Daten-ManagementBürger zum Maßstab machen
In jeder Behörde, jedem Amt und jeder Verwaltung fallen täglich riesige Datenmengen an. Damit umzugehen und sie zum Nutzen der Bürger einzusetzen, ist eine zentrale Herausforderung. Um diese zu meistern, braucht es einen Wandel auf zwei Ebenen. Zum einen müssen die technischen Möglichkeiten ausgebaut werden, die ein effektives, effizientes und vor allem kontrolliertes Zusammenführen und Analysieren der Bürgerdaten möglich machen. Zum anderen braucht es einen Wandel der Wahrnehmung der Digitalisierung auf Behördenseite, ein Verständnis für die Chancen und Risiken sowie den Willen zur Umsetzung. Kurz: Es bedarf eines effektiven Daten-Managements und eines Paradigmenwechsels. Aber was heißt das konkret?
Daten, die lediglich gespeichert werden, sind nutzlos. Damit ein Mehrwert entstehen kann, müssen Silos aufgebrochen und die darin enthaltenen Informationen aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt, vereinheitlicht und auf ihre Qualität geprüft werden. Am Ende dieses Prozesses sollten Behörden aus den bereinigten Daten der Bürger einen so genannten Golden Record erstellen, einen einzelnen, zentralen Datensatz pro Person, der auf dem neuesten Stand ist. Dieser Golden Record ist der Schlüssel zu einem effektiven Datenaustausch und -nutzen durch Behörden und staatliche Stellen und muss entsprechend geschützt werden. Denn Bürger und Politik werden nur dann Vertrauen in die Systeme aufbauen, wenn nachvollziehbar und kontrollierbar ist, was mit ihren Daten geschieht.
Verwaltung muss nicht bei anfangen
Zunächst braucht es ein Daten-Management mit effektivem Governance-Modell, das die konkreten Bedürfnisse von Ämtern, Behörden und anderen öffentlichen Stellen abbildet. Schließlich gibt es unterschiedliche Datenbanken, in denen Bürgerinformationen gespeichert sind, sowie eine Vielzahl von Applikationen und Schnittstellen, über die Anwender Zugang dazu haben. Des Weiteren braucht es Data Security, um den rechtlichen Ansprüchen zu genügen und das Vertrauen der Bürger zu erhalten. Das heißt, Behörden benötigen Lösungen, mit denen sich nachvollziehen lässt, wer wann Zugriff auf welche Daten hatte und wie diese bearbeitet wurden. Das ist eine große Herausforderung, denn die Menge der gespeicherten Daten nimmt ständig zu. Es ist praktisch unmöglich, sie von Mitarbeitern manuell prüfen und sortieren zu lassen. Eine Antwort auf die Frage, wie die öffentliche Hand dennoch die Kontrolle über die Daten ihrer Bürger gewährleisten kann, liegt in der Technologie. Systeme, die auf künstlicher Intelligenz beruhen, können Informationen in Echtzeit strukturieren, verknüpfen sowie im korrekten Datenkontext ablegen und schützen. Das ist nicht nur praktisch, sondern auch rechtlich belastbar.
Damit es überhaupt zu einer effektiven Datennutzung durch die öffentliche Hand kommen kann, braucht es neben dem technologischen Ausbau aber auch einen Paradigmenwechsel. Das Thema Digitalisierung muss behördenunabhängig gedacht werden. Alle Entscheidungen sollten sich ganz klar am konkreten Bedarf der Bürger orientieren. Die öffentliche Hand muss dafür auch nicht bei anfangen. Schließlich hat die Wirtschaft vorgemacht, was es heißt, Produkte und Abläufe zu digitalisieren und nah an den Bedürfnissen ihrer Kunden auszurichten. Best Practices gibt es genug, sei es das effektive Management von Kundendaten, die Flexibilisierung digitaler Angebote über Unternehmensnetzwerke hinweg oder die Optimierung von Produkten und Dienstleistungen durch enge Feedback-Schleifen und Informationsanalysen.
Den Bedürfnissen der Bürger annähern
Trotzdem ist dies leichter gesagt als getan, vor allem, weil die technologische Innovation die prozedurale Weiterentwicklung in Ämtern und Behörden schon lange überholt hat. Aus diesem Grund sollten entsprechende Impulse von der Bundesebene vorangetrieben werden – sowohl auf rechtlicher, als auch auf praktischer Ebene. Es braucht einen tiefgreifenden Perspektivwechsel, hinsichtlich neuer Technologien. Ein wichtiger erster Schritt wäre beispielsweise die Schaffung eines eigenen Digitalministeriums, das im Gegensatz zur aktuellen Position der Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt mit der nötigen Autorität und einem passenden Budget ausgestattet ist. Darüber hinaus sollte ein flächendeckender Ausbau der Breitband-Netze in Deutschland vorangetrieben werden, um den schnellstmöglichen Datenverkehr zwischen Stellen der öffentlichen Hand zu gewährleisten. Nicht zuletzt braucht es konkrete und belastbare Pläne, um ausländische Tech-Talente nach Deutschland zu holen oder die öffentliche Hand für hierzulande ausgebildete Experten als Arbeitgeber attraktiver zu gestalten. Dass dies noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden kann, ist unwahrscheinlich. In drei konkreten Schritten aber können die Digitalisierungsprojekte der öffentlichen Hand bereits jetzt den Bedürfnissen der Bürger angenähert werden.
Im ersten Schritt, der Definition, sollte festgestellt werden, welche Prozesse für die Bürger verfügbar sein sollen und welche technischen Grundlagen dafür notwendig sind. Im zweiten Schritt, der Analyse, muss dann geprüft werden, welche Behörden und öffentlichen Stellen an den angepeilten Prozessen beteiligt sind, welche Daten dafür notwendig sind und auf welche Weise und mit welchen Einschränkungen auf sie zugegriffen werden kann oder darf. Im dritten Schritt, der Integration, ist es wichtig, die Verbindung zwischen den Behörden herzustellen und die Daten auf eine Weise zusammenzubringen, mit der sich die Projekte effektiv und effizient realisieren lassen. Konsequent umgesetzt schafft dies die beste Basis, um die Digitalisierung in Ämtern, Behörden und Verwaltungen voranzutreiben. Denn eines ist klar: Das Bedürfnis nach digitalen Lösungen wird bei den Bürgern weiter steigen.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe März 2019 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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