Sonntag, 10. November 2024

Finanz-SoftwareDie passende Lösung finden

[21.02.2022] Digitalisierung, Fachkräftemangel, Investitionsstaus und gesetzliche Vorgaben – kommunale Finanzverwaltungen müssen viele Herausforderungen meistern. Dafür brauchen sie eine zukunftsfähige Finanz-Software. Neun Punkte sind bei deren Auswahl zu beachten.
Bei der Wahl einer Finanz-Software gilt es einiges zu beachten.

Bei der Wahl einer Finanz-Software gilt es einiges zu beachten.

(Bildquelle: andranik123/stock.adobe.com)

Die Corona-Pandemie hat verdeutlicht, welche Potenziale in der Verwaltungsdigitalisierung stecken, aber auch, wo Nachholbedarf besteht. Schon länger belasten außerdem der demografische Wandel, der Fachkräftemangel, Haushaltsdefizite und Investitionsstaus die öffentlichen Arbeitgeber. Veränderte gesetzliche Vorgaben, wie die Neuregelung in § 2 b Umsatzsteuergesetz (UStG) oder der verpflichtende Empfang von E-Rechnungen, sind weitere Herausforderungen, die die Kommunen bewältigen müssen.
Damit die kommunale Finanzverwaltung diesen Anforderungen gerecht werden kann, sind schnelle, faktenbasierte Entscheidungen zu treffen, Kosten zu senken und Personallücken zu schließen. Organisationsstrukturen und Hierarchien müssen zum Teil angepasst werden, während die Entscheider leicht zu erfassende und gut strukturierte Informationen über die Finanz- und Haushaltslage benötigen. Auch müssen das Personal und Quereinsteigende schnell und unkompliziert für die Tätigkeit im Finanzsektor befähigt werden. Mit der passenden Finanz-Software ist das zu schaffen. Neun Punkte sollten Entscheider bei deren Auswahl beachten.

Schnittstellen, Plattformunabhängigkeit, Usability

Erstens muss die Verwaltung an einem Strang ziehen. Es gilt also, Silos abzuschaffen und das Finanzverfahren in die gesamte Verwaltung zu integrieren. Schnittstellen zu anderen Verfahren sind somit äußerst wichtig. Das setzt voraus, dass der gesamte Arbeits- und Prozessablauf mit allen relevanten Daten vollständig digitalisiert ist. Dazu tragen unter anderem ­E-Rechnungen, elektronische Rechnungseingangsbücher und Fernsignaturen bei. Im Ergebnis werden anfallende Rechnungen effizienter bearbeitet, die Fehleranfälligkeit minimiert und die Arbeitgeber­attraktivität erhöht. Die eingesetzte Software sollte zudem plattformunabhängig und webbasiert sein. Damit lassen sich Ressourcen im IT-Bereich einsparen, die für andere Aufgaben frei werden. Gearbeitet werden kann direkt über den Browser, ohne lokale Installation. Durch die Unabhängigkeit vom Betriebssystem und die Responsivität sind Web-Anwendungen auch auf Mobile Devices einsetzbar. Nötig ist lediglich ein funktionierendes Internet. Durch eine optimierte Transaktionsverarbeitung verschaffen sich Verwaltungsmitarbeiter mit Echtzeitdaten einen aktuellen Überblick über Finanzen und Zahlungsströme.
Entscheidungsträgern und Sachbearbeitenden muss es möglich sein, jederzeit schnell und einfach auf Finanzdaten zuzugreifen. Deshalb ist auf die Usability der Lösung zu achten. Zu bedenken gilt es, dass nicht nur Kämmerer oder Finanzexperten zu den Nutzern zählen, sondern auch Mitarbeiter aus Bauhof, Schulbetrieb und anderen Bereichen. Neben einer intuitiven Bedienbarkeit der Finanz-Software empfiehlt sich ein leicht verständliches Dashboard, das wichtige Kennzahlen sofort anzeigt – am besten individualisiert, je nach Nutzer. Für die Leitung der Finanzabteilung ist beispielsweise ein Gesamtüberblick über den Haushalt wichtig, für den Sachbearbeiter eine Übersicht zur Haushaltsstelle. Weitergehende Informationen sind über Drill-Down-Funktionen abzurufen.

BI, Suchmasken, Sicherheit

Darüber hinaus sollte die Lösung Berichtswesen und BI-Funktionen beinhalten. Business Intelligence (BI) umfasst Methoden und Prozesse zur Erhebung, Speicherung und systematischen Auswertung elek­tronischer Finanzdaten. Eine reine Auflistung der Einnahmen und Ausgaben einer Gemeinde ist noch keine BI. Neben einer Standardauswahl an Variablen, etwa Ausschöpfungsgrad der Haushaltsansätze, Deckung oder Vergleich der Vorjahre, sollte die Finanz-Software eigene Kennzahlen definieren können. Data Mining und Data Warehouse ermöglichen es, Querverbindungen zu erkennen und Prognosen sowie Trends zu erstellen.
Zu achten ist außerdem auf individualisierbare Suchmasken und Oberflächen. Denn entsprechend der verschiedenen Aufgaben und Befugnisse unterscheidet sich der Informationsbedarf der Mitarbeitenden einer Kommunalverwaltung. Da nicht alle alles wissen müssen – und dürfen –, sollte das Finanzverfahren über Filtermöglichkeiten und ein umfassendes Rechtesystem verfügen. Den heterogenen Aufgaben in einer Kommunalverwaltung wird mit individuell und einfach anpassbaren Suchmasken Rechnung getragen. Darüber hinaus sollte eine erweiterbare Finanz-Software gewählt werden. Denn obwohl die kommunalen Aufgaben grundsätzlich die gleichen sind, unterscheiden sie sich doch gravierend in der Häufigkeit und Intensität. Die Aufgaben der Daseinsvorsorge werden bei einer großen Kommunalverwaltung ganz anders aussehen als bei einer kleinen Gemeinde. Werden nur gelegentlich Rechnungen erstellt, erfordert dies keine speziellen Module; eine häufige Rechnungsstellung dagegen schon. Die heterogene Verwaltungsszene benötigt daher eine Software, die mit den zu erfüllenden Aufgaben wächst.
Selbstverständlich sollte die Finanz-Software höchste Sicherheit garantieren – also die Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Authentizität der Daten – sowie den Datenschutz gewährleisten. Um die Daten- und Ausfallsicherheit zu erhöhen, speichern und/oder bearbeiten viele Kommunen die Daten in einer Public Cloud. Hoch qualifizierte, aber oft mit Aufgaben überfrachtete IT-Fachkräfte müssen dann nicht zur Betreuung der Cloud Server eingesetzt werden. Bei Private und Public Cloud gilt gleichermaßen: Die öffentlichen Stellen sind für den Datenschutz verantwortlich. Daher sollte der Cloud-Anbieter sorgfältig ausgewählt werden.

Datenmigration und der richtige Zeitpunkt

Unbedingt zulassen muss das Finanzverfahren die Migration der Daten aus dem Altsystem. Dabei ist das Augenmerk sowohl auf die Datenübernahme selbst als auch auf den Migrationsprozess zu richten. Nicht alle aufbewahrungspflichtigen Finanzdaten müssen in das aktuelle Finanzverfahren integriert werden. Wie lange die zu migrierenden Daten zurückreichen sollen, entscheidet die jeweilige Kommune. Die Software sollte an den Bedarf angepasste Migrationsschnittstellen bieten. Zuletzt bleibt noch der beste Zeitpunkt für einen Anbieterwechsel zu klären. Aus organisatorischen Gründen findet er meist zum Jahreswechsel statt. Bei der Datenmi­gration stellt sich die Frage, ob diese als Big Bang erfolgt oder eine inkrementelle Migration vorzuziehen ist. Egal wie die Entscheidung ausfällt, sollte die Kommune vorher eine Datenbereinigung durchführen. Die Daten aus dem Quellsystem werden dabei so transformiert, dass die Prozesse im neuen System reibungslos laufen. Testläufe im Vorfeld dienen der Sicherstellung eines komplikations­armen oder -freien Übergangs zur neuen Finanz-Software.
Auch wenn die haushaltsrechtlichen Vorschriften keine grundlegenden Änderungen erfahren, schreiten die technologische Entwicklung und Digitalisierung in rasantem Tempo voran. Das Internet der Dinge vernetzt physische und virtuelle Gegenstände. Das flexible Arbeiten im Homeoffice ist bereits jetzt in weiten Teilen der öffentlichen Verwaltung Realität. Data as a Service und Cloud Computing sind auch im öffentlichen Bereich die Zukunft. Damit die kommunale Finanz-Software den veränderten Gegebenheiten gewachsen ist, muss sie bereits heute die Voraussetzungen für morgen erfüllen.

Birgit Pfister ist Mitarbeiterin im Bereich Produkt- und Portfolio-Management bei der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB).


Stichwörter: Finanzwesen,


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