Donnerstag, 5. Dezember 2024

InterviewDen Bürger abholen

[27.06.2019] Andreas Zimmermann, Bürgermeister von Ahrensbök, erklärt gegenüber Kommune21, warum die Gemeinde auf WhatsApp setzt, welche Erfahrungen er mit Facebook gemacht hat, und warum er eine Kommunikation über soziale Medien für wichtig hält.
Andreas Zimmermann

Andreas Zimmermann, Bürgermeister der Gemeinde Ahrensbök

(Bildquelle: Gemeinde Ahrensbök)

Herr Bürgermeister Zimmermann, die Gemeinde Ahrensbök setzt als erste in Schleswig-Holstein auf WhatsApp (wir berichteten). Was versprechen Sie sich davon?

Wir haben in den vergangenen Jahren festgestellt, dass immer weniger Bürgerinnen und Bürger über die Entwicklungen in ihrer Gemeinde informiert sind. Das trifft insbesondere auf die jüngere Generation zu. Aus diesem Grund möchten wir mit unserem neuen WhatsApp-Newsletter die Abonnenten über alle relevanten Entwicklungen in der Kommune auf dem Laufenden halten. Exemplarisch seien die Sitzungstermine der politischen Gremien und Veranstaltungen, aber auch ganz profane Belange, wie etwa Straßensperrungen, genannt. Im Gegenzug erhalten wir wertvolle Hinweise aus der Bevölkerung. So wird uns mitgeteilt, wo sich Straßenschäden befinden oder Straßenleuchten nicht funktionieren. Ferner erhalten wir Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge zu den diversen kommunalen Belangen. Es findet ein Dialog, ein überwiegend sinnvoller Informationsaustausch statt, sodass ich durchaus von einer Win-win-Situation sprechen kann. Neben diesem Effekt erhoffe ich mir durch diese Kommunikation eine Stärkung der Identifikation der Bevölkerung mit der Gemeinde.

Was zeichnet das Ahrensböker WhatsApp-Modell aus?

Die Anmeldung ist simpel und die von uns verwendete Sprache einfach. Wir verzichten bewusst auf amtsdeutsche Formulierungen. Bei Meldungen aus der Bevölkerung erhalten die Hinweisgeber sehr zeitnah ein Feedback. Das Besondere an diesem System ist, dass wir auf den Bürger zugehen, ihn quasi abholen. Denn es stehen ja auch sämtliche Informationen auf unserer Website zur Verfügung. Sie werden dort nur nicht abgerufen – aus welchem Grund auch immer. Genauso verhält es sich mit dem von uns per E-Mail verschickten Newsletter, den die Bürger nicht so gut annehmen. Unsere Kommunikation via WhatsApp ist einfach, schnell und bequem für den Nutzer. Er muss nur auf sein Smartphone schauen.

Wie beziehen Sie Bürger ein, die WhatsApp nicht nutzen möchten?

Neben der in unserer Hauptsatzung geregelten Form des traditionellen Aushangs in einem Schaukasten besteht die Möglichkeit, sich auf unserer Homepage zu informieren. Darüber hinaus bieten wir einen Newsletter per E-Mail an. Öffentliche Verwaltungsvorlagen können die Bürger über das Ratsinformationssystem lesen.

Wie gehen Sie mit kritischen Stimmen zum Datenschutz bei dem Messenger um?

Bislang gab es keine kritischen Stimmen zum Datenschutz. Wir hatten uns aber bereits im Vorfeld der Einführung des Messenger-Dienstes mit diesem wichtigen Aspekt auseinandergesetzt und geklärt, dass der Datenschutz über unseren offiziellen Business Solu­tion Provider sichergestellt ist.

„Es findet ein überwiegend sinnvoller Informationsaustausch statt, sodass ich durchaus von einer Win-win-Situation sprechen kann.“
Sie haben sich einen Namen als Facebook-Bürgermeister gemacht. Welche Erfahrungen haben Sie mit diesem sozialen Netzwerk gesammelt?

Seit einigen Jahren agiere ich in meiner Freizeit auf Facebook, um in der Bevölkerung das Interesse an der gemeindlichen Entwicklung zu wecken und bei kommunalen Themen aufklärend zu wirken. Bis auf wenige Ausnahmen sind meine Erfahrungen positiv. Natürlich gibt es auch Menschen, die nicht begreifen können, dass ein Bürgermeister am Ostersonntag beim Frühstück nicht sofort dafür sorgen kann, dass eine seit geraumer Zeit auch am Tag leuchtende Straßenleuchte sofort abgestellt wird. Noch vor dem Genuss des zweiten Frühstückseis musste ich mich seinerzeit mit dem Vorwurf der Verschwendung von Steuermitteln auseinandersetzen. Das sind allerdings Einzelfälle. Immer weniger Menschen lesen die Tageszeitung. Via Facebook erfahren sie von mir zumindest von gewissen Entwicklungen in ihrer Heimatgemeinde und sind dankbar dafür. Die meisten denken jedoch, dass meine Mitarbeiter die Posts verfassen. Ich habe auf Facebook auch die Erfahrung gemacht, dass die Bevölkerung bei kommunalen Belangen nur über ein oberflächliches, rudimentäres Wissen verfügt. Wenn sich keiner die Zeit nimmt, dort sachlich aufzuklären, bekommen die Menschen Recht, die am lautesten schreien. Es ist in der digitalen Welt nicht anders als im wahren Leben. Auch auf Facebook erkenne ich ein Verhaltensmuster, das sich bereits in unserer analogen Gesellschaft breit gemacht hat: Wenn die Sachargumente fehlen, ist der Wechsel auf die Beziehungsebene oft der nächste Schritt. Hier mache ich allerdings nicht den Fehler und wechsle auf die persönliche Ebene, sondern bleibe konsequent sachlich.

Sie haben sich zum Ziel gesetzt, mit WhatsApp mehr Nutzer zu erreichen als mit Ihrem Facebook-Auftritt. Können Sie absehen, ob Sie dieses Ziel erreichen werden?

Wir haben innerhalb kürzester Zeit mehr Abonnenten für unseren WhatsApp-Dienst gewinnen können als ich bei Facebook habe. Das ist ein Erfolg, der seine Ursache darin hat, dass die Messenger-Nutzung für die Bürger bequem und einfach ist.

Wieso sollten Kommunen auf Social Media setzen?

Als überzeugter Demokrat sehe ich immer noch den mündigen Bürger als tragendes Element unserer Demokratie. Wer mündig ist, sollte über neutrale Informationen verfügen und sich selbst ein Bild verschaffen. Die Tageszeitung als bedeutsames Format der Informationsgewinnung hat unsere Gesellschaft über viele Jahrzehnte geprägt. Sie verliert nun aber von Jahr zu Jahr an Bedeutung. Es stellt sich deshalb die Frage, wer dieses Vakuum füllen kann. Ich sehe hier eine Option für den Staat, aufklärend und informativ zu wirken und dabei auf Medien zu setzen, welche die Bürger im Alltag besonders häufig nutzen.

Interview: Alexandra Braun




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