – und erwarten trotzdem, dass sie von Politik und Verwaltung wahrgenommen werden.
Auf dieses Phänomen aufmerksam geworden ist die Heidelberger Stadtverwaltung im Zuge eines Multimillionen-Euro-Bauvorhabens – dem Bau des neuen Kongresszentrums. Das Projekt fand im Gemeinderat breite Zustimmung, während sich die Bürger scheinbar kaum dafür interessierten. Eher zufällig entdeckte die Stadt jedoch eine ausführliche Diskussion über genau dieses Projekt auf Facebook. Und die Ablehnung gegenüber dem Vorhaben kam klar und deutlich zum Vorschein. Daraufhin zog der Gemeinderat seine Pläne zurück und der Bürgermeister seine Schlüsse: Zuverlässige Methoden waren nötig, um die Diskussionen in der Öffentlichkeit ständig zu verfolgen und die allgemeine Stimmungslage so zuverlässiger einschätzen zu können. Nach einer Marktrecherche geeigneter Technologien fiel die Wahl auf SAS Social Media Analytics.
Die Software-Lösung von Anbieter SAS unterstützt die Stadt dabei, allgemeine Stimmungstrends zu identifizieren und zu verstehen. SAS Social Media Analytics nimmt dafür öffentlich gepostete Kommentare auf Plattformen wie Facebook, Flickr, Twitter, YouTube sowie auf Blogs und in Foren unter die Lupe. Dabei werden lediglich frei zugängliche Kommentare untersucht und sämtliche Datenschutzvorschriften eingehalten. Eingriffe in die Privatsphäre sind ausgeschlossen.
Lokale Themen werden diskutiert
Eine wichtige Erkenntnis durch Social Media Analytics: Bürger machen sich weniger Gedanken um die großen Fragen, ihnen liegen eher die kleinen, lokalen Themen am Herzen. Beispiel dafür ist die Qualität der Spielplätze oder der Straßen. Zudem hat das Team der Stadt Heidelberg festgestellt, dass zwar viele Menschen nicht auf direkte Befragungen reagieren, über von der Stadt veröffentlichte Informationen aber nichtsdestotrotz intensiv diskutieren: Sobald Projekte online angekündigt werden, steigt der Traffic.
Werden Gespräche im Social Web beobachtet, gilt es zu bedenken, dass von Privaten verbreitete Informationen und Meinungen grundsätzlich subjektiv sind. Sie unterliegen keinerlei Überprüfung auf Richtigkeit, wie es bei Presse und Rundfunk der Fall ist. Entsprechend kompliziert kann es in bestimmten Fällen sein, Tatsachen von Meinungen oder Gerüchten zu unterscheiden. Die Analyse von Stimmungsbildern in sozialen Netzwerken hat deutlich gezeigt, dass laute, aber inhaltlich erkennbar fragwürdige Kampagnen meist nur eine kurze Wirkung erzielen. Deshalb werden sie auch Buschfeuer genannt. Kampagnen allerdings, die für bare Münze genommen werden, können extrem negative Auswirkungen haben: Beeinflussen Desinformationskampagnen die öffentliche Meinung massiv, haben die Bürger kaum noch die Möglichkeit, sich eine objektive Meinung zu bilden. Deshalb ist es für Politik und Verwaltung äußerst wichtig, solche Trends und Aktionen frühzeitig zu erkennen. Dann haben sie die Möglichkeit, dem korrekte und zuverlässige Informationen gegenüberzustellen. Das sorgt für mehr Ausgewogenheit bei der politischen Willensbildung.
Mit Social Media Analytics kann die Stadt Heidelberg jetzt die Stimmen der Bürger im sozialen Netzwerken hören, präzise informieren und unzutreffenden Gerüchten den Wind aus den Segeln nehmen. Welche Themen ihnen besonders wichtig sind, bestimmen die Bürger dabei selbst – und das kommt im Rathaus auch an.
http://twitter.com/heidelberg_de
Dieser Beitrag ist in der April-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Ronnenberg: TikTok-Kanal gestartet
[05.09.2024] Über einen eigenen TikTok-Kanal verfügt jetzt die Stadt Ronnenberg. Sie will sich damit auch als potenzieller Arbeitgeber für zukünftige Auszubildende oder Studierende präsentieren. mehr...
Augsburg: Informationen direkt aufs Smartphone
[11.07.2024] Aktuelle Nachrichten aus Augsburg erhalten Interessenten künftig über den neuen WhatsApp-Kanal der Stadt direkt aufs Smartphone. mehr...
Kassel: Neuer Auftritt bei TikTok
[10.06.2024] Die Stadt Kassel bespielt verschiedenste Social-Media-Kanäle. Auf Instagram und Facebook hat sie insgesamt über 80.000 Follower. Nun kommt ein neuer Kanal hinzu: Über TikTok will die nordhessische Kommune ein vorwiegend junges Publikum erreichen. mehr...
Bitkom: Social Media als Informationsquelle
[29.04.2024] Mehr als die Hälfte der Internet User informiert sich in sozialen Medien über Politik – davon folgt aber nur eine Minderheit den Accounts von Politikern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Bitkom. Der Verband rät dennoch Politikern aller Ebenen, sich auf Social Media zu engagieren. mehr...
Social-Media-Strategie: Von der Kommune zur Community
[29.04.2024] Soziale Medien sind mehr als Unterhaltung – sie dienen auch der Meinungsbildung und Information. Kommunen und Behörden nutzen die Möglichkeiten von Social Media aber noch viel zu wenig. Dabei sind die Einstiegshürden niedriger als oft angenommen. mehr...
Hanau: Kanal auf WhatsApp
[24.04.2024] Die Stadt Hanau weitet ihre Bürgerkommunikation mit einem eigenen WhatsApp-Kanal aus. Hanauerinnen und Hanauer haben somit die Möglichkeit, wichtige Informationen direkt auf ihr Smartphone zu erhalten. mehr...
Social Media: Im Datenschutz-Dilemma
[04.04.2024] Um den schnellen Draht zur Bevölkerung nicht zu verlieren, kommen Kommunen um eine strategisch aufgesetzte Kommunikation auch in den sozialen Medien kaum noch herum. Zur Gretchenfrage wird dabei der Datenschutz: Wie lässt sich das Dilemma lösen? mehr...
Dresden: Stadt nutzt Threads und WhatsApp
[06.02.2024] Die Dresdner Stadtverwaltung weitet ihre Präsenz in den sozialen Medien aus und ist jetzt auch auf den Plattformen Threads und WhatsApp aktiv. mehr...
Frankfurt a.M.: Mobilitätsdezernat startet Instagram-Kanal
[24.01.2024] Über seinen neuen Instagram-Kanal „Frankfurt mobil“ bietet das Frankfurter Mobilitätsdezernat jetzt einen Blick hinter die Kulissen. mehr...
EU-Kommission: Verfahren gegen X eröffnet
[20.12.2023] Gegen die Plattform X wurde jetzt im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) ein förmliches Verfahren eröffnet. Der Vorwurf, dem die EU-Kommission dabei nachgehen will, lautet: Verbreitung von illegalen Inhalten. Auch der so genannte blaue Haken wird auf den Prüfstand gestellt. mehr...
Pforzheim: Abschied von X
[07.12.2023] Auf der Social-Media-Plattform X – früher bekannt als Twitter – nehmen Hetze und Desinformation überhand, Moderation findet kaum statt. Aus diesem Grund hat sich die Stadt Pforzheim entschieden, ihren dortigen Account zu löschen und zu Mastodon zu wechseln. mehr...
Hanau: Keine Kommunikation mehr via X
[27.11.2023] Die Stadt Hanau beendet ihre Kommunikationsarbeit auf der Plattform X (vormals Twitter). Grund sei die zunehmende Verschlechterung der Plattform seit der Übernahme durch Investor Elon Musk, aber auch die ungewisse Zukunft von X. mehr...
Reutlingen: Datenschutzkonformer Social-Media-Einblick
[25.07.2023] Wer selbst nicht in den sozialen Medien aktiv ist und trotzdem die Social-Media-Beiträge der Stadt Reutlingen einsehen will, kann dies nun datenschutzkonform über die Website Stage tun. mehr...
KGSt/Amtshelden: Praxisnahes Social-Media-Wissen
[17.07.2023] Die Kommunikation über Social Media ist auch für Kommunen sinnvoll – wirft aber viele Fragen auf. In Zusammenarbeit mit dem Start-up Amtshelden bietet die KGSt jetzt ein Weiterbildungsprogramm an, das genau auf den Bedarf kommunaler Mitarbeiter zugeschnitten ist. mehr...
Hanau: Ausgezeichnete Bürgerkommunikation
[23.06.2023] Die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern über Social-Media-Kanäle ist für Städte unverzichtbar – das sagt der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky. Bereits seit dem Jahr 2010 nutzt Hanau diesen Weg der Bürgerkommunikation. Jetzt hat die Stadt dafür den German Brand Award erhalten. mehr...