PersonalwesenDekade der Digitalisierung
Als ich am 1. November 2020 mein Amt als Landrätin des Kreises Minden-Lübbecke antrat, geschah dies in digitaler Form: Am Sonntagmorgen startete ich mit der Leitung des Corona-Krisenstabs per kurzfristig einberufener Videokonferenz. Es war die erste von inzwischen unzähligen Videokonferenzen – in diesem Punkt hat die Pandemie meine Arbeit als Landrätin und überhaupt die der Verwaltung in gleicher Weise geprägt wie die von Millionen anderen Berufstätigen.
Die Pandemie hat die Digitalisierung ein großes Stück vorangetrieben und gezeigt: Verwaltung kann auch digital funktionieren. Und: Bürgerinnen und Bürger profitieren davon. Schnell haben die verschiedensten Arbeitsbereiche trotz Kontaktbeschränkungen Wege gefunden, um – zum Teil aus dem Homeoffice heraus – zuverlässig weiter für die Bürgerinnen und Bürger da zu sein. Bereits vor der Pandemie angestoßene Digitalisierungsprozesse konnten genutzt und forciert werden, etwa die onlinebasierte Beantragung von Elterngeld oder die Unterlagen-App des Jobcenters, die das Hochladen einzureichender Unterlagen von zu Hause aus ermöglicht (wir berichteten). Zugleich hat die Pandemie Herausforderungen und Grenzen der Digitalisierung aufgezeigt.
Den Wandel aktiv gestalten
Die allermeisten Bereiche sind derzeit noch nicht frei von Medienbrüchen – ein Beispiel ist etwa die noch immer erforderliche persönliche Identifizierung durch den Bundespersonalausweis beim Straßenverkehrsamt. Auch im Kreis Minden-Lübbecke gibt es zwar schon eine ganze Reihe von Portallösungen, wir stellen aber auch fest, wie wenig diese bisher aufeinander abgestimmt und wie viele Prozesse bisher gar nicht digitalisiert sind. In vielen Bereichen ist die dazugehörige digitale Ausstattung noch längst nicht ausreichend – erheblicher Ausbaubedarf besteht etwa an Schulen oder in der allgemeinen Verwaltung. Das bezieht sich nicht nur auf die Geräte, die zur Verfügung stehen, sondern auch auf den Zugang zum Internet. Immerhin hat es der Kreis in den vergangenen Jahren geschafft, im ländlichen Bereich 1.319 Kilometer Trasse zu verlegen und 4.352 Hausanschlüsse zu realisieren. Trotzdem gibt es noch viel zu tun.
Gleiches gilt für die Ausstattung und Führung der Mitarbeitenden im Homeoffice: So beeindruckend es ist, mit welcher Motivation, Flexibilität und welchem Pragmatismus die Kolleginnen und Kollegen die flächendeckende Umstellung auf das Homeoffice gemeistert und die Leistungsfähigkeit der Verwaltung aufrechterhalten haben, so nötig ist es, diese Entwicklung aktiv zu gestalten: in technischer wie organisatorischer Hinsicht.
Die Anforderungen an Führungskräfte haben sich verändert und sind gestiegen. Wenn nicht alle Mitarbeitenden zu den üblichen Arbeitszeiten in ihren Büros sitzen, wird Führen schwieriger. Durch neue Instrumente entstehen neue Routinen und Rituale. Denjenigen, die sich vielleicht schon länger mehr Flexibilität gewünscht hatten, kommt das neue Arbeiten entgegen. Diejenigen, die aus persönlicher Neigung oder aufgrund der Art ihrer Tätigkeit ihre etablierten Abläufe brauchen, bewältigen den Wandel hingegen weniger leicht. Wer in einer Führungsposition Verantwortung trägt, hat jetzt die Aufgabe, all dies in Einklang zu bringen und weiter für einen reibungslosen Arbeitsablauf zu sorgen. Das setzt oft erfreulich viel Kreativität und Pragmatismus frei, bedeutet gleichzeitig aber mehr Aufwand.
Kluge Leitplanken setzen
Zwei der größten Herausforderungen, vor denen die öffentlichen Verwaltungen derzeit stehen, wurden durch die Pandemie noch einmal deutlich vor Augen geführt: Zum einen der Fachkräftemangel und der damit einhergehende Wissensverlust, zum anderen die Digitalisierung selbst, die Herausforderung und Lösungsansatz zugleich ist. Die extreme Arbeitsbelastung in den Gesundheitsämtern etwa hat einen Vorgeschmack darauf gegeben, was mit dem Fachkräftemangel auf die Verwaltungen zukommen wird. Digitalisierung kann ein Mittel sein, um mit einer geringeren Anzahl von Mitarbeitenden mehr Arbeit zu schaffen. Zugleich sind die Verwaltungen darauf angewiesen, sich als attraktiver Arbeitgeber am Markt zu behaupten. Das bedeutet, dass etwa der Wunsch der Mitarbeitenden nach Flexibilität mit dem Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf eine gute Erreichbarkeit und Serviceleistungen sowie mit dem starren Korsett von TVöD und Beamtenrecht in Einklang gebracht werden muss. Digitalisierung kann auch hier ein Teil der Lösung sein.
Die Welt wird täglich digitaler. Die Bürgerinnen und Bürger haben zu Recht den Anspruch, dass der digitale Wandel vor der Verwaltungsrealität nicht Halt macht. Welche Dimension diese Umstellung hat, machen zwei Zahlen deutlich: Laut dem Onlinezugangsgesetz liegen 575 Verwaltungsaufgaben mit 7.500 Einzelleistungen vor uns, die wir an die Bedürfnisse der Menschen anpassen und digital anbieten werden. Für diese Umstellung der Verwaltungsorganisation sind wir auf klug gesetzte Leitplanken und die Unterstützung der Politik angewiesen.
Abläufe verschlanken
Als Landrätin des Kreises Minden-Lübbecke verstehe ich es als meine Aufgabe, diese Dienstleistungen nicht nur auf den Weg zu bringen, sondern die Digitalisierung der Verwaltung aktiv zu gestalten. Der Kreis verfolgt eine gezielte Digitalisierungsstrategie. Diese fängt mit der Schaffung entsprechender organisatorischer Strukturen an. Es müssen die erforderlichen Personalressourcen geschaffen und klug eingesetzt werden. Die Bereiche IT, Organisation und Personal werden in einem Querschnittsdezernat zusammengeführt, da keine dieser Aufgaben mehr isoliert gedacht werden kann. Ein wesentliches Werkzeug ist das neu eingeführte Prozess-Management. Arbeitsabläufe werden aufgelistet, auf Medienbrüche untersucht und so Potenziale für eine weitere Digitalisierung sichtbar gemacht. Abläufe werden verschlankt, wo immer es geht und sinnvoll ist.
Ein erstes Pilotprojekt war die Überarbeitung des Prozesses zur Beantragung von Fortbildungen. Bisher gab es vier verschiedene Wege dazu, was nun medienbruchfrei auf einen einzigen elektronischen Workflow reduziert werden konnte. In einem nächsten Schritt erfolgt die Umstellung der Wiederbesetzung von Stellen. Bereits jetzt ist absehbar, dass die Anzahl der nötigen Arbeitsschritte um mehr als ein Drittel reduziert werden und damit eine effektivere Personalwirtschaft ermöglicht werden kann.
Rechtliche Weichen für Digitalisierung stellen
Das sind erste Schritte für eine bessere Nutzung der Digitalisierung im Bereich der internen Verwaltung. Überall dort jedoch, wo externe Vorgänge und ein Handeln mit Außenwirkung betroffen sind, wird es komplizierter. Denn die Zahl der handelnden Akteure ist – auch bedingt durch den Föderalismus – unüberschaubar: Nicht auf die Digitalisierung ausgelegte Gesetze auf allen Ebenen stehen medienbruchfreien Prozessen oft im Weg. Dort besteht dringend Nachholbedarf, wenn dieses Jahrzehnt die Dekade der Digitalisierung der Verwaltung werden soll. Zuversichtlich macht mich, dass Politik und Verwaltung auf allen Ebenen das gleiche Ziel haben. Der Aufwand für die Digitalisierung ist notwendig und lohnenswert, denn am Ende werden Bürgerinnen und Bürger sowie Mitarbeitende in den Verwaltungen gleichermaßen von den Neuerungen profitieren.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe April 2022 von Kommune21 im Schwerpunkt Personalwesen erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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