Mittwoch, 13. November 2024

VitakoDigitale Souveränität stärken

[23.10.2019] Um die digitale Souveränität des Staates ging es beim Herbstempfang der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako. Einig waren sich die Teilnehmer, dass bestehende Abhängigkeiten von großen Software-Herstellern abgebaut werden müssen.

Die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, Vitako, lud am 16. Oktober 2019 zum Herbstempfang nach Berlin ein. Etwa 60 geladene Gäste aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Verbänden und Medien haben daran teilgenommen, berichtet Vitako. Zentrales Thema war die Digitale Souveränität des Staates. Sie muss laut Vitako in der politische Tagesordnung präsenter werden. Auch seien konkrete Maßnahmen einzuleiten. Denn die Abhängigkeit der Verwaltungs-IT von wenigen großen Software-Herstellern steht einer souveränen digitalen Daseinsvorsorge des Staatswesens entgegen. Bund, Länder und Kommunen müssten bei der Beschaffung, den Standards und den Schnittstellen zu Fachverfahren weitaus effektiver an einem Strang ziehen. Auch Open-Source-Alternativen sollten in Erwägung gezogen werden.

Konsolidierung der Monopolanbieter vermeiden

„Digitale Souveränität setzt zunächst digitale Kompetenz voraus, also die individuelle Kompetenz im Sinne von digitaler Selbstständigkeit“, sagte die Bundestagsabgeordnete Elvan Korkmaz in ihrem Grußwort zum Vitako-Herbstempfang. Es gehe zudem um die technologische Kompetenz, Sicherheit überhaupt einschätzen und bewerten zu können. „Digitale Souveränität verweist aber auch auf die Staatlichkeit und die Souveränität von Staaten und Staatengemeinschaften.“ Weiter erklärte sie: „Wir müssen aufpassen, dass die IT-Konsolidierung des Bundes nicht zu einer weiteren Konsolidierung der Monopolanbieter wird. Die dezentrale, freie und offene Architektur des Netzes steht derzeit massiv unter Druck. Digitale Souveränität darf aber nicht dahingehend umgedeutet werden, das offene und freie globale Netz infrage zu stellen, auf Abschottung zu setzen und Überwachungs- und Zensurinfrastrukturen zu etablieren.“ Korkmaz forderte laut Vitako eindringlich, die digitale Souveränität zurückzugewinnen. Freie Codes, offene Standards und Interoperabilität seien hier zentrale Ansätze. „Wir müssen neue technologische Kompetenzen aufbauen, bestehende Abhängigkeiten abbauen, offene Standards und Interoperabilität festschreiben und auch die Hersteller zur Transparenz – etwa Offenlegung des Quellcodes oder tiefprüfende Zertifizierung – verpflichten.“

Datenschutz als Voraussetzung

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sieht die prinzipiellen Voraussetzungen für digitale Souveränität im Datenschutzbereich mit der Datenschutz-Grundverordnung und ihrer grundsätzlichen Gültigkeit gelegt. „Diese Gedankenwelt jetzt auf die weiteren Fragen zu übertragen – auch im Bereich digitaler Souveränität staatlichen Handelns – wäre der nächste Punkt, den ich mir wünschen würde“, sagte Kelber. „Ich freue mich auch, dass der scheidende Kommissar für die digitale Wirtschaft, Günther Oettinger, das ganz klar nochmal von anderer Seite festgestellt hat. Demnach haben wir derzeit keine europäische, keine deutsche, keine eigene digitale Souveränität und zu wenig digitale Autorität.“ Adressiert an Vitako sagte Kelber: „Wir hätten Sie gern als Partner dafür, zu definieren, wo die wichtigen technologischen Maßstäbe sind, und wo wir Prozesse anstoßen müssen, die uns mehr Freiheitsgrade geben.“ So sei weiterhin eine ganze Reihe von Fragen zu klären. „Wie viele personenbezogene Daten werden in der Telemetrie übertragen, was bedeutet eine Rechtschreib- oder Grammatikprüfung auch auf Inhalte? Wohin werden die Daten eigentlich übertragen, bevor dann die Verarbeitung der Daten stattfindet – findet das auf dem Gerät oder in einer Cloud statt?“

Kräfte bündeln

„Als öffentliche IT-Dienstleister stellen wir fest, dass wir eben nicht nur Dienstleister sind, sondern, dass uns eine besondere Verantwortung zukommt“, ergänzte Vitako-Vorstand Johann Bizer. Die Geschäftsmodelle der Software-Produzenten hätten sich geändert, man könne sich auch nicht mehr unbedingt auf abgeschlossene Verträge verlassen. „Es ist nicht auszuschließen, dass die US-amerikanische Administration im Handelsstreit damit droht, die Software amerikanischer Unternehmen in Europa stillzulegen.“ Um solchen Szenarien zu entgehen, müssten die öffentlichen Auftraggeber und Eigentümer die IT-Dienstleister jetzt in eine andere Lage versetzen. „Wir haben verstanden, dass es unsere Aufgabe ist, durch Verhandlungsmacht Einfluss zu nehmen.“ Mindestens ebenso wichtig erscheint es dem Dataport-Vorstand, sich mit Alternativen zu beschäftigen. „Aber auch wenn wir eigene Lösungen bauen, schaffen wir das nur gemeinsam.“ Bizer betonte zudem, dass die digitale Souveränität für den Einzelnen an Bedeutung gewinnen muss. „Der Staat kommt in eine fürsorgende und vorsorgende Verantwortung, damit zivilgesellschaftliches und auch wirtschaftliches Leben in der Zukunft souverän für den Einzelnen möglich ist“, sagte er.
Die Digitale Souveränität ist eine mindestens ebenso virulente Herausforderung wie das Onlinezugangsgesetz (OZG), die Nutzerfreundlichkeit und die Blockchain, erklärte Vitako-Vorstand William Schmitt. „Die persönlichen Daten müssen nachvollziehbar und datenschutzkonform genutzt werden“, so Schmitt. Um dies zu erreichen, sollten durch den Zusammenschluss von Bund, Ländern und Kommunen die Kräfte gebündelt werden, um Doppelarbeit und Mehraufwand zu vermeiden. „Unser Ziel als Vitako ist es, Digitalisierung mitzugestalten – immer im Sinne digitaler Souveränität“, sagte Schmitt. Dass das große technische Know-how der kommunalen IT-Dienstleister stärker in den föderalen Digitalisierungsprozess einbezogen werden muss, betonte zudem der IT-Planungsratsvorsitzende Hans-Henning Lühr: „Es nützt ja nichts, dass die Länder für die Kommunen mitdenken, aber die eigentliche Schnitt- oder Kontaktstelle zu den Bürgerinnen und Bürgern und zur Wirtschaft vor Ort nicht in dem Prozess berücksichtigt ist.“





Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Melitta Kühnlein

Potsdam: Fachbereichsleiterin für E-Government bestätigt

[12.11.2024] Potsdams Stadtverordnete haben Melitta Kühnlein als neue Leiterin des Fachbereichs E-Government bestätigt. Kühnlein ist seit Anfang 2021 in leitender Funktion im IT-Bereich der Stadtverwaltung tätig. mehr...

Baden-Württemberg: Änderung der Gemeindeordnung verabschiedet

[11.11.2024] Der Landtag von Baden-Württemberg hat jetzt eine Änderung der Gemeindeordnung verabschiedet, die Kommunen in administrativen Abläufen entlastet und die finanzielle Berichterstattung vereinfacht. mehr...

Blick vom See auf das neue Rathaus Hannover, HMTG

Hannover: Fonds für digitalen Fortschritt

[30.10.2024] Hannover setzt mit einem 48-Millionen-Euro-Digitalisierungsfonds auf die umfassende Modernisierung seiner Verwaltungsprozesse. Ziel ist ein digitales Rathaus, das Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen effiziente, benutzerfreundliche Services bietet. Die IT-Strategie umfasst dazu digitale Souveränität und Kosteneffizienz. mehr...

Digitalisierung: Dresdner Forderungen 2.0

[22.10.2024] Die Fachgruppe Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik hat 20 Thesen zum digitalen Wandel formuliert. Die Forderungen zielen darauf ab, die Verwaltung effizienter, zukunftssicherer und bürgerfreundlicher zu machen. mehr...

bericht

Liechtenstein: Mit Pragmatismus und Agilität

[14.10.2024] Liechtenstein hat auf dem Weg zum Smart Country bereits eine beeindruckende Entwicklung zurückgelegt. Das ist nicht zuletzt vielen mutigen Entscheidungen und einer gehörigen Portion Pragmatismus geschuldet. mehr...

Holger Klötzner, Dezernent für Digitalisierung und Bildung der Stadt Darmstadt; Maral Koohestanian, Leiterin des Dezernats für Smart City, Europa und Ordnung der Stadt Wiesbaden; Eileen O’Sullivan, Dezernentin für Bürger:innen, Digitales und Internationales der Stadt Frankfurt am Main
interview

Smartes Rhein Main 2030: Gemeinsame Vision

[02.10.2024] Eine gemeinsame Vision für ein smartes Rhein-Main-Gebiet haben die Städte Frankfurt am Main, Wiesbaden und Darmstadt erarbeitet. Im Interview erklären die CIOs Eileen O’Sullivan, Maral Koohestanian und Holger Klötzner, was konkret geplant ist. mehr...

Landrat Achim Brötel ist neuer Präsident des Deutschen Landkreistages.

Deutscher Landkreistag: Achim Brötel ist neuer Präsident

[11.09.2024] Der Deutsche Landkreistag (DLT) hat einen neuen Präsidenten gewählt: Achim Brötel, Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, tritt die Nachfolge von Reinhard Sager an, der das Amt zuvor zehn Jahre lang innehatte. mehr...

Charta Digitale Ethik setzt die Rahmenbedingungen für den Einsatz digitaler Technologien in der Essener Stadtverwaltung.

Essen: Charta Digitale Ethik verabschiedet

[04.09.2024] In ihrer Charta Digitale Ethik hat die Stadt Essen die Rahmenbedingungen für den Einsatz digitaler Technologien in der Stadtverwaltung festgelegt. Das soll insbesondere für einen ethisch verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz sorgen. mehr...

Scheckübergabe an die Gewinner des Wettbewerbs um den Ulmer Lederhof.

Ulm: Innovationsmotor gestartet

[23.08.2024] Um ihre Digitale Agenda mit kreativen Köpfen aus der Region umzusetzen, hat die Stadt Ulm den Innovationsmotor gestartet – einen Ideenwettbewerb insbesondere für junge Unternehmen. Runde eins hat der digitale Begleiter für Angsträume gewonnen. mehr...

Markt Postbauer-Heng: Digitalisierung ist kein Privileg der Metropolen

[08.08.2024] Auch kleine Kommunen sind in der Lage, bürgernahe digitale Lösungen zu implementieren, wie das Beispiel des Marktes Postbauer-Heng zeigt. Um die Entstehung digitaler Insellösungen zu vermeiden, wurde die Zukunftskommission #Digitales Bayern 5.0 ins Leben gerufen. mehr...

Kick-off zur Digitalisierungsstrategie der Stadt Petershagen
.

Petershagen: Mit OWL-IT in die digitale Zukunft

[02.08.2024] Gemeinsam mit dem IT-Dienstleister OWL-IT hat die Stadt Petershagen nun den Startschuss für die Erarbeitung einer umfassenden Digitalstrategie gegeben. mehr...

In Bayern soll nach dem Willen von Digitalminister Fabian Mehring der „Digitalisierungsturbo“ gezündet werden.

Bayern: Land unterstützt Digitalisierung der Kommunen

[16.07.2024] Bayerns Digitalminister sieht die konsequente Digitalisierung der Verwaltung als wichtige Möglichkeit, um den künftigen Ruhestand der Babyboomer-Generation und den dadurch entstehenden Fachkräftemangel zu kompensieren. Es gelte, die Potenziale von Standardisierung, Zentralisierung und KI zu nutzen. mehr...

Essen-CDO Peter Adelskamp

Interview: Wir brauchen eine Dachmarke

[15.07.2024] Peter Adelskamp ist Chief Digital Officer (CDO) in Essen und dort zugleich Fachbereichsleiter Digitale Verwaltung. Im Gespräch mit Kommune21 berichtet er von seiner Arbeit in Essen und dem dortigen Stand der Digitalisierung. mehr...

Laut dem jüngsten eGovernment-Benchmark-Report haben die europäischen Staaten bei der Bereitstellung digitaler Behördendienste stetige Fortschritte gemacht.

eGovernment Benchmark 2024: Nutzerzentrierung ist der Schlüssel

[08.07.2024] Laut dem jüngsten eGovernment-Benchmark-Report der Europäischen Kommission haben die europäischen Staaten bei der Bereitstellung digitaler Behördendienste stetige Fortschritte gemacht. Raum für Optimierungen gibt es insbesondere bei grenzüberschreitenden Diensten und bei Dienstleistungen, die von regionalen und kommunalen Behörden erbracht werden. mehr...

Schleswig-Holstein: Kommunale Open-Data-Projekte gefördert

[05.07.2024] Wirtschaft und Forschung profitieren von offenen Daten, können zu mehr Transparenz beitragen und dadurch Bürgernähe schaffen. Das Land Schleswig-Holstein fördert ab sofort bis 2027 kommunale Projekte zur Anbindung an das landesweite Portal für offene Daten. mehr...