Smart GovernmentDigitale Intelligenz
Herr Professor von Lucke, die Digitalisierung macht vor keinem Bereich halt. Was bedeutet dies für unsere Gesellschaft und ihre Institutionen?
Bei der Digitalisierung handelt es sich nicht um eine typische Modeerscheinung, die sich nach einem kurzen Hype wieder in der Bedeutungslosigkeit verliert. Ganz im Gegenteil. Heute stehen digitale Infrastrukturen, Produkte, Dienste, Werkzeuge und Angebote weltweit bereit, mit denen Aufgaben sehr viel effizienter und flexibler erledigt werden können. Selbstverständlich möchte man solche Angebote nutzen und von ihnen profitieren. Das führt natürlich auch dazu, dass einige bewährte Strukturen rasch verdrängt werden.
Wo liegen die Chancen?
Die zunehmende Digitalisierung eröffnet vielfältige Potenziale zur effizienteren Gestaltung von Geschäftsabläufen. Pioniere und Innovatoren erkennen diese Möglichkeiten früh, setzen mit ihren Lösungen Standards und nutzen die Kostendegressionseffekte digitaler Produktion zur Stärkung der eigenen Position. Dauerhaft werden sich weder Unternehmen noch Verwaltungen diesem Trend verweigern können oder wollen.
In der Wirtschaft wird das Modell Industrie 4.0 derzeit stark diskutiert. Woran müssen die Unternehmen ihre Geschäftsmodelle ausrichten?
Mit dem Schlagwort Industrie 4.0 wird in Deutschland die vierte industrielle Revolution eingeläutet. Cyber-physische Systeme mit ihren intelligent vernetzten Objekten eröffnen für Produktion und Logistik neuartige Möglichkeiten. Im anbrechenden Zeitalter eines Internets der Dinge und Internets der Dienste geht es mit der smarten Fabrik vor allem um die Neugestaltung einer intelligent vernetzten Produktionshalle mit smarten Maschinen und Produkten sowie darauf aufsetzenden Dienstleistungen, Verfahren und Prozessen. Smarte Produkte und Dienste dürften sich rasch entscheidende Wettbewerbsvorteile verschaffen. Dies hat Konsequenzen für die Wertschöpfung, die Geschäftsmodelle, nachgelagerte Dienstleistungen, die Arbeitsorganisation und damit für die Wettbewerbsfähigkeit.
„Mit Industrie 4.0 wird die vierte industrielle Revolution eingeläutet.“
Im kommunalen Bereich geht es um die Smart City. Wie definieren Sie diesen Begriff aus Forschersicht?
Der charmante Begriff der smarten Stadt existiert schon lange und erfährt in recht unterschiedlichem Kontext Wertschätzung. In den vergangenen Jahren ging es bei dem Begriff mit Blick auf begrenzte Ressourcen um ein nachhaltiges Handeln, um Bürgerorientierung und um die zunehmende Digitalisierung im urbanen Raum. Smarte, also intelligent vernetzte Objekte und cyber-physische Systeme sorgen nun für einen neuen Ansatz. Die intelligente Vernetzung von Objekten und Akteuren eröffnet Städten vielfältige Möglichkeiten zur effizienten und effektiveren Erledigung öffentlicher Aufgaben.
Sie haben kürzlich eine Studie zum intelligent vernetzten Regierungs- und Verwaltungshandeln vorgelegt. Wie würden Sie die Ergebnisse auf einen kurzen Nenner bringen?
Smarte Objekte mit ihren Sensoren, Aktoren und Funk-Chips sowie diese nutzende cyber-physische Systeme bestimmen längst unseren Alltag. Aber in Staat und Verwaltung haben wir uns jenseits von smarten Bojen und Tsunami-Frühwarnsystemen bisher noch zu wenig Gedanken gemacht, wie wir dieses Potenzial zur Aufgabenerledigung konstruktiv nutzen können. Bisher verwenden wir Smartphone, Smartwatch, Tablets und Smart TV unreflektiert, ohne über Potenziale, Konsequenzen, Überwachung und Grenzen lange nachzudenken. Viel wichtiger finde ich, dass wir in Deutschland auch an die Gestaltung neuer smarter wie vertrauensvoller Lösungen gehen sollten. Dazu haben wir Vorschläge unterbreitet.
Was verstehen Sie konkret unter Smart Government?
In Deutschland sollten wir an dieser Stelle lieber von einem intelligent vernetzten Regierungs- und Verwaltungshandeln sprechen, das es nach unseren eigenen Vorstellungen mit Inhalten zu füllen gilt. An der Zeppelin Universität verstehen wir es als Regieren und Verwalten mithilfe intelligent vernetzter Informations- und Kommunikationstechniken. Konkret geht es um die Nutzung smarter Objekte und cyber-physischer Systeme zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Damit geht es um ein nachhaltiges Regierungs- und Verwaltungshandeln im Zeitalter des Internets der Dinge und des Internets der Dienste.
Worauf müssen sich Ämter und Behörden künftig einstellen?
Alltagsdinge werden zunehmend intelligent vernetzt, über das Internet ansprechbar und für vielfältige Zwecke nutzbar. Wo immer dies sinnvoll erscheint, eröffnen sich so neue Möglichkeiten für Information und Analyse, aber auch für Automation und Steuerung. In der Verwaltung ist Papier besonders weit verbreitet. Ich rechne jedoch weniger mit einem RFID-Chip an jedem Blatt als vielmehr mit einer Verlagerung von Dokumenten, Akten und Vorgängen in elektronische Akten- und Vorgangsbearbeitungssysteme. Somit werden papierbasierte Informations- und Entscheidungsprozesse zunehmend in das Internet der Dienste verlagert. Arbeitsweisen verändern sich so grundsätzlich. Abläufe werden viel flexibler. Bald werden wir mit smarten Urkunden und Bescheiden konfrontiert werden.
Wo sehen Sie die praktischen Einsatzmöglichkeiten?
Wir haben für die Feuerwehr 4.0, das Standesamt 4.0 und die Bauverwaltung 4.0 erste Szenarien erarbeitet, die konkrete Möglichkeiten für das Internet der Dinge verständlich aufzeigen. Diese gilt es nun zu konkretisieren und in Prototypen zu überführen.
Und wo liegen die Gefahren der zunehmenden Vernetzung?
Aufgrund des technischen Fortschritts erscheint mir eine inhaltliche Auseinandersetzung zur intelligenten Vernetzung dringend erforderlich. Dabei kann es nicht nur um die Chancen gehen, die mir bisher noch viel zu kurz kommen. So wecken die Informations-, Analyse-, Automations- und Kontrollmöglichkeiten im Internet der Dinge Sorgen und Ängste, die ohne eine angemessene Aufbereitung, Diskussion und bewusste Grenzziehung zu Disputen und Konflikten führen. Zahlreiche US-amerikanische Unternehmen und die Geheimdienste haben in den vergangenen Jahren viel Vertrauen zerstört. Wir werden jetzt sehr genau darauf achten, wie wir uns öffnen, wie wir uns schützen, wie wir mit personenbezogenen Daten umgehen und wie wir den Arbeitsplatz 4.0 gestalten werden.
Wie sieht Ihre Vision einer intelligent vernetzten Verwaltung aus – und wann wird es soweit sein?
Ich sehe vor allem ein sich zunehmend konkretisierendes Leitbild, an dem alle Verwaltungsmitarbeiter auch aktiv mitwirken können und das durch seine verständliche Visualisierung Vertrauen schafft. Zeitlich möchte ich mich nicht festlegen. Ich rechne aber damit, dass vieles sehr viel schneller kommen wird, als wir uns das derzeit vorstellen.
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Dieses Interview ist im Titel der Januar-Ausgabe von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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