Donnerstag, 26. Dezember 2024

WissensmanagementDen Austausch fördern

[22.03.2021] Eine große Herausforderung für die öffentliche Verwaltung ist es, Wissen effektiv zu erhalten und untereinander auszutauschen. Eine Organisationsuntersuchung in einem brandenburgischen Landkreis zeigt, welche Chancen kommunales Wissensmanagement bereithält.
Beim Kaffeeplausch wird oft wichtiges Wissen weitergegeben.

Beim Kaffeeplausch wird oft wichtiges Wissen weitergegeben.

(Bildquelle: 123rf.com/Dmitrii Shironosov)

Angesichts der Corona-Pandemie hat die Frage nach einer effektiven Kommunikation und Verteilung von Wissen enorm an Bedeutung gewonnen. Viele Organisationen und auch die öffentliche Verwaltung stehen vor der Herausforderung, mit kurzfristigen Ausfällen umgehen zu müssen. Sie müssen die Frage klären, wie ein Austausch von Wissen stattfinden kann, wenn die Mitarbeiter sich nicht persönlich treffen können. Unabhängig von dieser Krise sucht die öffentliche Verwaltung nach Lösungen, um mit einer Vielzahl altersbedingter Stellenwechsel und dem drohenden Verlust von Wissen umzugehen.
Im Rahmen einer Organisationsuntersuchung durch den Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management der Universität Potsdam und eines studentischen Beratungsprojekts unter Leitung von Caroline Fischer wurden Anfang 2020 Chancen und He­raus­forderungen bei der Einführung von Wissensmanagement in einer brandenburgischen Landkreisverwaltung erarbeitet. Dazu wurden mit Führungskräften der Kommune sowie externen Experten 14 teilstandardisierte Interviews durchgeführt. Außerdem waren die Mitarbeiter aufgefordert, in einem Workshop ihre Vorstellungen für ein effektives Wissensmanagement einzubringen.

Konkurrenz unter Nachbarn

Wie viele ländliche Räume steht der untersuchte Landkreis in Konkurrenz zu benachbarten Metropolregionen. Innerhalb des Kreises konkurrieren die näher an Berlin liegenden Gemeinden mit denjenigen, die weiter entfernt sind. Durch die Aufteilung der Landkreisverwaltung auf drei Standorte bestand bereits vor der Pandemie die Herausforderung, Wissen dezentral zu organisieren und flexible Lösungen für den Wissensaustausch zu finden. Problematisches Silodenken ist hier nicht einfach die Folge von Grabenkämpfen zwischen Organisationseinheiten, sondern erwächst bereits aus der räumlichen Trennung, wie viele Verwaltungsmitarbeiter sie nun auch im Homeoffice erleben.
Wissen entsteht, sobald Daten und Informationen mit Bedeutung aufgeladen werden. Insbesondere im digitalen Raum wird Wissen daher vereinfacht als verarbeitete Information verstanden (Davenport und Prusak, 2000). Ein systematischer Umgang mit der Ressource Wissen in Organisationen kann demnach über die Gestaltung der Wissensträger und -dimensionen Personal, Strukturen und Technik erfolgen (Wewer und Fischer, 2019). Das kollektive Gedächtnis oder organisationale Wissen ist analog aber nicht einfach die Summe aller Wissensbestände. Vielmehr ist es eingebettet in die impliziten und expliziten Wissensbestände der Organisationsbestandteile.

Wissensbasis erweitern

In vielen Fällen liegt Wissen jedoch nur als verborgener, impliziter Erfahrungsschatz der Mitarbeiter vor. Viele Ansätze konzentrieren sich daher darauf, individuell vorhandenes Wissen zu erschließen, was jedoch durch die implizite Natur vor allem in der digitalen Arbeitssphäre erschwert wird. Wissensmanagement insgesamt zielt darauf ab, die Wissensbasis einer Organisation zu erweitern, zu erhalten oder einen (noch unbekannten) Wissensbestand zu erschließen (Probst et al. 2006).
Die öffentliche Verwaltung steht dabei vor zahlreichen Herausforderungen: Ihr Personalkörper ist insbesondere auf kommunaler Ebene durch die konsolidierungsbedingte Schrumpfung der Belegschaft gekennzeichnet. Der demografische Wandel verschärft die steigende Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und den damit einhergehenden Fachkräftemangel. Um die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen, ist es daher unabdingbar, die Ressource Wissen optimal einzusetzen.

Zentrale Ansprechperson

Im Rahmen des Projekts zeigte sich, dass der Landkreis bereits eine Vielzahl verschiedener Prozesse und Systeme zum Transfer von Wissen entwickelt hat. Aufgrund der räumlichen Trennung und Heterogenität der Verwaltung war diese Vielfalt aber nicht bekannt. Eine zentrale Ansprechperson für das Wissensmanagement, welche dezentrale Lösungen nicht ersetzt, sondern zentral bündelt, könnte hier Abhilfe schaffen. Innerhalb der einzelnen Referate könnten Verantwortliche für die dialoghafte Begleitung der Wissensweitergabe sorgen. Denn diejenigen, die ihr Wissen weitergeben, haben oft andere Bedürfnisse als diejenigen, die dieses Wissen empfangen. So sind Speicherlösungen für die digitale Weitergabe von Wissen aus Sicht der Geber schnell befüllt. Für die Nutzer liegt dann aber oft nur ein undurchdringlicher Datendschungel vor. Das organisationsinterne Intranet erinnert somit eher an einen Datenfriedhof, statt als anregende Kommunikationsplattform zu dienen. Zentrale Standards für Datenpflege und -Management sind hier dringend geboten.
Da die Empfänger von Wissen jedoch häufig informelles Erfahrungswissen benötigen, das effektiv nur durch direkte Interaktion weitergegeben werden kann, müssen informelle Gelegenheiten zum Austausch von Wissen institutionalisiert und entstigmatisiert werden. So sind der kurze Plausch am Kopierer oder ein schnelles Gespräch zu neuesten Lösungen während der Kaffeepause für die Wissensweitergabe enorm wichtig, wie in den vergangenen Monaten schmerzlich zu erfahren war.

Schnell handeln, passende Systeme bereitstellen

In einer Umgebung oder Situation, die eine solche Kommunikation nicht zulässt, etwa durch die räumliche Trennung einzelner Verwaltungsstandorte oder eine weltweite Pandemie, müssen digitale Lösungen den Austausch, die Vernetzung und Kollaboration fördern und weniger die Datenablage in den Vordergrund stellen. Was analog alltäglich ist, muss auch digital möglich werden. War die Diffusion der Landkreisämter in einer durch Präsenzkultur geprägten Verwaltung zuvor noch eine Schwäche, könnten sich nun digitale Führungskräftezirkel über zahlreiche Ämter hinweg bilden. Entfernt lebende Arbeitnehmer wären bei einer Anstellung nicht mehr gezwungen, täglich zu ihrem Arbeitsplatz zu pendeln. Der Jour Fixe zum Wissensaustausch könnte digital stattfinden. Egal ob Expertendatenbank, Videokonferenz- oder Chat-Lösungen – die öffentliche Verwaltung muss schnell handeln und passende Systeme bereitstellen, um für die nächste Krise gewappnet zu sein.

Nicolas Drathschmidt ist Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management der Universität Potsdam; Esther Steverding arbeitet und forscht zum Thema Verwaltungsmodernisierung.


Stichwörter: Panorama, Wissensmanagement


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Winterlandschaft Nordschweden

In eigener Sache: Wir machen Winterpause

[23.12.2024] Wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr. Aktuelle Meldungen gibt es hier wieder ab dem 6. Januar 2025. mehr...

Marcus Witzke vom Fraunhofer FOKUS, Beauftragte Regina Vollbrecht und Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner beim Start der Indoor-Navigation everGuide im Bezirksamt Reinickendorf.

Berlin: Bezirksrathaus mit Indoor-Navi

[13.12.2024] Im Rathaus in Berlin-Reinickendorf erleichtert eine barrierefreie Indoor-Navigation die Orientierung. Die App everGuide vom Fraunhofer FOKUS ermöglicht Besucherinnen und Besuchern – ob blind oder sehend – eine präzise Navigation zu Räumen, Aufzügen und Ausgängen. mehr...

Screenshot aus dem Bayernportal

Regensburg: Bei der Digitalisierung weit vorne

[12.12.2024] Regensburg bietet inzwischen 327 digitale Verwaltungsleistungen an und erreicht Platz 2 im bayerischen Digitalranking. Bei den Bürgerinnen und Bürgern kommen die Services gut an, wie die Nutzerzahlen zeigen. mehr...

Illustration in hellen, freundlichen Farben: Blick in einen Kita-Raum aus Vogelperspektiv, auf dem Boden spielen Kinder und viel Spielzeug liegt herum.

Magdeburg: Kitas präsentieren sich neu im Netz

[09.12.2024] Magdeburger Eltern, die ihre Kinder bei einer kommunalen Kita anmelden möchten, finden die benötigten Informationen nun gebündelt und übersichtlich auf einer neu eingerichteten Website. mehr...

Das Bild zeigt den belebten Markplatz von Halle (Saale), im Hintergrund sind die fünf Türme der Händelstadt zu erkennen.

Halle (Saale): Gesundheitsamt wird digital

[06.12.2024] Das Modellprojekt Digitales Gesundheitsamt in Halle (Saale) wurde erfolgreich abgeschlossen. Ziel war es, den Fachbereich Gesundheit der Stadt mit digitalen Lösungen nutzerfreundlicher und effizienter zu gestalten. Die Einführung neuer Systeme legt zudem ein Fundament für künftige Innovationen. mehr...

Potsdam: Onlinedienst für Fundsachen

[03.12.2024] Verlorene oder gefundene Gegenstände können in Potsdam jetzt auch online gemeldet werden. Der neue Service erleichtert das Verfahren sowohl für Finderinnen und Finder als auch für Suchende. mehr...

Augsburger Altstadt aus der Vogelperspektive.

Augsburg: Digitaler Stadtplan zur Barrierefreiheit

[26.11.2024] Mit dem digitalen Stadtplan Augsburg barrierefrei hat die bayerische Kommune ein neues Projekt gestartet, das Menschen mit Behinderung detaillierte Informationen zur Barrierefreiheit von Orten und Gebäuden bietet. Alle Angaben wurden durch Begehungen vor Ort überprüft und digital erfasst. mehr...

Baustelle: Blick durch Zaundraht auf einen Pumpenkran zum Heben und Gießen von Beton, im Hintergrund ein Gebäude, das eine Schule sein könnte.

Leipzig: Baumaßnahmen-Dashboard ist online

[26.11.2024] Die Stadt Leipzig hat ein Online-Dashboard zur Schul- und Kitabaustrategie veröffentlicht. Es bietet aktuelle Einblicke in laufende und geplante Baumaßnahmen im Bildungsbereich, übersichtlich dargestellt auf einer Stadtkarte mit detaillierten Informationen zu jedem Projekt. mehr...

Oberbürgermeister Marcus König und Eugenia Strasser halten gemeinsam die Auszeichungsurkunde.

Nürnberg: E-Government-Beauftragte der Stadt ausgezeichnet

[19.11.2024] Nürnbergs E-Government-Beauftragte, Eugenia Strasser, ist mit dem WIN-Award der Vogel IT-Akademie ausgezeichnet worden. Sie belegt somit den zweiten Platz als Woman of the Year 2024. mehr...

Illustration: Klemmbrett mit einem Formular und einem Stift daneben vor hellblauem Hintergrund.

Köln: Bürgerfreundliche Bescheide ausgezeichnet

[18.11.2024] Das Public Service Lab hat die Stadt Köln für ihr Projekt Formularwerkstätten mit dem Preis für gute Verwaltung 2024 ausgezeichnet. Das Kölner Innovationsbüro hilft Fachämtern dabei, Formulare verständlicher zu gestalten und so den Zugang zu staatlichen Angeboten zu verbessern. mehr...

Illustration: Symbolbild für den Public Sector. Mehrere klein dargstellte Menschen arbeiten zwischen einem überdimensionalen Laptop, Tablet und anderen Gegenständen.

Bitkom: Neuer Geschäftsbereich „Public Sector“

[15.11.2024] Der Digitalverband Bitkom strukturiert sich neu: Die Geschäftsbereiche „Public Sector“ und „Digitale Gesellschaft“ werden eigenständige Kompetenzbereiche. Themen wie Künstliche Intelligenz und Digitale Souveränität rücken stärker in den Fokus. mehr...

Historishcer Marktbrunnen der Stadt Eisenach, im Hintergrund das moderne Gebäude der Stadtverwaltung.
bericht

Immobilienmanagement: Stadt Eisenach setzt Maßstäbe

[11.11.2024] Eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen verpflichtet Kommunen zum sicheren Betrieb ihrer Immobilien. Die Stadt Eisenach hat durch Digitalisierung und Prozessoptimierung die Verwaltung ihrer Immobilien neu strukturiert. Dabei setzte die Kommune auf externe Unterstützung und internen Kompetenzaufbau. mehr...

Frau in blauem Pulli mit Handy in der Hand vor orangenem, darüber die Aufschrift: "Mach's jetzt online". Hintergrund

Brandenburg: Werbekampagne für Onlinedienste

[08.11.2024] Eine Werbekampagne soll Brandenburgerinnen und Brandenburger auf die bereits verfügbaren digitalen Verwaltungsdienste aufmerksam machen. Das Land stellt für Kommunen Printmaterialien und Downloads bereit, mit denen Bürgerinnen und Bürger ohne großen Aufwand über verfügbare Online-Dienste informiert werden können. mehr...

Rathaus Stadt Wiesbaden

Wiesbaden: Vernetzt zur digitalen Transformation

[05.11.2024] Die Stadt Wiesbaden ist dem Netzwerk NExT beigetreten, um durch Austausch mit über 2.000 Fachleuten innovative Ansätze für eine bürgerorientierte Verwaltung zu entwickeln und Best Practices anderer Städte zu nutzen. mehr...

Zweistöckiges Gebäude aus rotem Backstein mit Dachgauben, davor ein Parkplatz mit wenigen Autos und spärlicher Bepflanzung.

Brake: Gewerbesteuerbescheid wird digital

[29.10.2024] Die Stadt Brake (Unterweser) ist die erste Kommune Niedersachsens, die Gewerbesteuerbescheide digital über ELSTER versendet. Das Pilotprojekt von Axians Infoma und KDO zeigt, wie medienbruchfreie Verwaltungsprozesse die Verwaltung, aber auch die Steuerpflichtigen selbst entlasten können. mehr...