E-AkteDas Thema der Stunde
Seit knapp zwei Jahren betreibt das Berliner Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS die Initiative Schaufenster E-Akte. Sie fungiert als Innovationsbeschleuniger und Austauschplattform für E-Akte-Anbieter und die Verwaltung. Die Workshops zum Thema sind regelmäßig ausgebucht und fast wöchentlich erhält das Institut Anfragen für Vorträge und Live-Präsentationen von E-Akte-Systemen. Ein wesentlicher Grund für die derzeitige Dynamik sind die Vorgaben, die der Bund im E-Government-Gesetz festgeschrieben hat: Die verpflichtende Einführung der E-Akte in allen Bundesbehörden bis zum Jahr 2020. Auch die Länder sind in der Spur. Einige haben sich bereits eigene E-Government-Gesetze gegeben, andere sind gerade dabei, diese zu erarbeiten, haben ihre Landesgesetzgebung an den Vorgaben des Bundes orientiert oder sind, wie etwa Sachsen, schon dabei, eine übergreifende Dokumenten-Management- oder E-Akte-Lösung für das Land einzuführen. Nicht zuletzt haben die Schwierigkeiten bei der Flüchtlingsregistrierung deutlich gezeigt, wie wichtig eine integrierte Fallbearbeitung unter Anbindung aller relevanten Fachverfahren und über föderale Grenzen hinweg ist. Der Traum von der papierfreien Behörde ist nicht neu. Doch die prominenteste der bisherigen Bemühungen zur elektronischen Verwaltungsarbeit, das DOMEA-Konzept, wird heute von vielen Vertretern aller Verwaltungsebenen als gescheitert angesehen, da es wenig Akzeptanz bei den Nutzern gefunden hat. DOMEA bezog sich vor allem auf die Handhabung von E-Akten und formalen Vorgängen aus Sicht der Papierverarbeitung, -prozesse und -historie. Eine Unterstützung der formalen und informellen Zusammenarbeit oder gar die Nutzung mobiler Endsysteme wurden dabei außer Acht gelassen.
Neustart mit modularem Konzept
Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat daher in den vergangenen Jahren ein Verfahren für einen Neustart vorgelegt, der auch für Kommunen beachtenswert ist. Hierzu ist zunächst ein Organisationskonzept Elektronische Verwaltungsarbeit entstanden und in der Folge eine darauf aufbauende Referenzarchitektur, die auf den Prinzipen Service-orientierter Architekturen basiert. Dabei wird auf ein modulares Konzept gesetzt, in dem die verschiedenen Funktionsbereiche der Schriftgutverwaltung, wie Ablage, Vorgangsbearbeitung, Zusammenarbeit oder Poststelle, getrennt und durch einzelne Architekturbausteine repräsentiert werden können. Diese sollen über standardbasierte Schnittstellen miteinander kommunizieren. Auch bei den Herstellern hat sich das Konzept der Service-Orientierung durchgesetzt. Viele Anbieter setzen auf Service-orientierte Architekturen und integrieren Standardkomponenten wie Outlook, SharePoint und/oder eigene Komponenten in einer integrierten Lösung. Über Service-Schnittstellen können die Funktionen zudem je nach Nutzergruppen – vom Sachbearbeiter bis zum Entscheider – im geeigneten Client, beispielsweise auch mobil, bereitgestellt werden. Gerade für Außendienstmitarbeiter oder Entscheider, die viel unterwegs sind, ist es hilfreich, via Tablet in den Workflow eingebunden zu sein. Das beschleunigt nicht nur den Prozess, sondern steigert auch die Akzeptanz für die entsprechende Lösung. Perspektivisch relevant ist zudem die beweiswerterhaltende Langzeitspeicherung von Dokumenten. Hierzu hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) den Sicherheitsstandard TR-ESOR vorgelegt, der mittlerweile von mehreren Anbietern unterstützt wird.
Knackpunkte für Kommunen
Grundsätzlich aber gilt bei der Systemauswahl: Nicht jede Lösung am Markt ist für alle Anwender gleichermaßen geeignet. So unterschiedlich wie die Anforderungsprofile der öffentlichen Verwaltungen, sind auch die Angebote der Hersteller. Einige bieten bereits eine Vielzahl von Schnittstellen zu den gängigsten Fachverfahren. Eine gute Fachverfahrensintegration ist gerade im kommunalen Bereich von Vorteil, da hier besonders viel mit Standardvorgängen gearbeitet wird. Dennoch sollte immer im Einzelfall geprüft werden, in welchem Maß es sinnvoll ist, ein Fachverfahren an ein neues E-Aktensystem zu koppeln oder einfache Fachverfahren abzulösen, indem der entsprechende Workflow vollständig im Vorgangsmodul der E-Akte abgebildet wird. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Frage des Betriebs: Gerade für kleine Kommunen kann es rentabler sein, die E-Akte vollständig als Service aus der Cloud zu beziehen und sich damit von den Kosten für Beschaffung, Wartung und Betrieb unabhängig zu machen. Zwar sind solche Betriebsmodelle noch selten am Markt. Dennoch bieten einige Hersteller bereits Lösungen und Geschäftsmodelle für die E-Akte aus der privaten Cloud an. Dabei sollten die gesicherte Datenhaltung und die Einhaltung des Datenschutzes genau betrachtet werden. Zur Anforderungsdefinition für die Ausschreibung ist eine genaue Kenntnis des Marktes und des eigenen Umfelds nötig: technisch, rechtlich, fachlich, organisatorisch und ergonomisch. Wie im Städtebau ist auch in der Gestaltung der IT-Landschaft ein Bebauungsplan sinnvoll. Darin sollten sowohl die funktionalen Bausteine als auch ihre jeweils bereits vorhandenen technischen Entsprechungen verzeichnet sein. Um die Aufgaben und die dazugehörigen Prozesse genau zu erfassen, hat Fraunhofer FOKUS eigens eine Matrix entwickelt, in der technische und betriebliche Anforderungen mit rechtlichen, organisatorischen, fachlichen und personellen Aspekten in Relation gesetzt werden.
Zwei Werkzeuge führen zum Ziel
Für eine hohe Akzeptanz durch die Beschäftigten ist es wichtig, frühzeitig alle Beteiligten in den erforderlichen und auch kulturellen Veränderungsprozess einzubeziehen. Die Erfahrungen des Fraunhofer-Instituts haben gezeigt, dass ein gezieltes Veränderungsmanagement ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz neuer Lösungen und damit für das Gelingen oder Scheitern des
Digitalisierungsprozesses ist. Zwei Werkzeuge haben sich hierfür zuletzt als sehr zielführend erwiesen. Eines sind die so genannten Ergonomie-Tests: Für die Entwicklung der E-Akte Justiz in Baden-Württemberg ist Fraunhofer FOKUS vom Justizministerium Baden-Württemberg beauftragt worden, die Lösung unter software-ergonomischen Gesichtspunkten zu validieren. Hierzu wurde eine Kombination aus heuristischer Evaluation durch Ergonomie-Experten (Usability) und der Methode Thinking Aloud durch künftige Nutzer angewendet. Als zweites Werkzeug hat sich das Gegenstrom-Verfahren bewährt: Um die Interessen aller beteiligten Gruppen zu berücksichtigen, hat das Institut im Landkreis Bergstraße ein Verfahren angewandt, das gleichzeitig Top-down (Leitungsebene) und Bottom-up (Fachanwender) relevante Akteure einbindet und so in kurzer Zeit eine sehr hohe Akzeptanz schafft. Zu guter Letzt bleibt es bei aller gebotenen Sorgfalt eine der größten Herausforderungen, die jeweiligen strategischen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme und das Schaufenster E-Akte unterstützen die öffentliche Verwaltung gerne auf diesem Weg.
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