eIDAS 2.0Digitale Brieftasche
Die Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-Verordnung oder (EU) Nr. 910/2014) öffnet den europäischen Binnenmarkt und schafft einen Rahmen zur Interaktion zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und öffentlichen Stellen. Ein wesentlicher Aspekt dessen ist die grenzüberschreitende Nutzung nationaler elektronischer Identifizierungsmittel. Mit der Novellierung der eIDAS-Verordnung treibt die EU die Digitalisierung weiter voran: Eine digitale Brieftasche, welche die elektronische Identität der Bürgerinnen und Bürger trägt, soll ab dem Jahr 2026 verfügbar sein. Alle Mitgliedstaaten sind dann dazu verpflichtet, ihrer Bevölkerung eine solche Wallet zur Verfügung zu stellen und diese auch untereinander anzuerkennen. Bereits mit der eIDAS-Verordnung aus dem Jahr 2014 wurde in Europa etwas erreicht, was noch kein Staatenbund vorher geschafft hat: Die gesetzliche Vereinheitlichung von grenzüberschreitenden elektronischen Identifizierungen und weiteren elektronischen Basisdiensten – der Grundstein für die europaweite Digitalisierung. Dieser Ansatz wird nun mit der Novellierung konsequent fortgesetzt.
Alltagsrelevanz denkbar
Die eIDAS-2.0-Verordnung trat Mitte April dieses Jahres in Kraft. Mit der Verabschiedung setzten die Kommission, das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union ehrgeizige Ziele: Bis 2026 soll allen EU-Bürgern eine Wallet bereitgestellt werden. Das EU-Parlament stimmte auch für die Möglichkeit, dass Menschen in der gesamten EU künftig wichtige Dokumente in der digitalen Brieftasche speichern können. Die ersten Prototypen der Wallet werden voraussichtlich Mitte nächsten Jahres bereitstehen. Außerdem wird die Anmeldung bei Behördenportalen sowie in Teilen der Privatwirtschaft durch die digitale Identität vereinfacht – und das europaweit, denn Nutzende können mit der so genannten EUDI-Wallet grenzüberschreitend digitale Services in Anspruch nehmen. Zwar sind elektronische Identitäten bereits heute grenzüberschreitend innerhalb der EU im Einsatz (eIDAS 1.0), verpflichtend sind diese jedoch nur im Kontext der öffentlichen Verwaltung. Bisher fehlte die Alltagsrelevanz zur Nutzung, wie etwa in der Privatwirtschaft. Zukünftig können unter anderem Zahlungsfreigaben, Bankangelegenheiten, Mietverträge, Flugbuchungen sowie die Anmietung eines Autos digital durchgeführt werden.
Konsultationsprozess für die deutsche Wallet
Beim Thema Datenschutz und -sicherheit gab es insbesondere in Deutschland in der Vergangenheit gesellschaftliche Vorbehalte. Die Bedenken hinsichtlich der strengen Datenschutzverordnung innerhalb der EU wurden dank der Revision der gesetzlichen Grundlagen relativiert. Jeder Bürger entscheidet selbst, an wen und in welchem Zusammenhang seine personalisierten Daten weitergegeben werden. Das ist eine wichtige Information, die offen kommuniziert werden sollte. Das Interesse an der EUDI-Wallet ist groß und der Bedarf wächst. Das Bundesinnenministerium hat einen Konsultationsprozess für die deutsche Wallet ins Leben gerufen. Konkret bedeutet dies, dass Experten und Vertreter aus der Zivilgesellschaft regelmäßig ihr Feedback zum aktuellen Stand geben und beinhaltet zudem eine von der Bundesregierung ins Leben gerufene Ausschreibung zur Entwicklung von Wallet-Prototypen.
Identifizierung auf höchstem Sicherheitsniveau
Bis zum Fristende Mitte 2026 muss die Bevölkerung aber nicht warten, um sich online sicher identifizieren zu können: Für das deutsche Identifizierungssystem gibt es bereits seit vielen Jahren den Online-Ausweis. Dieser löst schon heute die Identifizierungsprobleme auf höchstem Sicherheitsniveau. So stellt der Bund im Zuge des Gesetzentwurfs des Onlinezugangsgesetzes (OZG) allen Bürgerinnen und Bürgern zentrale Basisdienste wie das digitale Nutzerkonto, die BundID, zur Verfügung. Ein Konto kann auch hier einfach per Online-Ausweisfunktion erstellt werden und bietet die Möglichkeit, sich deutschlandweit zu identifizieren, digitale Anträge zu stellen, mit Ämtern und Behörden zu kommunizieren sowie Bescheide zu empfangen.
Ergänzung um eID-kompatible Schnittstellen
Seit Einführung der Online-Ausweisfunktion gestaltet das Unternehmen Governikus das deutsche eID-System und die europäische Interoperabilität im Sinne der eIDAS-Verordnung aktiv mit. Eine funktionsorientierte Anbindung von Servicekonten der Bundesländer an die BundID muss auch nicht neu erfunden werden, denn sie ist als ID Mercury bereits in die Anwendung Governikus des IT-Planungsrats integriert. Durch die Einbindung der Lösung werden die Herausforderungen der heterogenen IT-Landschaft und -Systeme der Kommunen und Bundesländer umgangen, da ein pro Land oder Kommunalverbund zentraler Zugang einen effizienten Anschluss an die BundID ermöglicht. Die eID-Lösung von Governikus ist zudem bereits eIDAS-konform. Damit die Online-Ausweisfunktion im EU-Ausland genutzt werden kann, entwickelt Governikus die eIDAS-Middleware im Auftrag des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Das ist im Wesentlichen ein einfacher eID-Server, der um entsprechende eID-kompatible Schnittstellen ergänzt wurde – alles unter einer Open-Source-Lizenz. Ab Mitte 2026 will Governikus dann allen Nutzenden der eID den Zugang zur Wallet ermöglichen.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Juni 2024 von Kommune21 im Schwerpunkt Digitale Identität erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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