DigitalisierungChancen nutzen, Herausforderungen meistern
Die öffentliche Verwaltung wird oft mit harscher Kritik konfrontiert: Langwierige Abläufe und überbordende Bürokratie erschweren die Arbeit für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie Mitarbeitende gleichermaßen. Insbesondere Kommunalverwaltungen sehen sich unter Druck, das Onlinezugangsgesetz (OZG) umzusetzen und ihre Verwaltungsleistungen digital anzubieten. Angesichts von Personalmangel und klammen Kassen scheint die Herausforderung fast unlösbar. Doch es gibt ungenutzte Potenziale, die Bund, Länder und Kommunen erheblich entlasten könnten – und das ganz ohne neue Gesetze.
Die Notwendigkeit der Aufgabenkritik
Das E-Government-Gesetz des Bundes und die mancher Länder schreiben eine Aufgabenkritik bei der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen vor. Bei jeder Maßnahme sind folgende Fragen zu beantworten: Auf welcher Grundlage erfolgt ein Handlungsschritt? Welches Ziel wird verfolgt? Und lässt sich der gewünschte Wert effizienter erreichen? Und auch, wenn für eine Kommune das E-Government-Gesetz des eigenen Landes die Optimierung von Verwaltungsabläufen im Vorfeld der Digitalisierung nicht verbindlich vorschreibt, ist dieser Zwischenschritt dringend zu empfehlen. Ein Vergleich: Wie beim Umzug packen wir alles Wichtige ein, während Überflüssiges entsorgt wird. Das reduziert die Kosten und schafft Übersichtlichkeit. Übertragen heißt das, erst die Schritte des Verwaltungsablaufs prüfen und dann den optimierten Prozess digitalisieren. Dies gilt auch bei wesentlichen Änderungen bereits digitalisierter Verfahren.
Ungenutztes Potenzial erkennen
In der Praxis bleibt oft Potenzial ungenutzt, weil die erforderliche Moderation und Reflexion bei der Aufgabenkritik zu wenig berücksichtigt werden und damit den Projektmitarbeitenden in der Verwaltung die Hilfestellung fehlt. Ein Austausch aller Beteiligten ist für die Analyse und Optimierung der Geschäftsprozesse unerlässlich. Erfahrene Prozessanalysten können die jeweiligen Fachexpertisen und rechtlichen Grundlagen in einem Leistungsprozess zusammenführen, der die Digitalisierung des Verwaltungsverfahrens, oftmals flankiert durch Unterstützungsprozesse, ermöglicht.
Unterstützung für Kommunen
Kommunen sind nicht allein bei der Dokumentation, Analyse und Optimierung der Verwaltungsverfahren. Ebenso nicht bei den zahlreichen Vorgaben zu Datenschutz, Barrierefreiheit, elektronischen Bezahlmöglichkeiten und der rechtsgültigen, digitalen Bekanntgabe des Verwaltungsaktes. Den rechtlichen Vorgaben entsprechende digitale Verwaltungsverfahren können häufig nachgenutzt werden. Kommunen stehen dabei mehrere Wege zur Verfügung, beispielsweise über die Länderebene, über genossenschaftliche Beteiligungen oder über eine Mitgliedschaft in Zweckverbänden.
Die Rolle der FITKO
Mit der Gründung der FITKO hat die öffentliche Verwaltung bei der Digitalisierung ihrer Dienstleistungen ein starkes Instrument an die Hand bekommen, im Einklang mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen entsprechende Beschaffungen von Software ohne Ausschreibung vorzunehmen. Die Basis hierzu legte der IT-Planungsrat, auf dessen Initiative die FITKO als Anstalt des öffentlichen Rechts in der Trägerschaft von Bund und Ländern gegründet wurde. Die FITKO ermöglicht damit Inhouse-Geschäfte zwischen den Ländern und mit dem Bund zur Bereitstellung und Nachnutzung von digitalisierten Verwaltungsleistungen.
Kommunen können die Möglichkeit des Inhouse-Geschäfts entweder indirekt über ihr Bundesland oder als Genossenschaftsmitglied von govdigital nutzen. Gemeinsames Dach für alle Software-as-a-Service-Angebote von FITKO und govdigital ist der vom IT-Planungsrat bei govdigital beauftragte Marktplatz.
Allerdings ist diese Beschaffungsvariante oft unbekannt oder mit großen Unsicherheiten verbunden, sodass der ressourcenintensive Beschaffungsweg über eine Ausschreibung und das eigene IT-Projekt mit den oben genannten Erfordernissen etwa zu Anforderungsmanagement, Tests, Betrieb und Abnahme häufiger beschritten wird als erforderlich. Die damit verbundenen Aufwände können die Verwaltung erheblich belasten. Denn alle Schritte bis zur einsatzbereiten Software nehmen Zeit in Anspruch und können oft nur schwer auf Änderungen reagieren. Die Abkehr von der monolithischen Softwareentwicklung hin zu einer Mehrschichtarchitektur, in der Komponenten und Dienste in unterschiedlichen Behörden und für verschiedene Verwaltungsleistungen verwendet werden können, ist dafür unabdingbar. Beispiele hierfür sind Widerspruchsverfahren, Bezahlsysteme und die Überprüfung elektronischer Signaturen. Ein solches Baukastensystem erfordert eine andere Perspektive und Vertrauen. Beide sind mit Transparenz und Wissensvermittlung zu erreichen.
Vorteile des Einer-für-Alle-Prinzips
Architektur- und Mentalitätswechsel lohnen sich, denn in die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes nach dem Einer-für-Alle(EfA)-Prinzip ist viel Energie geflossen. Es gibt umfangreiche Anleitungen und Vorgaben, Checklisten und eine enge Begleitung durch den IT-Planungsrat, der zudem die priorisierten Verwaltungsleistungen bestimmt hat. Das Vorgehen nach dem EfA-Prinzip – und in vergleichbarer Form landesweit zur Nachnutzung für Gesetzgebungen auf Landesebene – bringt eine Fülle von Erleichterungen und Einsparungen an Ressourcen. Anforderungsmanagement, Ausschreibungen, Begleitung eines IT-Projekts, Tests, Implementierung, Betriebskonzeption, Sicherstellung der Barrierefreiheit und Abnahme sind nur einmal erforderlich. Dennoch ist dieser Ansatz in der Praxis aufgrund der seit Jahrzehnten gelebten Struktur des Föderalismus und der kommunalen Selbstverwaltung selbst bei bundeseinheitlichen Gesetzen nur schwer aufrechtzuerhalten. Das Ablassen vom bisherigen Tun und Annehmen einer allgemeinen Lösung fällt vielen schwer. Individuelle Anpassungswünsche sind im EfA-Prinzip jedoch nicht vorgesehen, da sie nicht erforderlich sein sollten. Anpassungen und Abweichungen vom EfA-Prinzip bei gleicher rechtlicher Grundlage entsprechen aufgrund der zwangsläufig entstehenden Zusatzkosten zudem nicht den Haushaltsgrundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Obwohl in die Entwicklung der nachnutzbaren Verwaltungsverfahren immer die Expertise von Pilotkommunen einfließt, ist die langfristige Einbindung der Kommunen für die Akzeptanz von EfA-Entwicklungen zwingend erforderlich. Ein etablierter kontinuierlicher Verbesserungsprozess kann helfen, individuelle Sonderwünsche zu vermeiden. Zudem nimmt dieses Werkzeug den Kommunen das Gefühl der fehlenden Einflussmöglichkeiten, steigert die Qualität und sichert im gemeinsamen Zusammenwirken mittel- bis langfristig die rechtliche und technische Aktualität des digitalen Angebots. Für eine Softwarelösung ein hohes Gut.
Trotz klammer Kassen und ständig neuer Anforderungen kann die Verwaltungsdigitalisierung in den Kommunen funktionieren und beschleunigt werden – wenn alle Akteure gemeinsam, mit Vertrauen und auf Augenhöhe arbeiten. Der Weg zur digitalen Verwaltung ist herausfordernd, aber die Chancen sind enorm.
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