Freitag, 18. April 2025

Smart CityDigitale Daseinsvorsorge

[19.08.2021] Der Wandel hin zur Smart City stellt die Städte vor neue Aufgaben. Kommunale Unternehmen wie etwa Stadtwerke sind die idealen Partner und logischen Erbringer der digitalen Daseinsvorsorge. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen stimmen.
Stadtwerke sind auf dem Weg zur Smart City die idealen Partner.

Stadtwerke sind auf dem Weg zur Smart City die idealen Partner.

(Bildquelle: zapp2photo/adobe.stock.com)

Beim Tag der Digitalen Daseinsvorsorge der Stadtwerke München und des Bayerischen Städtetags haben vor Kurzem über 100 Teilnehmende aus Rathäusern, kommunalen Gesellschaften und Wissenschaft ein Thesenpapier zum Stand und zur Zukunft kommunaler Plattformen und Dienstleistungen erarbeitet. Das Papier stellt heraus, dass Städte und Gemeinden zusammen mit ihren Stadtwerken für ihre Bürgerinnen und Bürger den allgemeinen und diskriminierungsfreien Zugang zu grundlegenden Gütern und Leistungen sichern. Kommunale Marktplätze sind seit jeher eine grundlegende Infrastruktur und Teil der Daseinsvorsorge. Das Gleiche muss für digitale Marktplätze, Plattformen, für lokale Angebote und insbesondere für Leistungen der Kommune gelten. Eine kommunale digitale Plattform darf nicht den globalen Tech-Konzernen überlassen werden.
Stadtwerke mit ihrer Stärke der lokalen Integration von Dienstleis­tungen sind dabei die idealen Partner für die Kommunen. Sie erbringen Leistungen schnell und bürgerfreundlich, sie gewährleisten Datensicherheit, Verlässlichkeit und Fairness und wahren demokratische Grundsätze. Digitale Technologien können kommunale Dienstleistungen bürgerfreundlicher und effizienter gestalten. Im Hintergrund werden Infrastrukturen digitalisiert und Städte wandeln sich zu Smart Cities. Das ist digitale Daseinsvorsorge.
Daten sind die Basis für neue Geschäftsfelder, in denen öffentliche Unternehmen meist mit privaten Unternehmen im Wettbewerb stehen. Die aktuelle Strategie der Bundesregierung sieht vor, die innovative und verantwortungsvolle Datenbereitstellung und -nutzung in Deutschland signifikant zu erhöhen, damit neue, zukunftsgerichtete Geschäftsmodelle und Rollenprofile entstehen sowie Wachstum aus neuen Arten der Wertschöpfung generiert werden kann.

Kommunale Unternehmen leisten digitale Daseinsvorsorge

Große Plattformunternehmen generieren und nutzen Daten, um Dienste und Inhalte auf Nutzerkreise zu optimieren und ihre Geschäftsmodelle darauf aufzubauen. Kommunale Unternehmen hingegen sind auf das Gemeinwohl ausgerichtet und demokratisch kon­trolliert. Somit sind sie die logischen Erbringer der digitalen Daseinsvorsorge. Die kommenden Jahre werden entscheiden, ob kommunale Unternehmen die direkten Beziehungen zu den Bürgern halten können oder sie an private Global Player verlieren. Das wäre problematisch, da Europa bei den Plattformen den Anschluss an die globale Entwicklung verloren hat. Zudem gibt es für Kommunalunternehmen hohe Innovationshemmnisse vor allem bei der digitalen Daseinsvorsorge durch Vergaberecht, Kommunalrecht (eingeschränkte Skalierungsfähigkeit neuer Geschäftsmodelle) oder die PSI-Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors. Diese manifestieren sich gegenüber privaten Unternehmen zunehmend als Wettbewerbsnachteile.
Kommunale Unternehmen im Energie- und Verkehrsbereich sind Vorreiter im Klima- und Umweltschutz. Sie verbessern jedes Jahr ihre ökologische Bilanz. Sie inves­tieren in digitale Transformation und Innovation, um kundenorientierte, zukunftsfähige, flexible sowie preisgünstige Services und Produkte anzubieten und zu verbessern. Daten zu erheben stellt für sie keinen Selbstzweck dar – dies gewährleistet vielmehr die Qualität von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, deren Weiterentwicklung und den Ausbau des Angebots für die Bürger. Sollten globale Platt­form­unternehmen hier die Kundenschnittstellen übernehmen, würden kommunale Unternehmen aus margenträchtigen Geschäftsfeldern verdrängt werden. Viele der heutigen Leistungen wären dann nicht mehr finanzierbar, sie entfielen oder würden deutlich teurer. Ein Beispiel: Wachsende Ballungsräume müssen weiterhin kostengünstige und emissionsarme Mobilität gewährleisten. Ein nachhaltiger Verkehr im Sinne der Daseinsvorsorge ­bedeutet, auch unwirtschaftliche Gebiete mit öffent­lichem Nah­verkehr zu erschließen und sich nicht die Rosinen herauszupicken – private Anbieter könnten auf Basis von Streckenauslastungsdaten beispielsweise ausschließlich wirtschaftlich besonders rentable Strecken bedienen.

Gut, aber nicht gut genug aufgestellt

Kommunale Unternehmen sind für die mit der Digitalisierung einhergehenden Herausforderungen gut, aber noch nicht gut genug aufgestellt. Sie können die digitale Daseinsvorsorge aus eigener Kraft erbringen, müssen aber besser vor unfairer privatwirtschaftlicher Konkurrenz geschützt werden. Entscheidend ist, dass die Politik ein „Level Playing Field“ von kommunalen und privaten Unternehmen sicherstellt. Sollen Kommunale im Wettbewerb gegen globale Wettbewerber erfolgreich sein, müssen sie Skalenvorteile durch interkommunale Kooperationen erzielen und föderale Strukturen schaffen, um Kompetenzen zu bündeln. Sie müssen verstärkt Kooperationen vor Ort eingehen und vor allem schnell sein. Interoperabilität und gemeinsame Standards sind anzustreben.
Zudem braucht es eine rasche europäische Anstrengung, um den Rückstand bei Software, Plattformen und Digitalunternehmen aufzuholen. Das erfordert mehr als Regulierung. Die Digitalaktivitäten kommunaler Unternehmen können zu einer europäischen Initiative beitragen. Durch den Vormarsch privater globaler Plattformen wird der Staat in originären Aufgaben unterlaufen, insbesondere bei der Sicherstellung der digitalen Identität seiner Bürgerinnen und Bürger. Das erfordert schon allein aus übergeordnetem Interesse einen gesetzlichen Schutz kommunaler und anderer staatlicher Leistungen.

Datensicherheit hat hohe Priorität

Digitalisierung macht Infrastrukturen verletzlicher, daher hat die Datensicherheit hohe Priorität. Die Hoheit über personenbezogene Daten, die bei der Erbringung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge entstehen, muss bei den einzelnen Bürgern liegen. Die Hoheit über sonstige Daten aus Daseinsvorsorge und öffentlichem Raum bei den Kommunen. Open-Data-Regulierungen dürfen kommunale Unternehmen gegenüber privaten nicht benachteiligen. Wenn Kommunale ihre Daten öffentlich machen müssen, gilt das auch für Private.
Die Bürger erwarten von kommunalen Unternehmen eine hohe Sensibilität im Umgang mit personenbezogenen Daten, sie bringen ihnen einen großen Vertrauensvorschuss entgegen. Daher müssen diese Unternehmen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch sehr genau nehmen. Die Intentionen der DSGVO sind richtig. Dass sie in der praktischen Anwendung insbesondere für kleinere Kommunale aktuell kaum handhabbar ist, spielt den Internet-Konzernen massiv in die Hände.
Der Mehrheit der Bürger ist der Schutz personenbezogener Daten wichtig. Gleichwohl sind sie bereit, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, sofern ihnen im Gegenzug ein angemessener Nutzen entsteht. Das gestattet datengetriebene Geschäftsmodelle auf Basis personenbezogener Daten grundsätzlich auch für kommunale Unternehmen. Bei Regulierungen zu Datenschutz und Open Data sollten Deutschland und die EU eigene Maßstäbe und strenge Regeln setzen. Dabei muss die öffentliche Hand ihre Marktmacht nutzen, um Standards durchzusetzen.

Florian Bieberbach ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke München GmbH (SWM); Bernd Buckenhofer ist Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bayerischen Städtetags.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Smart City

Duisburg: Smart City sucht Bürgerideen

[17.04.2025] Ihren Smart-City-Masterplan will die Stadt Duisburgs gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern weiterentwickeln. Noch bis Ende Mai können diese ihre Ideen online einbringen. Die Stadt will alle Vorschläge sichten, bewerten und, sofern möglich, in den neuen Masterplan einbringen. mehr...

Grafik mit den Daten zur Teilnahme am Smart-City-Masterplan der Stadt Stuttgart.

Stuttgart: Smart-City-Masterplan in Arbeit

[16.04.2025] Unter Beteiligung der Stadtgesellschaft erarbeitet Stuttgart einen umfassenden Smart-City-Masterplan. In Workshops diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft entsprechende Ideen und Projekte. Online können außerdem Vorhaben bewertet und kommentiert werden. mehr...

Markus Wartha, Bundesdigitalminister Dr. Volker Wissing, Landaus Oberbürgermeister Dr. Dominik Geißler und Dr. Beate Ginzel, Leiterin des Referats Digitale Stadt in Leipzig.

Leipzig / Landau in der Pfalz: Modellstädte für KI-gestützte Verkehrssteuerung

[15.04.2025] Die Städte Leipzig und Landau in der Pfalz werden als Pilotregionen im Forschungsprojekt AIAMO (Artificial Intelligence And MObility) an der KI-gestützten Verkehrssteuerung arbeiten. Die Ergebnisse sollen auf kleine und mittlere Kommunen übertragbar sein. mehr...

Regionalkonferenz MPSC: Smart sein

[11.04.2025] Wie Städte digital und nachhaltig wachsen können, steht im Mittelpunkt der 22. Regionalkonferenz des Bundesprogramms Modellprojekte Smart Cities am 3. Juni 2025 in Halle (Saale). mehr...

Digitalstaatssekretär Stefan Sauer in einem Park, gemeinsam mit den drei Bürgermeistern Marc Friedrich, Jochen Engel und Marcus Merkel.

Interkommunale Zusammenarbeit: Smarte Daten helfen Bauhöfen

[11.04.2025] Daten aus Sensoren und eine App unterstützen die Orte Nauheim, Trebur und Büttelborn dabei, Baumbewässerung und Streueinsätze gezielt zu planen und künftig auch die Beleuchtung bedarfsabhängig zu steuern. Die Kommunen haben das Projekt gemeinsam umgesetzt. mehr...

Eine Ampel mit Pfeil nach rechts zeigt grün.
bericht

Digitale Verkehrssteuerung: KIMONO sorgt für Neustart

[10.04.2025] Kaiserslautern hat seiner verkehrstechnischen Infrastruktur bis 2033 eine umfassende Modernisierung und Digitalisierung verordnet. Von den im Rahmen des Projekts KIMONO entstehenden Lösungen können auch andere Kommunen profitieren. mehr...

Parkzone entlang einer Hamburger Straße.
bericht

Hamburg: Parkraum effizient prüfen

[09.04.2025] In Hamburg können Parkberechtigungen digital beantragt und von den Kontrollkräften online überprüft werden. In Zukunft sollen Scan-Fahrzeuge für noch mehr Effizienz bei der Parkraumkontrolle sorgen – vorausgesetzt, die rechtliche Grundlage wird geschaffen. mehr...

Vektorgrafik einer Smart City.

Kreis Hameln-Pyrmont: Smart City geht in Verlängerung

[09.04.2025] Der als Modellprojekt Smart Cities geförderte Kreis Hameln-Pyrmont hat die kostenneutrale Verlängerung der Projektlaufzeit um ein Jahr beantragt – mit Erfolg. Durch den zeitintensiven Abstimmungsbedarf wäre der ursprünglich vorgesehene Zeitraum bis Ende 2026 zu kurz für die Kommune gewesen. mehr...

Porträtaufnahme von Sarah Berberich, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens endura kommunal.
interview

Interkommunales Netzwerk: Mobiler in der Ortenau

[08.04.2025] Das Mobilitätsnetzwerk Ortenau setzt auf nachhaltige Verkehrslösungen und will die analoge sowie digitale Verkehrsinfrastruktur verbessern. Wie die 14 Kommunen vorgehen, erläutert Sarah Berberich, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens endura kommunal. mehr...

Stadt Wolfsburg will sich zukunftsorientiert aufstellen.

Wolfsburg: Mehr als ein Parkleitsystem

[07.04.2025] Die Stadt Wolfsburg plant – ergänzend zu den Informationen, die sie per App übermittelt – ein dynamisches Parkleitsystem in der Innenstadt. Dieses soll eine effiziente Verkehrssteuerung ermöglichen und darüber hinausgehende Informationen liefern, etwa zu Veranstaltungen. mehr...

Zweiräder, autos und Fußgänger an einer großstaädtischen Kreuzung.

Fraunhofer FOKUS: Digital Twin hilft beim Routing

[02.04.2025] Das Smart-Mobility-Team von Fraunhofer FOKUS hat im Projekt KIS’M eine Fahrrad-App entwickelt, die auf einem digitalen Zwilling des Berliner Straßenverkehrs basiert. Die App berücksichtigt individuelle Präferenzen bei der Routenplanung und bietet einen Ampelphasenassistenten. mehr...

Virtuell abstrakte 3D-Vektorflagge der Europäischen Union aus dreieckigen Polygonen auf blauem Hintergrund.

Local Digital Twins Toolbox: EU-Projekt für Kommunen

[31.03.2025] Mit der Local Digital Twins Toolbox unterstützt die Europäische Kommission Kommunen bei der Einführung entsprechender Lösungen. Teilnehmende Städte und Gemeinden bekommen wichtige Werkzeuge an die Hand und werden individuell beraten. mehr...

Startbildschirm der Website Smart City Dresden

Dresden: Website zu Smart-City-Projekten

[31.03.2025] Eine neue Website mit Informationen zu ihren Smart-City-Projekten hat die Stadt Dresden jetzt online gestellt. Zu den momentan 17 geförderten Vorhaben zählen unter anderem die Entwicklung eines interaktiven 3D-Stadtmodells und ein Testfeld für zukunftsfähige Verkehrsstrukturen. mehr...

Startseite des Webauftritts Smartes Fichtelgebirge

Landkreis Wunsiedel: Digitaler Zwilling im Aufbau

[31.03.2025] Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge soll einen Digitalen Zwilling bekommen. Die Ausschreibung für die Anschaffung der nötigen LoRaWAN-Technologie ist bereits gestartet. Erste Anwendungen sollen noch in diesem Jahr in Betrieb gehen, insbesondere im Bereich Katastrophenschutz. mehr...

Troisdorfer Smart City Maskottchen SmarTa schaukelt in einer Hängematte

Troisdorf: Mit der smarT:app die Freizeit gestalten

[28.03.2025] Die smarT:app der Stadt Troisdorf unterstützt Nutzende mit einer interaktiven Karte jetzt auch bei der Freizeitgestaltung. mehr...