Sonntag, 6. Oktober 2024

Kreis Lüchow-DannenbergCDO aus Leidenschaft

[04.06.2024] Als Leiterin der Stabsstelle für Digitalisierung im Landkreis Lüchow-Dannenberg führt ­Sabrina Donner mit großem Elan digitale Innovationen ein. Im Interview erklärt sie, was sie am IT-Bereich begeistert und welche Eigenschaften ein CDO mitbringen sollte.
Sabrina Donner

Sabrina Donner

(Bildquelle: Dirk Drazewski)

Frau Donner, mit welchen Digitalisierungsprojekten sind Sie zurzeit in der Kreisverwaltung befasst?

Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und haben zwei große Projekte in Arbeit: zum einen das von uns selbst mitentwickelte KI-basierte Protokollierungstool Scriba und zum anderen die Prozessautomatisierung von Wianco (43069+wir berichteten). Zudem beschäftigen wir uns, wie wohl gerade alle Kommunen, mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) und mit digitaler Barrierefreiheit. Und wir sind gerade dabei, noch letzte Prozesse, wie digitale Signaturen und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, an unser Dokumenten-Management-System anzubinden. Mein Spektrum umfasst also mehrere Projekte, an denen eigentlich alle Kommunen sitzen, und einige spezifische hier bei uns im Landkreis.

Welche Effekte hat die Digitalisierung der Kreisverwaltung, mit der Sie betraut sind, auf die kreisangehörigen Kommunen?

Wir sind für die Digitalisierung der Kreisverwaltung zuständig, arbeiten dabei aber in Teilen mit den drei Samtgemeinden Elbtalaue, Gartow und Lüchow (Wendland) zusammen. Zum Landkreis gehören insgesamt 27 Gemeinden, die Mitglieder der drei Samtgemeinden sind. Zu den gemeinsamen Projekten gehören die Homepage und das kreisweite Serviceportal. Die Menschen im Landkreis Lüchow-Dannenberg brauchen nur nach einer Leistung suchen; diese wird dann automatisch je nach Zuständigkeit der Gemeinde, der Samtgemeinde oder dem Kreis zugeordnet und angezeigt.

Der Zuschnitt einer Digitalisierungsstelle ist ja durchaus unterschiedlich. Für welche Aufgaben sind Sie im Kreis Lüchow-Dannenberg als CDO zuständig?

Ich leite die Stabsstelle Digitalisierung, vier weitere Kolleginnen und Kollegen arbeiten mit mir zusammen in dem Bereich. Bei mir persönlich liegen die Aufgaben als Informationssicherheitsbeauftragte, als Notfallbeauftragte bei einem Informationssicherheitsvorfall sowie der Einsatz und die Planung von KI-Projekten. Neben der Verwaltungsdigitalisierung haben wir noch den Bereich Datenschutz, unsere Datenschutzbeauftragte ist ebenfalls im Team der Stabsstelle.

Wie erklären Sie sich den zunehmenden Trend, CDO-Stellen zu schaffen?

Ich glaube, dies entspricht einer Verlagerung der Aufgaben. Traditionell wurden Digitalisierungsprojekte in der Verwaltung entweder der IT-Abteilung oder der Organisationsabteilung zugeschlagen. Durch die vielen gesetzlichen Regelungen, die es inzwischen gibt, etwa im Bereich der digitalen Barrierefreiheit oder durch das OZG, sind viele neue Anforderungen entstanden. Das können IT- oder Orga-Abteilungen nicht nebenbei leisten.

Wie verlief Ihr Karriereweg in der Verwaltung?

Ich war zunächst klassisch in der Sachbearbeitung in einer anderen Verwaltung tätig und habe danach im Controlling gearbeitet. Im Anschluss habe ich viel Fachadminis­tration für die Fachverfahren unseres Jugendamts gemacht und bin dann mit Zertifizierungen, Schulungen und Seminaren in den IT-Bereich reingewachsen. Ursprünglich bin ich Diplom-Verwaltungswirtin und habe ein Dualstudium im Bereich Verwaltungsmanagement absolviert. Der IT-Bereich hat mich persönlich sehr interessiert, weil man da viel gestalten, mitentscheiden und optimieren kann. In unserer Stabsstelle Digitalisierung bin ich seit zwei Jahren und habe im Frühjahr 2023 die Leitungsfunktion übernommen.

„Man kann sich nicht am Feierabend aus der Digitalisierung ausstempeln.“
Welchen Entscheidungsspielraum haben Sie in Ihrem Bereich?

Wir haben in der Stabsstelle ein eigenes Budget, über das ich im Rahmen der Haushaltsplanung verfüge, so wie alle anderen Abteilungen auch. Bei Projekten gucke ich natürlich auf die Kosten, bin dabei aber relativ unabhängig. Bei uns steht die Politik stark hinter der Digitalisierung. Auch die Landrätin findet es wichtig, innovativ zu sein. Dementsprechend habe ich, was die Projektauswahl angeht, eine ziemlich große Freiheit – natürlich immer in Abstimmung mit der Verwaltungsleitung und auch der Politik.

Wie viel Zeit verwenden Sie darauf, Neuerungen zu verfolgen?

Jedes Projekt, das wir machen, hat mit Zukunftsorientierung und Innovation zu tun. Man kann sich nicht zum Feierabend aus der Digitalisierung ausstempeln. Insofern verfolge ich die digitalen Trends in vielen Medien, auch ganz abgefahrene Sachen, die für uns als Kreisverwaltung vielleicht eher nicht infrage kommen. Aber zu gucken, was überhaupt möglich ist, halte ich für wichtig.

Welche Voraussetzungen sollte ein CDO mitbringen?

Auf jeden Fall eine Menge Offenheit, Mut und Lust auf Veränderung. Man sollte schon Neuerungen anstoßen wollen. Auch finde ich eine gewisse Portion Risikobereitschaft wichtig und Tatendrang im Rahmen der Möglichkeiten. Oft muss man ja sehr lange auf eine Regulierung warten, wie im Fall von KI. Dann zu sagen „Ich lege jetzt mal los“, halte ich für entscheidend. Natürlich gehört auch Verantwortungsbewusstsein zum Job, schließlich muss man mit viel Geld umgehen. Was man auf jeden Fall auch mitbringen muss, ist ein dickes Fell. Nicht alle finden Digitalisierung und Veränderung toll. Aber so wichtig es ist, Sorgen und Ängste von Kolleginnen und Kollegen und den Menschen im Landkreis ernst zu nehmen, so wichtig ist auch Durchhaltevermögen. Sonst kommt man nicht voran. Insofern sind Kommunikationsbereitschaft und Netzwerkfähigkeit ebenfalls wichtige Skills.

Welches Umfeld sollte ein CDO im günstigen Fall vorfinden, um gute Arbeit leisten zu können?

Wichtig ist auf jeden Fall politische Unterstützung, weil in Kommunen nichts ohne politische Entscheidung geht. Die Digitalisierung sollte im Fokus der Politik stehen. Hilfreich ist, wenn das Thema in der Verwaltungsstruktur stark prio­risiert wird und die Leitung selbst offen für Ideen und Innovationen ist. Am allerwichtigsten finde ich aber eine gute Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung. Man muss sich regelmäßig, gut und eng abstimmen können – ich mache das zum Beispiel beinahe täglich. Geplante Neuerungen müssen ja in die Infrastruktur passen. Deshalb habe ich es immer als sehr wertvoll empfunden, mit einem guten Team aus einer anderen Sparte zusammenzuarbeiten, zu planen und zu überlegen, welches – bei einer gemeinsamen Zielvorstellung – einen anderen Blick auf die Dinge hat.

Sind Ihnen jemals Konflikte bei Ihrer Arbeit als CDO untergekommen?

Bislang zum Glück noch nicht. Ich konnte die Politik offenbar immer gut mitnehmen und rechtzeitig einbeziehen und hatte dabei immer viel Unterstützung von der Landrätin. Auch mit der IT-Abteilung gab es bislang keinerlei Konflikte. Hin und wieder kommt es allerdings vor, dass sich einige Mitarbeitende mit der Digitalisierung schwertun. Da gibt es manchmal ein gewisses Konfliktpotenzial, und es kommt vor, dass sich manche stark dagegen wehren. Umso wichtiger ist es, die Vorteile der Digitalisierung immer wieder gut zu kommunizieren.

Interview: Helmut Merschmann




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