Donnerstag, 26. Dezember 2024

E-AkteDer Schlüssel zum Erfolg

[12.09.2018] Die elektronische Aktenführung führt auch zu einer Neuorganisation der Verwaltung, sagt Hakam Najjar von der Stadt Wesseling. Im Kommune21-Interview nennt der DMS-Verantwortliche Hürden und Erfolgskriterien für die Digitalisierung einer Kommune.
Hakam Najjar

Hakam Najjar, Stadt Wesseling

(Bildquelle: Privat)

Herr Najjar, seit dem Jahr 2011 sind Sie für das Dokumenten-Management-System (DMS) der Stadt Wesseling verantwortlich. In welchen Bereichen wurden bereits E-Akten eingeführt?

Die Stadtverwaltung Wesseling nutzt in einigen Fachbereichen, etwa im Steuer-, Bürgeramt und Jugendamt sowie beim Personalservice und der Liegenschaftsverwaltung die Funktionalitäten der E-Akte. Beim Einsatz des Dokumenten-Management-Systems d3 reichen die umgesetzten Lösungsszenarien von einer einfachen Digitalisierung des Schriftguts über die Verwaltung von Dokumenten in strukturierten Ablagen bis hin zur vollintegrierten Einbindung in Fachverfahren. Gestartet wurde mit der internen Digitalisierung der Steuerakten. Im Rahmen dieses Projekts wurden über 16.000 Akten mit über einer Million Seiten digitalisiert, sodass der Fachbereich Kommunale Abgaben seit dem Jahr 2013 ganz ohne Papierakten arbeitet.

Welche Erfahrungen machen Sie bei der Einführung der elektronischen Aktenführung?

Die grundlegende Umstellung der bisher gewohnten Arbeit wird fast immer von Unsicherheit begleitet. Umso wichtiger für den Erfolg ist es deshalb, für die Kolleginnen und Kollegen schnell eine Erleichterung ihrer Arbeit zu organisieren. Das scheint banal und doch ist es der Erfahrung nach das wichtigste Ziel jedes E-Akte-Einführungsprozesses. Meine Erfahrung hat auch gezeigt, dass sich die Mitarbeiterakzeptanz deutlich erhöht, wenn die Sachbearbeiter in die Organisation der elektronischen Aktenführung eingebunden werden.

Wie reagieren die Mitarbeiter auf die Umstellung?

Die Einführung eines digitalen Arbeitsplatzes verändert das gewohnte Arbeitsumfeld und sollte entsprechend kommuniziert werden. Hier muss auf verschiedene Vorteile hingewiesen werden. Am wichtigsten ist es, mit den Kollegen auf Augenhöhe zu sprechen und zu diskutieren. Ich bin der Meinung, dass eine erfolgreiche Digitalisierung nicht auf die Erfahrung der Papierakten-Liebhaber verzichten kann. Trotzdem bedeutet die Einführung von elektronischen Akten einen Paradigmenwechsel. Weg vom Papier, hin zur Technik ist ein Sprung, der bei vielen Kollegen zunächst auf Ablehnung stößt. Hier braucht man viel Fingerspitzengefühl und viel Geduld, um auch diese Kollegen von dem positiven Nutzen zu überzeugen.

Welche Fortschritte bei der Digitalisierung kann die Stadtverwaltung noch verzeichnen?

Die Stadt Wesseling hat innerhalb von sechs Monaten die flächendeckende Einführung der elektronischen Rechnungsfreizeichnung realisiert. Rund 13.000 manuelle Rechnungen werden pro Jahr durch 120 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen rechnerisch und sachlich geprüft und angeordnet. Die Bearbeitungszeit in Papierform lag im Durchschnitt zwischen 1,8 und 2,5 Tagen, seit der elektronischen Einführung liegt die durchschnittliche Bearbeitungszeit bei weniger als einem halben Tag.

Was waren die Erfolgskriterien für das Projekt?

Vor der Aufnahme jedes Fachbereichs wurden erste Gespräche geführt, um deren Arbeitsweise zu kennen und die Workflows entsprechend anzupassen. Am Ende wurde für jeden Fachbereich eine eigene Workflow-Vorlage erstellt, angepasst an die jeweiligen Bedürfnisse und Wünsche. Der Erfolg solcher Projekte hängt zudem ganz entscheidend davon ab, dass die Leitungsebene auch in schwierigen Situationen hinter dem Projekt steht. Die Verwaltungsleitung hat die strategischen Ziele von Anfang an festgelegt. Hinzu kommt die wirklich gute Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Kämmerei, auch die Unterstützung der Kollegen aus dem IT-Service muss man hier erwähnen.

Warum ist dieses Projekt für die Stadt Wesseling so wichtig?

Die elektronische Rechnungsfreizeichnung ist ein wesentlicher Schritt zur Digitalisierung der Verwaltung, da in allen Fachbereichen Rechnungen bearbeitet werden und diese Aufgabe viele Mitarbeiter bindet. Zudem ist der elektronische Rechnungsworkflow Bestandteil der elektronischen Aktenführung. Damit gehen Regelungen zum ersetzenden Scannen und zur Akteneinsicht einher, die mit der Einführung der E-Akte relevant werden. Auch das Thema Prozessoptimierung spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle, da sich die Geschäftsabläufe durch die IT-gestützten Workflows ändern.

„Die elektronische Aktenführung bildet das Fundament einer digital arbeitenden Verwaltung.“
Wo liegen aus Ihrer Sicht die wesentlichen Hürden bei Digitalisierungsprojekten einer Kommune?

Es werden häufig zu wenig zeitliche und personelle Ressourcen zugemessen. Einerseits werden durch die Führungskräfte schnelle Handlungserfolge erwartet, andererseits ist diese Aufgabe meist neben dem Alltagsgeschäft zu erledigen. Und auch wenn der Auftrag für das Projekt durch Führungskräfte erfolgt, ist für die Konzeption die Beteiligung der betroffenen Mitarbeiter unerlässlich. In der Regel haben sie das notwendige fachliche und prozessuale Wissen, damit die Konzeption tatsächlich zum Umsetzungserfolg führt. Die Kommunikation mit den Mitarbeitern in der Entwicklungsphase ist nicht nur aus Informationsgründen wichtig, sondern auch, um die Akzeptanz eines Projekts zu erhöhen und den Mitarbeitern das Gefühl zu geben, nicht Adressat von Veränderungen, sondern Partner im Prozess zu sein.

Wie verändert die E-Akte die Verwaltung?

Die Digitalisierung verändert nicht nur die Art der Aktenführung, sie führt auch zu einer Neuorganisation der Verwaltung. Die E-Akte-Lösung ist daher nicht nur eine Herausforderung für die IT, sondern stellt die Verwaltung vor eine umfassende Organisationsaufgabe. Die E-Akte muss den kompletten Lebenszyklus der elektronischen Informationen berücksichtigen und den Bearbeitungszusammenhang vom Antrag über alle Beteiligungs- und Genehmigungsverfahren bis hin zur Langzeitspeicherung abbilden. Alle Prozesse müssen im Gesamtkontext der elektronischen Verwaltungsarbeit betrachtet werden, um medienbruchfrei und effizient ausgestaltet zu werden. Die Digitalisierung von Schriftgut in der Verwaltung und die Einführung elektronischer Akten sollte als Chance genutzt werden. Geprüft werden muss, ob bestehende Regeln einer elektronischen Abwicklung entgegenstehen. In der Regel sind interne Vorschriften im Umgang mit Akten in der Papierwelt entstanden und nicht immer eins zu eins in die elektronische Welt zu übertragen.

Was raten Sie anderen Kommunen?

Die elektronische Aktenführung bildet das Fundament einer digital arbeitenden Verwaltung und ist der Schlüssel zum Erfolg der Modernisierung. Ohne digitale Aktenführung gibt es keine durchgängig digitalisierten Verwaltungsprozesse und ohne medienbruchfreie Prozesse keine positiven Effekte. Wenn bei der Einführung der E-Akte allen Beteiligten der Nutzen erlebbar gemacht wird, dann kann bei vielen Mitarbeitern schon nach kurzer Zeit Akzeptanz erreicht werden.

Interview: Alexander Schaeff




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