InterviewDie Blockchain-Genossen
Herr Kammer, die Digitalisierung des öffentlichen Sektors in Deutschland geht voran. Wie schätzen Sie die gegenwärtige Lage ein?
Es gibt in Deutschland eine intensive Diskussion über unsere digitale Souveränität. Wenn die Grunderkenntnis richtig ist, dass im öffentlichen Sektor ohne IT nichts mehr geht, dann ist die Verantwortung für die IT so auszufüllen, dass man sie als öffentliche Hand auch selbst gestalten kann. Hier haben sich die Rahmenbedingungen geändert. Diesen Kontext halte ich für wichtig, wenn man die Frage nach dem Status der Digitalisierung beantworten will. Denn wir haben hier großen Handlungsbedarf.
Das heißt konkret?
In den vergangenen Jahren hat es einen richtigen Schub durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) gegeben, einen Planungsschub jedenfalls. Diese Phase ist weitgehend abgeschlossen. Jetzt kommt es darauf an, dass eine Umsetzung in der Wirklichkeit gelingt. Es ist immer schwierig zu sagen, wie weit die Kommunen damit hierzulande sind, doch ich hoffe, dass sie die Umsetzung des OZG auch als ihre Sache begreifen. Es kommt darauf an, die IT-Dienstleister und ihre Auftraggeber, eben die Kommunen, davon zu überzeugen, dass nicht allzu viel gleiche Lösungen für ein und dieselbe Aufgabe implementiert werden.
Inwieweit kann die govdigital-Genossenschaft den Digitalisierungsprozess in Kommunen unterstützen?
Die Genossenschaft ist aus meiner Sicht etwas Besonderes. Im kommunalen Umfeld haben wir gesehen, dass Kooperationen als eine wertvolle Erfahrung erlebt werden. Verschiedene Möglichkeiten des Zusammenarbeitens wurden und werden ausprobiert – bis hin zu Fusionen. Die IT-Dienstleister haben sich auch auf Arbeitsteilung verständigt und zusammengearbeitet, ohne zu verschmelzen. Nun haben sich mehrere öffentliche IT-Dienstleister entschieden, mit govdigital ein gemeinsames Unternehmen zu gründen. Und ich möchte betonen, dass hier die kommunale Ebene, die Länderebene und der Bund gemeinsam vorgehen – das hat es meines Wissens so noch nicht gegeben.
„Die Genossenschaft will sich mit neuen Themen beschäftigen, die für die Verwaltung wichtig sind.“
Was bedeutet das für die Kommunen?
Die Genossenschaft will sich mit neuen Themen beschäftigen, die für die Verwaltung wichtig sind, dazu zählt etwa künstliche Intelligenz. Da wird es mit Sicherheit auch relevante Lösungen für Kommunen geben. Im Augenblick ist govdigital vorrangig damit befasst, eine Betriebsinfrastruktur zu errichten, die den Einsatz von Blockchain-Technologie ermöglicht.
Selbst die Privatwirtschaft ist bei Blockchain eher zurückhaltend. Ist die öffentliche Verwaltung nunmehr Avantgarde?
Bei Blockchain stellt sich ein Henne-Ei-Problem: Wer fängt an? Die Mitglieder unserer Genossenschaft wollen als erstes eine wichtige Voraussetzung schaffen, nämlich eine sichere, vertrauenswürdige und verlässliche Infrastruktur. Wenn man keine Infrastruktur hat, wird es auch keine Anwendungen geben. Am Aufbau einer Infrastruktur für einen stabilen Betrieb beteiligen sich jetzt alle Mitglieder der Genossenschaft. Wir streben an, dass ab der zweiten Jahreshälfte erste Anwendungen darauf laufen können.
Die Anmietung einer Infrastruktur wäre nicht in Frage gekommen?
Aus unserer Sicht müssen es öffentliche Unternehmen sein, die eine solche Infrastruktur anbieten. Wenn es um Daten geht, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes der Verwaltung anvertraut haben, muss deren Verarbeitung in einer Infrastruktur betrieben werden, welche die Verwaltung selbst verantwortet. Insofern können wir froh sein, dass wir eine Vielzahl von leistungsfähigen, öffentlichen IT-Dienstleistern haben, die das stemmen können.
Welche Anwendungen kommen für Ihre Blockchain in Betracht?
Ein bekanntes Beispiel, das seit Längerem diskutiert wird, ist die Zeugnisvalidierung. Es gibt Annahmen, nach denen 30 Prozent der Zeugnisse, die irgendwo vorgelegt werden, gefälscht sind. Da stellt sich die Frage, ob man mit einer Blockchain-Technologie – bei der man Hashwerte in Blöcken abbildet, die auf das Original des Zeugnisses verweisen – eine höhere Verbindlichkeit und Sicherheit erhalten kann. Dies ist ein Geschäftsziel der Genossenschaft, das von einigen Mitgliedern wohl selbst verfolgt wird. Weiter gibt es eine lange Liste von Ideen. Es geht dabei aber immer um Validierung, also um die Frage, ob das, was in einem Register steht, stimmt oder nicht. In einem zweiten Projekt befassen wir uns mit Identitäten.
Worum geht es dabei?
Es wird schon lange darüber debattiert, inwieweit Identitäten so abzubilden sind, dass die Bürger souveräner damit umgehen können. Die Grundidee: Datensätze müssen nicht mehr komplett übermittelt werden. So reicht es gegebenenfalls zu wissen, dass jemand volljährig ist, ohne das genaue Geburtsdatum zu kennen. Für viele solche Verifizierungsprozesse, aber auch andere Zwecke sind Meta-Informationen wichtig, die keine konkreten personifizierten Daten erfordern. Wir glauben, dass die Blockchain geeignet ist, um solche digitalen und gleichzeitig datensparsameren Verfahren aufzusetzen.
Es gibt Zweifel daran, ob eine Blockchain DSGVO-konform ist. Erst kürzlich haben Branchenverbände eine klare Rechtslage bezüglich der in der Blockchain gespeicherten Hashwerte und dem Recht auf Vergessen gefordert.
Unser Ziel ist es natürlich, eine vollständig DSGVO-konforme Verarbeitung der Daten in der Infrastruktur von govdigital zu gewährleisten. Mir sind Konzepte bekannt, nach denen personenbezogene Daten eben nicht in der Blockchain abgelegt werden. So werden etwa bei Self-Sovereign Identities (SSI) ausschließlich einfache Links als URL in der Chain gespeichert; die eigentlichen Daten liegen aber in anderen Systemen. Bei der Speicherung von Hashwerten ist sehr genau darauf zu achten, dass darüber kein Personenbezug hergestellt werden kann. Hashwerte von anonymen IoT-Geräten können beispielsweise sehr gut in einer Blockchain abgelegt werden, solange sie nicht eindeutig einer Person zuzuordnen sind.
Kann mit der Blockchain-Technologie auch ein Recht auf Vergessen garantiert werden?
Das kommt auf das jeweilige Konzept an, mit dem die Daten in der Blockchain gespeichert und mit dem es umgesetzt wird. Wenn man, wie oben beschrieben, nur Bezüge auf personenbezogene Daten speichert, die Daten selbst aber in einem anderen System ablegt, ließe sich das Recht auf Vergessen problemlos umsetzen.
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